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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre
Autoren: Michael Frey Dodillet
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Kurvenkotzen und Bistrotischumreißen aufweist – und mich dann gut beraten für ein Modell von Steiff entscheiden!
    So weit, so gut. Wir haben jetzt aber nicht Steiff.
    Wir haben Krawallmaus.

Testosteron hoch zwei
    Was für ein Brocken von einem Hundemädchen! Siebenundsechzig Zentimeter hoch, vierzig Kilo schwer. Die Mama eine leidlich nervöse Schäferhündin, der Papa ein unbekannt gebliebener Schlawiner. Den Schäferhund sieht man ihr sofort an, beim Schlawiner kommt man ins Grübeln. Könnte ein Rottweiler sein, ein Dobermann, eine von vier Sennenhundsorten oder ein Frag-mich-was-Leichteres.
    Auf jeden Fall einer, der ihr diese wunderschönen, herbstbraunen Fellflecken weitervererbt hat.
    Siebenundsechzig Zentimeter hoch bedeutet, sie hopst mir aus dem Stand unter den Fahrradlenker und bringt mich ins Trudeln. Und warum? Die Hündin von gegenüber guckt wieder so aufreizend blöd aus dem verglasten Erker. Vierzig Kilo schwer heißt vierzig Kilo Übermut und Unfug in der Birne. Spazieren gehen ist wunderbar und wohltuend, kann aber von jetzt auf gleich etwas anstrengend werden, wenn Madame die Contenance verliert. Gründe dafür gibt es wenige, dafür treten die umso häufiger auf: Hunde auf der Straße, Katzen im Busch und Häschen im Wald.
    Ich weiß genau, dass es nicht nur mir so geht. Ab und an treffe ich auf meinen Hunderunden Gleichgesinnte. Die erkenne ich daran, dass sie schlagartig fünf Meter neben den Weg hüpfen, wo sie mit Fleischwurstringen wedeln und
beruhigend auf ihren Hund einsummen, der – na, was wohl?
    Genau. Ausflippt!
    Die Wilden gehen meistens nach vierundzwanzig Uhr spazieren. Am helllichten Tag sind nur die Braven draußen. Was soll ich machen? Mitternacht ist mir zu spät, und mit den Braven kann ich nicht gut plaudern. Die legen diese menschlich-moralischen Maßstäbe an und sagen Sachen wie: »Ja, was bist du denn für ein böser Hund?«
    Wir Wilden kommen selten miteinander ins Gespräch. Meist sind wir so mit Bestienzähmen beschäftigt, dass wir minutenlang keinen klaren Gedanken fassen können. Das ist schade. Wir sollten nämlich jede Begegnung nutzen, um uns auszutauschen und so lange mit unseren Krawallmäusen umeinander herum zu laufen, bis sich die Nackenhaare gelegt haben und die Schnauzen gehalten werden. Unsere Gedanken, Ideen, Klagelieder und Anekdoten sind uns gegenseitiger Trost. Humor ist unsere einzige Waffe im Kampf gegen die Widrigkeiten des täglichen Waldspaziergangs. Anstatt aus Sicherheitsgründen zwanzig Meter Individualdistanz einzuhalten, sollten wir aufeinander zugehen, uns auf die Schultern klopfen und uns geehrt fühlen, dass wir solche Hunde haben.
    Das Schicksal hat uns Zwei- mit diesen Vierbeinern zusammengeführt. Die Botschaft von oben lautet: Was euch zugemutet wird, wird euch auch zugetraut!
    »Oh, das ist aber ein schöner! Was ist das denn für einer!«
    »Schäferhundotterkängurupumahasenfußmix.«
    »Toll. Der lässt sich bestimmt nichts gefallen, was?«
    »Nein, das hat er von der Mama. Die ist Schäferhündin.«
    »Alleinerziehend?«
    »Ja, vierzehn Kinder.«

    »Und der Papa?«
    »Schlawiner. Unbekannt verzogen.«
    »Immer dasselbe mit den Kerlen.«
    »Ja, deshalb haben wir uns für ein Weibchen entschieden.«
    »Ach, das ist ein Weibchen?«
    »Doch ja, ich glaube schon.«

    Ich habe gründlich nachgesehen. Luna ist wirklich ein Weibchen. Sie hat zehn Zitzen, keinen Schniedel und einen femininen Augenaufschlag. Pünktlich alle neun Monate wird sie läufig.
    Aber warum pinkelt sie dann im Stehen? Wie die Kerle! Auf drei Beinen!
    Teilweise sogar im Gehen oder Hüpfen, je nachdem, wie eilig sie es hat.
    Zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählt, mit Rüden zu balgen, bis der Wald ächzt und die Wiese bebt. Zu zweit reißen sie Zaunpfähle nieder, rupfen Grasfetzen heraus und fällen Hundebesitzer wie Eichen. Wer im Weg steht, wird umgehauen. Zweimal achtzig Pfund Hund toben in einer einzigen Fellkugel auf ihre Besitzer zu, die genau zwei Sekunden Zeit haben, um zu entscheiden, nach welcher Seite sie wegspringen sollen, um eine schmerzhafte Luxation der Kniescheibe zu verhindern.
    Mein Orthopäde sagte einmal, am liebsten würde er eine Praxis direkt an einer Hundewiese eröffnen. Zwei Jahre ackern und zack, ein Porsche!
    Wenn ich auf der Treppe sitze, rennt Luna freudig an mir vorbei und peitscht mir mit dem Schwanz die Brille vom Gesicht. Sie räumt im Vorbeigehen versehentlich Blumentöpfe
ab, taucht im Bach nach Ziegelsteinen und würde
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