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Haus des Glücks

Haus des Glücks

Titel: Haus des Glücks
Autoren: Yvonne Winkler
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Oma Lotte und drohte scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Ich werde dich nächste Woche nach deinen Fortschritten fragen.«
     
    Auf dem Weg nach Hause war Julias Stimmung deutlich besser als am Morgen. Die alles lähmende Unruhe schien wie weggeblasen. Endlich hatte sie ein Ziel. Und die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken entsprach eher ihrem Naturell, als grübelnd auf dem Sofa zu sitzen.
    Als sie einen Parkplatz gefunden hatte, war es schon spät. Nachdem sie Jonas abgeholt hatte, warteten Simon und Miriam bereits vor dem Schultor auf sie. Zu Hause machte sie schnell ein paar belegte Brote und rohes Gemüse mit Kräuterquark zurecht. Beim Essen ließ sie sich ausführlich alle Erlebnisse aus Schule und Kindergarten erzählen: Sie bewunderte Miriams Blätterbild, teilte Simons Begeisterung über den Sachkundeunterricht, in dem es gerade um Hunde ging, und hörte gespannt zu, wie viele Weichen und Brücken Jonas und sein Freund Leon in ihre Eisenbahnstrecke integriert hatten. Während die Kinder ihre Hausaufgaben machten, räumte sie schnell die Küche auf, wischte den Boden und schaltete die Waschmaschine an. Um Viertel vor drei begann ihr Nachmittagsfahrdienst: Zuerst fuhr sie Miriam zum Geburtstag einer Freundin, danach Jonas zu Leon. Zum Schluss brachte sie Simon zum Fußballtraining. Als sie schließlich zu Hause war, war es halb vier, und vor ihr lagen zwei Stunden kinderfreie Zeit.
    Julia kochte sich eine Kanne Tee, schaltete den Laptop an und versuchte im Internet herauszufinden, ob es einer 34 -jährigen Krankenschwester, die seit zehn Jahren nicht mehr in ihrem Beruf arbeitete, möglich war, Medizin zu studieren. Die Antwort fiel erfreulich aus. Zwar erreichte sie an der Universität niemanden mehr, um einen Beratungstermin zu vereinbaren, und mittwochs waren die Büros ganztägig geschlossen, aber das konnte sie auch noch am Donnerstag erledigen. Fest stand, dass es – theoretisch – machbar war. Als sie den Computer ausschaltete, war es kurz vor halb sechs. In größter Eile brach sie auf, um Simon vom Training abzuholen. Sie verklönte sich mit der Mutter eines Freundes, fuhr zu Leon, verquatschte sich auch dort und kam mit einer Viertelstunde Verspätung als letzte Mama der Geburtstagsgäste bei Lena an. Wieder zu Hause, war es Zeit für das Abendessen – Fischstäbchen mit Pommes und, zur Beruhigung des Gewissens, Tomatensalat. Die Kinder liebten dieses Essen, und glücklicherweise ließ es sich schnell zubereiten. Julia sang, während sie durch die Küche wirbelte, alberte mit Jonas und Simon herum und hörte sich an, was Miriam über den Geburtstag zu erzählen hatte. Seit ihr Jüngster im Kindergarten war, war nicht mehr so laut in der Küche gelacht worden. Sie fühlte sich so lebendig wie schon seit Wochen nicht mehr. Als wäre sie nach langer Abwesenheit nach Hause gekommen. Und jetzt konnte sie es kaum erwarten, mit Marco über das zu sprechen, was sie mit Oma Lottes Hilfe herausgefunden hatte.
    Sie hatte Glück, er kam pünktlich. Und kurz nach sieben saß die ganze Familie gutgelaunt am Tisch. Es war, wie es sein sollte; wie es bis zum Ende der Sommerferien immer oder wenigstens meistens gewesen war.
    Wie recht Oma hat,
dachte Julia, während sie nach dem Essen im Badezimmer darauf achtete, dass sich die Kinder die Zähne ordentlich putzten. An diesem Abend brachte sie drei kleine Menschen ins Bett, die sich sichtlich wohl fühlten. Kleine Ursache, große Wirkung.
    Während Marco seinen Teil des Abendrituals erfüllte, zündete Julia im Wohnzimmer Kerzen an und entkorkte eine Flasche Rotwein. Ihr Herz klopfte heftig. Sie war so aufgeregt wie damals, als er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte. Was würde er zu ihren Plänen sagen?
    »Ich glaube, Jonas werde ich eines Tages den Mund mit Heftpflaster zukleben«, sagte er, als er die Treppe herunterkam. »Der Junge redet ohne Punkt und Komma. Aber jetzt liegen alle drei friedlich in ihren Betten … was ist denn hier los?«
    Julia lächelte. »Ein bisschen Stimmung, das ist alles.«
    »Stimmung?« Marco runzelte in einer Mischung aus Staunen, Neugierde und Misstrauen die Stirn. »Warum denn das?«
    »Ich möchte etwas mit dir besprechen.«
    »Oje«, erwiderte er und ließ sich in zur Schau gestellter Bestürzung in einen Sessel fallen. »Das wird meistens teuer. Was ist es denn diesmal? Die Wohnzimmereinrichtung?«
    Julia schüttelte den Kopf und schenkte den Wein in die beiden langstieligen Gläser. Im Schein der Kerzen funkelte er wie ein
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