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Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66

Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66

Titel: Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66
Autoren: Barbara Faith
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fünfzehn Uhr. Das Klassenzimmer befindet sich im Ostflügel, mein Atelier liegt im Westflügel. Sie haben mich unter keinen Umständen zu stören. Das ist ein Befehl. Wenn Sie sich nicht daran halten, werden Sie mich kennenlernen. Wenden Sie sich an Alicia Fernández, wenn Sie etwas brauchen.“
    „In Ordnung.“
    Er ging zur Tür.
    „Sehen wir uns beim Frühstück?“, fragte sie. „Falls wir noch etwas besprechen müssen.“
    „Wahrscheinlich nicht. Meine Arbeitszeiten sind sehr unregelmäßig. Gute Nacht, Miss Fleming.“
    „Gute Nacht, Señor Vega.“
    Sie sah dem großen, gut gebauten Mann mit den muskulösen Beinen nach. Seine unglaublich männliche Ausstrahlung machte ihr Angst.
    Von mir aus kann er die Stellung ruhig einem männlichen Kollegen geben, dachte sie. Warum sollte sie sich sein unhöfliches Benehmen gefallen lassen? Ich mache Urlaub daheim in Florida, beschloss sie.
    Doch dann riss sie sich zusammen. So schnell warf sie die Flinte nicht ins Korn. Schließlich war sie nicht wegen Rafael Vega hier, sondern wegen seines Sohnes. Der Kleine brauchte sie, und sie ließ sich weder von Vega noch von dieser Hexe, die er als Haushälterin beschäftigte, vertreiben. Ich gehe erst, wenn mein Job hier erledigt ist, dachte sie entschlossen.
    Bis zum Morgen hatte es zwar aufgehört zu regnen, aber der Himmel war wolkenverhangen. Es war so neblig, dass Julie nicht einmal den See sehen konnte.
    „Vielleicht klart es später auf“, sagte sie beim Frühstück zu Kico. „Wenn du fertig gefrühstückt hast, fangen wir mit dem Unterricht an.“
    Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Unterrichtsraum, der mit einem kleinen Pult für Kico, einem großen für sie selbst und einem zusätzlichen Arbeitstisch ausgestattet war. Sie beschloss sofort, sich an den Arbeitstisch zu setzen, der neben dem kleinen Pult stand, um die Atmosphäre aufzulockern. Das würde dazu beitragen, dass Kico sich entspannte, hoffte sie. Schließlich sollte er Freude am Lernen haben.
    Er beherrschte schon einige englische Vokabeln, zögerte jedoch, von ihnen Gebrauch zu machen. Julie wollte ihn nicht unter Druck setzen. Zunächst mussten sie einander besser kennenlernen.
    Sie hatte schnell festgestellt, dass sein Wortschatz in seiner Muttersprache weit über den eines Siebenjährigen hinausging. Als er sie bat, ihm von Florida und den Seminolen zu erzählen, berichtete sie zunächst über Alligatoren und Schlangenarten und schlug vor, Florida im Lexikon nachzuschlagen.
    Begeistert ging er auf ihren Vorschlag ein, sah sich Bilder an und stellte viele Fragen. Als sie jedoch nach einer halben Stunde ihr Englischbuch aufschlug und ihn bat, sein eigenes zu öffnen, bedachte er sie mit einem wütenden Blick. Den gleichen Ausdruck hatte sie gestern Abend auch auf dem Gesicht seines Vaters entdeckt.
    Nach dem Abendessen hatte sie in ihrem Zimmer über Rafael Vega nachgedacht. In den zwei Jahren, die sie nun in Mexiko war, hatte sie einige einheimische Männer kennengelernt. Sie waren galant, umsichtig, charmant und ausgesucht höflich gewesen. Keine dieser Eigenschaften schien auf den Bildhauer zuzutreffen.
    Er war umgeben von einer finsteren Aura und gefangen in seiner eigenen Welt. Offensichtlich war er völlig gefühlskalt und konnte nicht einmal für seinen Sohn Zuneigung empfinden.
    Die Vorstellung, Kico solle im nächsten Jahr in ein Internat im Ausland, wo er niemanden kannte, erfüllte sie mit Entsetzen. Wie konnte Vega nur so herzlos sein?
    Man hatte sie engagiert, um dem Jungen Englisch beizubringen, und genau das wollte sie tun. Zunächst musste sie allerdings ein Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen. Daher beschloss sie, spielerisch an den Unterricht heranzugehen. Kico sollte alle Wörter aufzählen, die im Englischen und Spanischen fast identisch waren.
    Sofort fielen ihm Begriffe wie nación, vacación und educación ein, zu denen er die englischen Entsprechungen lieferte: nation, vacation, education – Nation, Ferien, Erziehung.
    „Siehst du, es ist ganz einfach“, sagte Julie lächelnd. „Wenn du so weitermachst, wird man dir in den USA nicht anmerken, dass du aus Mexiko kommst.“
    „Ich will aber nicht in die Staaten“, sagte er auf Spanisch. „Und ich will nicht Englisch sprechen.“
    „Aber dein Vater möchte gern, dass du es lernst. Soll er denn nicht stolz auf dich sein?“
    Kico ließ den Kopf hängen und sagte kaum vernehmbar: „Ihm ist es egal, was ich tue.“
    „Wie kommst du darauf?“ Behutsam legte sie
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