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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition)
Autoren: Edward Lee
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verlieren. Man hatte ihm die wertvollen Arbeitskleider und Stiefel ausgezogen. Nun war er nur noch ein nackter Leichnam ohne Kopf.
    Das arme Schwein hätte ihn lieber in der Hose behalten sollen. Wahrscheinlich hat er eines der Mädchen aus der Ortschaft vergewaltigt.
    Dann jedoch blickte Cutton weiter die Reihe hinunter und dachte erneut: Scheiße! Auf dem vertrauten Schimmel saß Mr. Gast und beobachtete das Geschehen. Gast nickte Morris zu, als sich ihre Blicke begegneten.
    »Bringt die Hämmer!«, befahl er. »Ihr wisst ja, wie’s läuft.«
    Vier ausgewählte Sklaven traten mit zwanzig Pfund schweren Vorschlaghämmern vor.
    »Tut mir ja leid, dass ihr das mit einem von euch machen müsst – so is’ es nun mal. Aber es is’ nich’ nur für euch ’ne Lektion, sondern auch für Weiße. Wir erweisen unserm Land mit dem Bau dieser Strecke ’nen wichtigen Dienst. Die Yankees haben knapp dreißigtausend Meilen Eisenbahngleise, aber der Süden nich’ mal ganz neuntausend. Mr. Gasts Eisenbahn is’ wichtig für die Zukunft. Wir müssen alle mit ’n Gedanken bei unsrer Aufgabe bleiben.« Morris verstummte kurz, vermutlich nur, um eine dramatischere Wirkung zu erzielen. »Zerstampft ihn.«
    Die Schmiedehämmer hoben und senkten sich, landeten mit wuchtigen, ekelerregenden Schlägen. Der kopflose Körper wurde durchgeschüttelt und binnen einer Minute völlig zerschmettert. Jeder Knochen im Leib des Toten war gebrochen.
    »Äxte!«, befahl Morris.
    Vier weitere Sklaven traten vor – mit ebenso grimmigen Mienen wie die ersten. Die Äxte sausten gleichzeitig herab, hoben und senkten sich in scharlachroten Bögen wie eine diabolische Nockenwelle. Innerhalb weniger Augenblicke verwandelten die Hiebe den zertrümmerten Leichnam in einen blutigen Brei.
    »Schaufeln und Hacken!«
    Der Abschluss. Die Sklaven hackten den Brei in die Erde.
    Morris brüllte: »Durch den Verlust von dem da sin’ wir nur stärker geworden, und jetzt tut dieser nutzlose Verbrecherkörper doch noch was Gutes, indem er ’s Land düngt, dem wir ’s Essen in unsren Bäuchen verdanken! Mr. Gast is’ grad von ’ner langen Reise nach Virginia zurückgekommen und hat uns weitere Schienen und Schwellen mitgebracht, also machen wir ihn stolz und verlegen heut ’ne Viertelmeile zusätzlich! Richtig, Männer?«
    Die hundert Sklaven schüttelten ihre Trübsal ab und jubelten.
    »Denkt dran, am Ende dieser Strecke wartet die Freiheit auf euch. Richtig?«
    Weiterer Jubel, weiteres Zusammenrücken.
    »Zwanzig Minuten Pause! Dann geht’s zurück an die Arbeit!«
    Cutton blieb sprachlos, als das Ritual endete: Die beiden Aufseher spießten Metis abgetrennten Kopf auf dem Feld auf einen hohen Pflock und rammten diesen in den Boden.
    Gütiger Herr Jesus ...
    Morris kam zu den Gleisen herüber. »He, Cutton. Tut mir leid, ich hab ja nich’ gewusst, dass du so ’n zartbesaiteter Typ bist. Aber du hättest letzte Nacht nich’ abhauen sollen. Hab der Puffmutter ’nen Fünfer in die Hand gedrückt, und sie hat ganz vergessen, was ich mit der kleinen Mulattin gemacht hab. Und sie hat mir noch zwei Mädels gebracht! Ich hatte noch jede Menge Spaß.«
    Cutton versuchte, das Bild zu verdrängen. »Meti war ein guter Arbeiter, Morris. Was genau hat er getan? Sich einem der Mädchen aus der Stadt aufgezwungen?«
    Morris biss ein Stück Tabak ab. »Unter uns?«
    »Klar.«
    »Hat Mrs. Gast in den Arsch gekniffen. Das hat er gemacht.«
    Cuttons Magen flatterte. Wenn die ihm den Kopf abschlagen und mit seiner Leiche das Feld düngen, weil er ihr an den Hintern gefasst hat ... was würden sie wohl erst mit mir anstellen?
    »Aber mich tät’ nich’ überraschen, wenn sie ihn drum gebeten hätt’. Und das bleibt auch unter uns.«
    Cutton sehnte sich danach, das Thema zu wechseln. Sein Blick schnellte zu dem markanten Mann in dem langen Mantel auf seinem weißen Pferd. »Ich dachte, Mr. Gast würde erst heute Abend zurückkommen.«
    Morris zuckte mit den Schultern. Er schaute zu dem abgetrennten Kopf auf dem Pfahl, wirkte dabei jedoch gänzlich unberührt. »Is’ schon heut Morgen eingetroffen. Und hat vier Flachwagen voll mit Schienen mitgebracht.«
    »Eisen aus Tredegar, hab ich gehört.«
    »Stimmt.«
    »Verdammt viel besser als das Yankee-Eisen. Kostet aber auch mehr.«
    »Tja, Mr. Gast will nur ’s Beste für seine Eisenbahn.« Ein weiterer Blick zum Feld verriet, dass allmählich Normalität einkehrte, ungeachtet des gepfählten Schädels, der auf alle
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