Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Baronsky
Vom Netzwerk:
Schmerz an seinem linken Ballen und hob den Fuß. Eine Blutspur zog sich über den dreckverschmierten Boden.
    »Pass doch auf, geh von meinen CDs runter!« Mit spitzen Fingern hob Jost zwei blutbefleckte, silbern schillernde Scheiben auf, jener gleich, die Wolfgang im Salon hatte herumliegen sehen.
    »Au weh!« Wolfgang griff nach einem zerknüllten Tuch, das am Boden lag, presste es auf den Ballen und sank auf einen Stuhl.
    »Is was passiert?« Enno steckte den Kopf zur Tür herein.
    »Das Schwein! Meine CDs sind voller Blut!« Jost neigte sich über ein Becken und wusch die Silberscheiben sauber.
    Gebannt starrte Wolfgang auf das glänzende Rohr, aus dem Wasser herauslief, ohne dass Jost eine Pumpe bedient hätte. »Es läuft«, hauchte er. »Ganz von selbst.«
    »Du lieber Himmel.« Enno beugte sich über Wolfgangs Fuß, nahm vorsichtig das Tuch von der Wunde. »Und wie das läuft! Der Schnitt ist ganz schön tief.« Er griff in eine Lade und reichte ihm ein zwei Finger breites, weiches Stück Stoff. »Hier – mach schnell ein Pflaster drauf.«
    Wolfgang nickte artig, legte das Stoffstückchen auf den blutenden Schnitt.
    Enno stöhnte. »Bist du wirklich so unfähig, oder stellst du dich extra blöd an?« Er nahm ihm den inzwischen blutigen Verband fort, riss von einem weiteren ein Papier ab und drückte ihn auf die Wunde.
    »Pass bloß auf, so ein Penner hat garantiert Aids!«, rief Jost, doch Enno zuckte kurz die Achseln und zog einen zweiten Stuhl heran. Wolfgang bewegte verwundert den Fuß – der winzige Verband hielt ganz von selbst.
    »Damit kann er jedenfalls vorerst nicht auftreten.« Enno deutete auf den Stuhl. »Hier, leg das Bein hoch, vorsichtig.«
    »Und putzen natürlich auch nicht, wie? Sehr praktisch! Verdammt, mir reicht es jetzt! Durchgefüttert werden will er auch noch.« Jost schnaubte wie ein Pferd. »Ich hab neulich einen Film gesehen, da hat sich ein Penner bei einer völlig friedlichen Familie eingenistet. Ich sag’s euch: Am Schluss haben sie ihn umgebracht! Also: Entweder du hilfst uns beim Saubermachen oder du verschwindest. Sofort!«
    »Soll er seinen Saustall selber putzen, der falsche Engel! Gefallener! Dämon!« Mit einem Ruck stand Wolfgang auf, biss sich auf die Lippen und marschierte hocherhobenen Hauptes aus der Küche. So schnell er eben konnte, indem er vom linken Fuß nur die Ferse aufsetzte, suchte er nach dem Ausgang.
    »Warte, du kannst doch nicht mit nackten Füßen in die Kälte raus.« Enno machte offenbar Anstalten, ihm zu folgen.
    »Vergiss den«, tönte Josts Stimme, »es macht keinen Unterschied, ob er mit oder ohne Schuhe auf seiner Parkbank liegt.«
    Einen Triumph würde er einem solchen Fexen nicht gönnen. Lieber fror er sich die Füße ab. Das ganze Treppenhaus hallte, als er die Tür hinter sich ins Schloss warf.

Kyrie
     
    Kyrie eleison
    Christe eleison.
    Kyrie eleison.
     
    Frostiger Wind schnitt ihm ins Gesicht, und ihm war, als überzögen sich die aufrecht stehenden Haare an seinen nackten Armen mit Raureif. Die dumpfen Schläge, mit denen er seine Fersen aufsetzte, waren alles, was er von seinen Füßen spürte. Immer wieder eilten Fuhrwerke an ihm vorbei, und er hätte nicht sagen können, ob es die Kälte, die gespenstische Umgebung oder das alles übertönende, vielstimmige Dröhnen der Wagen war, das ihn am ganzen Körper zittern ließ. Er hatte nicht einmal mehr Musik im Kopf.
    »Hey, jetzt warte, du holst dir ja den Tod!«
    Er wandte sich um, sah Enno, der im Laufschritt näher kam, in seiner Hand klickerte etwas Metallenes.
    Er zog Wolfgang am Arm, zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. »Komm, ich hab noch ein paar Sachen im Wagen, die kannst du haben.« Enno sah ihn durchdringend an. »Ich gehe mal davon aus, dass du die nächste Nacht im Freien verbringst.«
    Wolfgang schluckte und humpelte hinter Enno her. »Ich habe einen bisweilen ordentlichen Haushalt, ein Weib und zwei wohlgeratene Söhne«, antwortete er nicht ohne Stolz, der letzte Teil des Satzes blieb ihm fast im Hals stecken.
    »Na prima, da wird sich dein Weib sicher sehr freuen, wenn du so anmarschierst.« Enno blieb vor einer trübbraunen Pfütze stehen, bückte sich, fischte etwas heraus. »Ist das dein Ausweis?« Er schüttelte den Schlamm von einem faustgroßen taubenblauen Kärtchen ab, warf einen Blick darauf und reichte es Wolfgang. »Solltest du besser drauf aufpassen, Eberhard.«
    Wolfgang musterte das biegsame, glänzende Ding, von dem das Wasser abperlte wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher