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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Baronsky
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Mundwinkel in die Breite. »Wo ich doch bereits ein elend Sterbender, ein sterbendes Elend, äh … sterbenselend bin?«
    Der Nackte sah aus, als habe er Essig im Mund. »Bist ein Spaßvogel, was? Dann ist es ja gut, dass wir deinen sicheren Tod verhindern konnten. Beim nächsten Mal würde ich mich an deiner Stelle aber zurückhalten.«
    »Beim nächsten Mal? Ich … verstehe nicht …«
    Ein klackendes Geräusch unterbrach ihn, Schritte näherten sich, und ein gedrungener Posaunenengel mit nussbraunen Locken über der breiten Stirn erschien im Türrahmen.
    »He, Enno«, rief der Nackte grinsend, »wir kriegen Hilfe beim Saubermachen. Unser Fundstück ist wieder klar.«
    »Na Gott sei Dank.« Der Posaunist bedachte den anderen mit einem Seitenblick und gab ein erleichtertes Schnaufen von sich. »Bist du bestimmt okay?«
    Das galt ihm. Vorsichtig sah er von einem zum anderen. Wenn er nicht tot war, konnte dies nicht das Jenseits sein. Wohin also war er geraten? In ein Zwischenreich, für das er keinen Namen kannte? War »ohké« ein Erkennungszeichen? »Ich, ähm …«
    »O nein!«, fiel ihm der Nackte ins Wort. »Erzähl uns jetzt bloß nichts von wegen dringend wegmüssen.«
    »Kriegst auch ein prima Frühstück.« Der Posaunist, der sich Enno nannte, wedelte mit einer blütenweißen Papiertüte und zog davon.
    »Aber zieh um Gottes willen Anjus Schlapfen aus, die kriegt einen Anfall, wenn sie das sieht!«
    Er senkte den Kopf, betrachtete unschlüssig das rosenrote Paar. »Bitte zu entschuldigen, aber die Ursache, dass ich mich in dieser Weise bedienet habe, ist, weil ich meines Schuhwerks entbehre und …«
    »Die hast du bestimmt in Anjus Zimmer gelassen«, der Nackte deutete mit dem Kopf in Richtung der Kammer mit dem purpurfarbenen Bett. »Wir haben dir gestern was anderes angezogen. In deinem versifften Zeug konnten wir dich unmöglich in ihr Bett legen.«
    Er nickte, als habe er verstanden, trat aus den Pantoffeln und drückte sich an ihm vorbei aus dem Salon. Doch im Purpurzimmer lagen weder Schuhe, noch fand er seine Kleidung dort. Stattdessen suchte er aus den Notenpapieren, die er auf dem Sekretär verstreut hatte, heraus, was er brauchte, und bündelte es.
    »Hast du sie?« Der Nackte, der nun nicht mehr nackt war, sondern eine lange Hose und ein ebensolches Hemdchen trug wie er selbst, nur dass es nicht weiß, sondern schwarz war, baute sich vor ihm auf. Schwarz – mitnichten die Farbe des Himmels! Er kniff die Augen zusammen, starrte auf die verzierten glutroten Lettern, die auf der Brust des Hünen geschrieben standen:
AC/DC
. Mittig geteilt durch das lodernde Flammenschwert des Paradieswächters.Was mochte das zu bedeuten haben?
Angelus caelestis Domini Christi?
War dieser Blonde gar ein direkter Bote Christi, des Herrn? Er senkte vorsichtshalber den Kopf, schielte dann aber irritiert zu dem anderen hinauf. »Äh … sollte es nicht
›Jesu Christi‹
heißen?«
    »Hä?«
    » Domine
JESU
Christi
!« Er wies mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Glutlettern.
    »Spinnst du?«
    »Lass mal, Jost …« Posaunen-Enno kam hinterdrein und hob beschwichtigend die Hände. »Tom hat die Klamotten runtergebracht, die waren eh nicht mehr zu gebrauchen, alles total vollgekotzt.« Enno deutete entschuldigend auf die blaue Hose. »Kannst das anbehalten.«
    AC/DC
. Er zwirbelte seine Augenbraue.
Adorate, Cherubim, Dominum Cantu!
Betet an, ihr Engel, den Herrn mit eurem Gesang. Ja, das musste es sein. »Wie herrlich!« Sofort war ihm ein Thema präsent, a-c-d-c, in a minor musste es stehen, selbstredend; leise begann er zu singen. »Aaa-do-raa-te Cheee-ru-biiim …«
    »He, Mensch! Was hast du denn da, fass hier bloß nichts an!« Der Cherub hatte die Noten entdeckt und griff danach. »Anju macht mir die Hölle heiß, wenn sie merkt, dass du deinen Rausch in ihrem Bett ausgepennt hast.«
    »Die Hölle?« Er presste das Papierbündel entschlossen an die Brust. »Das sind meine. Die hab ich heute in der Früh componiert.«
    Cherub Jost sah ihn an, als habe er mit der Sprache der Mohren im fernen Afrika gesprochen, schaute dann auf die Noten. »Sonst fehlt dir nix? Wer bist du überhaupt?«
    Er zögerte. Wusste dieser Cherub, den man gewiss zu seinem Empfang bestellt hatte, denn nicht Bescheid? Er deutete eine leichte Verbeugung an. »Mozart, Wolfgang Mozart, Compositeur aus Wien.«
    Enno drehte sich stöhnend um und verließ das Zimmer, Cherub Jost nickte Wolfgang zu.
    »Na prima, Herr Mozart, aber jetzt hilfst du uns
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