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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition)
Autoren: Tom Sharpe
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schwerem Kopf zu sich kam.
    Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen. Einige Stunden später war das Abendessen, das sie in aller Eile für ihn zubereitet hatte, immer noch unberührt. In Gedanken an all das, was Lady Clarissas Geld ermöglichen würde, summte sie glücklich vor sich hin, während sie Wilts Steak mit Brokkoli aus dem Ofen nahm und in den Kühlschrank stellte. Danach setzte sie sich noch ein wenig vor den Fernseher und sah sich einen Film an, gab schließlich jedoch das Warten auf. Sie machte das Licht aus und ging zu Bett, in der Hoffnung, das Henry einen Hausschlüssel dabeihatte. Inzwischen war sie sicher, dass er den ganzen Abend im Pub gesessen hatte und betrunken sein würde, wenn er nach Hause kam.
    Wilt war betrunken. Er war von doppelten Whiskys zu Starkbier übergegangen. Noch bedrohlicher allerdings war, dass er überhaupt nichts sehen konnte, als er und Braintree das Hangman’s Arms verließen, weil die Straßenbeleuchtung in diesem Teil Ipfords ausgefallen war. In der Folge stolperte er zunächst ein paar Mal in die falsche Richtung, bevor er irgendwann auf den richtigen Abzweig stieß, der zur Brücke über den Fluss führte, und schließlich nach Hause fand. Immerhin brannten hier die Straßenlaternen, auch wenn das Haus in völliger Dunkelheit lag. Er brauchte eine Weile, um den Hausschlüssel zu finden, und dann mehrere Versuche, um ihn in das zu stecken, von dem er annahm, dass es das Schloss war. Es war das falsche. Eva hatte solche Angst vor Einbrechern entwickelt, dass sie vor einem Monat ein zweites Schloss hatte einbauen lassen, wesentlich stärker als das erste. Der nutzlose Schlüssel fiel zu Boden.
    »Scheiße!«, lallte Wilt und tastete danach, doch bevor er ihn finden konnte, musste dem Druck in seiner Blase Genüge getan werden. Er trat auf den Rasen des kleinen Vorgartens und pinkelte gerade, als in einem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite Licht anging und Mrs. Fox zu sehen war, die aus dem Fenster lugte. Wilt fuhr sofort herum – oder er hätte es getan, wenn er nicht so betrunken gewesen wäre. Stattdessen stolperte er über seine eigenen Füße und fiel bäuchlings auf einen überaus unangenehm nassen Rasenflecken. Mit dem tröstlichen Gedanken im Kopf lag er da, dass zumindest Mrs. Fox ihn jetzt hinter der niedrigen Hecke, die den Vorgarten umrahmte, nicht mehr sehen konnte.
    Beinahe wäre er eingeschlafen, hätte er nicht im Haus das Telefon klingeln gehört, gefolgt davon, dass das Licht im Schlafzimmer über ihm anging und Eva die Treppe heruntertrampelte. Wilt versuchte nachzudenken. Selbst in seinem Suff erkannte er, was geschehen war: Mrs. Fox hatte Eva angerufen, um ihr zu sagen, dass jemand versuchte, bei ihr einzubrechen. Er versuchte sich aufzurappeln und scheiterte, also kroch er zur Haustür und flehte durch den Briefschlitz, hineingelassen zu werden.
    »Ich bin’s nur«, krächzte er. Doch Eva hörte nicht zu. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt zu diskutieren, ob sie die Polizei rufen sollte oder nicht. Wilt versuchte zu verstehen, was sie sagte. Das Einzige, was er mitbekam, war: »Nein, nicht die Polizei. Ich verriegele die Tür.« Und: »Danke, dass Sie angerufen haben. Ja, ich sage es ganz bestimmt meinem Mann.«
    Sie legte den Hörer auf und wartete. Genau wie Eva hatte Mrs. Fox eine Einbrecherphobie. Sie ließ sich Zeit damit, wieder zu Bett zu gehen und das Licht zu löschen. Eva würde es vor einer Nachbarin niemals zugeben, doch nachdem sie das Fluchen an der Haustür gehört hatte, war sie sicher, die Identität des »Eindringlings« zu kennen.
    Wilt nahm sein flehentliches Betteln wieder auf.
    »Ich bin’s doch nur. Um Himmels willen, lass mich rein. Ich bin patschnass, und wenn ich noch länger hier draußen bleibe …«
    Er wollte schon sagen, dass er sich eine Lungenentzündung holen würde, doch da hatte Eva einen Geistesblitz und unterbrach ihn. Sie würde ihm seine Grobheit gestern Abend heimzahlen.
    »Wer genau ist ›ich‹?«, fragte sie, um Wilts Leiden zu verlängern.
    »Oh, um Gottes willen, du weißt ganz genau, wer ich bin! Dein verdammter Ehemann Henry.«
    »Sie hören sich aber gar nicht so an wie er. Und wer immer Sie auch sein mögen, Sie sind offensichtlicht betrunken.«
    »Es interessiert mich nicht die Bohne, wie ich mich anhöre, ich bin klatschnass! Und, na schön, ich bin blau.«
    »Wenn Sie der sind, der Sie zu sein behaupten, dann müssen Sie einen Schlüssel dabeihaben«, entschied Eva, fest
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