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Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66

Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66

Titel: Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66
Autoren: Barbara Faith
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Horn zu musizieren, sobald das Schiff unterwegs war. Sie spielten traditionelle Weisen, und ein kleines Mädchen, das auf dem Schoß seiner Mutter saß, begann, im Takt in die Hände zu klatschen.
    Julie lehnte sich über die Reling. Der Himmel war tiefblau. Über den Bergen zogen weiße Wolken auf. Seidenreiher schritten auf den Sandbänken umher. Eine leichte Brise kräuselte die Oberfläche des Sees. Sie freute sich immer, wenn sie am oder auf dem Wasser sein konnte. Dieser Ferienjob versprach eine nette Abwechslung zu ihrer täglichen Arbeit zu werden. Außerdem verdiente sie dreimal mehr als an der Sprachenschule in Guadalajara. Das Geld hatte sie schon für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Spanien eingeplant.
    Neugierig betrachtete sie die Fahrgäste in ihrer Nähe. Ein kleiner Junge rutschte vom Sitz und taumelte gegen ihre Beine. „Cuidado, niño“, sagte sie und hielt ihn fest, damit er nicht hinfiel.
    „Sie sprechen Spanisch?“ Die Mutter des Kindes lächelte erfreut und erzählte, sie lebten in Morelia und seien auf einem Tagesausflug nach Patzcuaro gewesen.
    „Ich wohne in Guadalajara“, erzählte Julie. „Ursprünglich komme ich aber aus Florida.“
    Der Kleine zog sich wieder auf den Sitz und schob sich zwischen seine Mutter und Julie. Bereitwillig machte Julie ihm Platz und ließ erneut den Blick über den See gleiten, in dem sich noch vor wenigen Minuten die Sonne gespiegelt hatte. Doch inzwischen hatten die eben noch harmlos wirkenden weißen Wolken einen bedrohlichen Grauton angenommen. Schon fielen die ersten Regentropfen. Es donnerte, über den dunklen Himmel zuckten orangefarbene Blitze. Ein plötzlicher Sturzbach ergoss sich über die schutzlosen Passagiere, und ein heftiger Sturm erfasste das Schiff.
    Einige Fahrgäste beeilten sich, Segeltücher zum Schutz der Mitreisenden herabzulassen. Das kleine Mädchen, das noch eben zur Musik in die Hände geklatscht hatte, begann zu weinen. Eine dicke Frau rutschte von der Bank, als das Schiff von den Wellen auf die Seite gedrückt wurde. Jemand schrie voller Angst: „Wir müssen umkehren.“
    „Dafür ist es zu spät“, hörte Julie einen Mann erwidern. „Wir haben schon die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“
    Julie hielt sich mit aller Kraft fest. Eine Plane hatte sich aus ihrer Befestigung gelöst. Mit bebenden Händen versuchte Julie, den Schutz wieder festzuzurren. Als es ihr endlich gelang, war sie völlig durchnässt und zitterte vor Kälte.
    Die Musiker hatten aufgehört zu spielen. In der plötzlichen Dunkelheit konnten die Passagiere einander kaum erkennen. Die Paare hielten sich schweigend an den Händen, Mütter umarmten schützend ihre Kinder.
    Zwanzig Minuten vergingen, dann dreißig. Ein Mann in Julies Nähe schaute durch einen Spalt zwischen den Segeltuchplanen und sagte erleichtert: „Wir haben es fast geschafft. Ich kann die Insel schon sehen.“
    Auch Julie riskierte einen Blick auf den von Böen und Regen aufgepeitschten See. In einiger Entfernung erhob sich Janitzio wie ein großer dunkler Fels inmitten des Wassers. Einige Lichter flackerten auf der Insel, verloschen jedoch plötzlich, und das Eiland lag in unheilvoller Dunkelheit.
    Julie versuchte, sich selbst aufzumuntern. Diese Barkassen verkehrten seit Jahren auf dem See. Sicher hatten sie schon so manchen Sturm überstanden. Wahrscheinlich waren die Schiffe auch immer so überfüllt wie heute. Wenn etwas passierte … Eine Frau schrie angstvoll auf, als das Schiff erneut schlingerte. Julie rutschte von der Bank und fiel auf die Knie. Ein älterer Mexikaner half ihr mit einem beruhigenden Lächeln wieder auf die Beine.
    „Gracias“, sagte sie leise. Der Schreck saß ihr noch in den Gliedern. „Muchas gracias.“
    Die nächste Viertelstunde schien endlos. Die Barkasse schlingerte und rollte. Der Regen schlug gegen die schützenden Planen, hohe Wellen brachen sich am Schiffsrumpf. Kinder klammerten sich verängstigt an ihre Eltern. Eine alte Dame neben Julie betete unablässig einen Rosenkranz. Endlich rief jemand die erlösenden Worte: „Wir sind da!“ Mit einem letzten Ruck legte das Schiff an.
    Die Passagiere drängten zum Landungssteg. Julie griff nach ihrem Gepäck und ließ sich von der Menge mitreißen.
    „Warten Sie, ich helfe Ihnen.“ Ein junger Mann nahm ihr den Koffer ab, ein anderer half ihr vom Schiff.
    Es goss in Strömen, der Sturm riss sie beinahe um, als sie den Pier entlang ging. Es war stockdunkel, noch immer waren die Lichter in den
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