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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition)
Autoren: Tom Sharpe
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ganz danach an, als bekäme der liebe Professor Mayfield keinen Fuß auf die Erde. Ich nehme noch einen Scotch. Nein, bleib sitzen. Ich gehe schon.«
    Diesmal bestellte er Dreifache.
    »Ich hätte zu gern gesehen, wie Mayfield blass geworden ist. Der ist genauso wenig Professor, wie ich einer bin. Trinken wir auf den Vize … und auf Dr. Board.«

2
    Trotz des gestrigen Streits mit Henry hatte Eva einen ziemlich guten Tag gehabt. Im Grunde war es sogar ihr bester Tag seit langem. Schon seit einigen Monaten bemühte sie sich um die nähere Bekanntschaft mit einer sehr vornehmen Dame, die regelmäßig das Altenheim besuchte, in dem Eva aushalf. Lady Clarissa kam einmal in der Woche aus North Fenland, um ihren Onkel zu besuchen, einen pensionierten Colonel, der im Zweiten Weltkrieg ein Bein verloren hatte.
    »Ich habe ein perfektes Heim für Onkel Harold gefunden«, berichtete sie Eva, als sie ankam. »Es heißt ›Letzter Zapfenstreich‹ und liegt hier ganz in der Nähe, in der Clarton Road, und nur zwei Häuser weiter wohnt ein Arzt. Aber das Beste ist, es ist speziell für pensionierte Offiziere, und die Frau, die es leitet, hat einen Sohn, der in der Army war. Natürlich nicht während Onkel Harolds Krieg, damals war er ja noch viel zu jung, wenn er überhaupt schon auf der Welt war … aber er war definitiv irgendein Offizier irgendwo in irgendeinem Krieg. Jetzt arbeitet er im Black Bear Hotel. Laut der Heimleiterin als Manager, aber er zieht immer noch von Zeit zu Zeit seine alte Uniform an, und sie ist schrecklich stolz auf ihn.«
    Der alte Mann, der neben ihr im Rollstuhl saß, eine karierte Decke über den Knien, sah wütend zu ihr auf und schwor, er würde niemals in ein Heim namens »Letzter Zapfenstreich« gehen, weil das bei Beerdigungen gespielt wurde, und von denen hätte er in seinem Leben schon genug gesehen.
    »Nun, es ist sehr viel besser als manche der anderen Heime, die ich besichtigt habe, und die Leiterin war gern bereit, dich aufzunehmen. Sie hat einen Sohn, der Offizier war, in irgendeinem Grafschaftsregiment, also wirst du besonders gut behandelt werden.«
    Lady Clarissa wandte sich an Eva. »Onkel Harold hat sein Bein bei Arnheim verloren.«
    »Als wir über den Rhein gesetzt haben, verdammt noch mal«, grummelte der alte Mann »Kannst du denn nie irgendwas richtig behalten?«
    »Oh, na gut, irgendwo in Europa.«
    Onkel Harold wurde laut.
    »In Deutschland, zum Teufel noch mal!« Er zog ein finsteres Gesicht. »Wie sieht’s mit Frauen aus? Der Schuppen ist bestimmt voller alter Schachteln, davon seh ich hier schon genug.«
    Lady Clarissa schüttelte seufzend den Kopf.
    »Es gibt keine weiblichen Bewohnerinnen. Außer der Leiterin natürlich.«
    Doch der alte Mann war immer noch nicht zufrieden.
    »Sieht dir ähnlich, ein Pflegeheim in der Carlton Road auszusuchen. Da ist ein Friedhof, weißt du.«
    »Also, entweder das oder eins namens ›Ende der Reise‹, das ist übrigens praktischerweise gleich neben dem Krematorium. Vielleicht würdest du das ja vorziehen«, meinte Lady Clarissa liebenswürdig.
    »Das Krematorium, verdammich!«, krächzte Onkel Harold. »Ich frag mich ja, warum du das Ding nicht gleich Müllverbrennungsanlage nennst. Ich will nicht, dass meine sterblichen Überreste geröstet werden, vielen Dank auch. Schlimm genug, dass die verflixten Hunnen mein Bein gegrillt haben, als sie’s in die Luft gesprengt haben.«
    »Oh, na schön, ich sorge dafür, dass du nicht verbrannt wirst. Und wo wir schon beim Thema sind, wo genau möchtest du begraben werden? Nicht etwa, dass ich hoffe, dass das bald geschehen wird, lieber Onkel.«
    »Hmm, du glaubst wohl wirklich, ich wär von gestern. Ich weiß, dass du einen sehr guten Grund hast, mich zu besuchen … auch wenn ich verdammt noch mal nicht draufkomme. Gott weiß, ich hab nichts auf der hohen Kante. Aber ich hab schon darüber nachgedacht, und ich will in Kenia begraben werden, da bin ich geboren und aufgewachsen.«
    »Aber das ist in Afrika! Es würde ein Vermögen kosten, dich dorthin zu bringen … und außerdem ist es viel zu weit, als dass die Verwandten dich besuchen könnten.«
    »Als ob mir das was ausmachen würde! Von denen hat mich seit Jahren keiner besucht, obwohl ich noch am Leben bin. Was sollte das für eine Rolle spielen, wenn ich erst mal tot bin?«
    »Also, ich muss schon sagen, das ist nicht nett von dir, und außerdem stimmt es auch gar nicht«, protestierte Lady Clarissa. »Ich komme jede Woche den ganzen Weg
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