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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts
Autoren: Roger Zelazny
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Herrin, ich komme gerade von Yama-Herr. Er hat die Gebetsmaschine abgestellt und murrt sein Murren des Erfolgs.«
    »Die Ausgangsposition für das Wagnis war denkbar schlecht. Agni-Herr sagte einmal, daß ein solcher Versuch niemals gelingen könnte.«
    Tak stellte sich aufrecht hin.
    »Göttin Ratri«, sagte er, »wer, Gott oder Mensch oder ein Wesen zwischen Gott und Mensch, weiß mehr über solche Dinge als Yama?«
    »Auf diese Frage habe ich keine Antwort, Tak, denn es gibt keine. Aber woher nimmst du die Gewißheit, daß es unser Fisch ist, den er im Netz hat?«
    »Weil er Yama ist.«
    »Dann nimm meinen Arm, Tak. Begleite mich, so wie du es einst getan hast. Wir wollen gehen und den schlafenden Bodhisattwa betrachten.«
    Er geleitete sie aus dem Raum, die Treppen hinunter in die unteren Klostergemächer.
     
    Licht, aber nicht das Licht von Fackeln, sondern Licht von den Generatoren Yamas erhellte das Gewölbe. Das Bett auf der Plattform war von drei Seiten mit Schirmwänden umstellt. Auch ein Großteil der Apparaturen war durch Schirme und Behänge abgedeckt.
    Die Mönche in den Safranroben, denen die Wartung oblag, bewegten sich lautlos durch den riesigen Raum. Yama, der große Baumeister, stand neben dem Bett.
    Als sie dazukamen, schrien mehrere der sonst so disziplinierten und gleichmütigen Mönche auf. Tak wandte sich zu der Frau an seiner Seite um und fiel im Schritt zurück. Der Atem stockte ihm. Sie war nicht länger mehr die plumpe kleine Matrone, mit der er den Augenblick zuvor noch gesprochen hatte. Wie einst ging er an der Seite der Nacht-die-unsterblich-ist und von der geschrieben steht: »Die Göttin umfängt den Raum in seiner Unendlichkeit, umfängt die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen. Ihr Glanz besiegt die Finsternis.«
    So blickte er sie an, doch nur einen Moment lang, dann bedeckte er seine Augen. Noch immer vermochte sie einen Abglanz ihrer vergangenen Göttlichkeit zu erwecken.
    »Göttin.«, flüsterte er.
    »Der Schläfer«, sagte sie. »Er rührt sich.«
    Sie traten an die Bettstatt.
    Später würde man die Szene als Wandgemälde an den Stirnenden unzähliger Gänge, auf Tempelmauern und an den Decken zahlreicher Paläste wiederfinden: das Erwachen dessen, der unter so vielen Namen bekannt war. Als Mahasamatman, Kalkin, Manjusri, Siddhartha, Tathagata, Bezwinger, Maitreya, der Erleuchtete, Buddha und Sam. Zu seiner Linken stand die Göttin der Nacht, zu seiner Rechten der Tod; Tak, der Affe, kauerte vor dem Bett, ewiger Hinweis auf die Gemeinschaft des Tierischen und des Göttlichen.
    Er trug einen dunklen Durchschnittskörper von mittlerem Wuchs und mittlerem Alter; seine Züge waren regelmäßig und unauffällig; als seine Augen sich öffneten, waren sie schwarz.
    »Heil dir, Herr des Lichts!« Es war Ratri, die diese Worte sprach.
    Die Augen blinzelten. Sie blickten ins Leere. Niemand im Raum bewegte sich.
    »Heil, Mahasamatman - Buddha!« sagte Yama.
    Die Augen schienen nicht zu sehen, starrten geradeaus.
    »Hallo, Sam«, sagte Tak.
    Die Stirn kräuselte sich, die Augen wurden zusammengekniffen, richteten sich auf Tak, blickten hinüber zu den anderen.
    »Wo.?« flüsterte er.
    »Mein Kloster«, antwortete Ratri.
    Ausdruckslos betrachtete er ihre Schönheit.
    Dann schloß er seine Augen, preßte sie zusammen, und Fältchen strahlten um die Augenwinkel. Ein gequältes Grinsen verzog seinen Mund zu einem Bogen. Die zusammengebissenen Zähne waren die Pfeile dazu.
    »Bist du wirklich der, als den wir dich bezeichnet haben?« fragte Yama.
    Er antwortete nicht.
    »Bist du der, der dem Heer des Himmels an den Ufern des Vedra Einhalt geboten hat?«
    Der Mund entspannte sich.
    »Bist du der, der einst die Göttin des Todes geliebt hat?«
    Die Augenlider zuckten. Ein schwaches Lächeln kam und ging über seine Lippen.
    »Er ist es«, sagte Yama; dann: »Wer bist du, Mann?«
    »Ich? Ich bin nichts«, antwortete der andere. »Vielleicht ein Blatt, das der Strudel erfaßt hat. Eine Feder im Wind.«
    »Das ist schlecht«, sagte Yama, »denn es gibt Blätter und Federn genug auf der Welt, und ich habe nicht so lange Zeit gearbeitet, nur, um ihre Zahl zu vermehren. Ich wollte einen Mann, einen, der den Krieg fortsetzen kann, den seine Abwesenheit unterbrochen hat - einen mächtigen Mann, der seine Macht einsetzt, um den Willen der Götter zu brechen. Ich dachte, du wärest dieser Mann.«
    »Ich bin« - wieder kniff er die Augen zusammen -, »Sam. Ich bin Sam. Vor langer Zeit habe ich
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