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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst
Autoren: Carla Neggers
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herauszog. „Ich möchte dir mal was zeigen.“
    „Gerne.“
    „Aber du darfst mit niemandem darüber sprechen.“
    „Und warum nicht?“
    „Sag mir erst, dass du es nicht tust.“
    „Okay, ich tu’s nicht.“
    Sie öffnete die Faust und ließ die Kugel über ihre Handfläche rollen. „Was hältst du davon?“
    Rob runzelte die Stirn. „Es ist eine Pistolenkugel.“
    „Das weiß ich auch. Aber was für eine?“
    Er nahm sie ihr aus der Hand und legte sie unbekümmert auf seinen mit Papieren voll beladenen Schreibtisch. Schließlich war er mit Waffen aufgewachsen. „Vierundvierziger Magnum. Es ist eine voll funktionsfähige Patrone und keine leere Hülse.“
    Sie nickte. „Das ist mir schon klar. Kann sie auch losgehen?“
    „Nicht, wenn sie bloß auf meinem Schreibtisch liegt. Aber wenn du sie im richtigen Winkel zu Boden fallen lässt oder mit einem Rasenmäher oder irgendetwas anderem darüber fährst, könnte sie dir um die Ohren fliegen.“
    Lucy unterdrückte ein Schaudern. „Das hört sich gar nicht gut an.“
    „Falls sie losgeht, kannst du ihre Richtung nicht beeinflussen. Mit einem Gewehr kannst du wenigstens zielen. Vielleicht triffst du daneben. Aber wenn du mit einem Rasenmäher über so ein Ding fährst, dann hast du keine Möglichkeit, ein Ziel zu bestimmen. Es kann nach allen Seiten losgehen.“ Er klang ruhig, doch seine dunklen Augen blickten ernst. „Wo hast du sie gefunden?“
    „Was? Ach so.“ Sie hatte sich keine Geschichte zu ihrem Fund ausgedacht, und sie verabscheute es zu lügen. „In der Stadt. Ich bin sicher, dass es nichts zu bedeuten hat.“
    „Da stecken doch nicht etwa Georgie oder J. T. dahinter? Wenn sie mit Pistolen und Munition herumspielen …“
    „Nein.“ Lucy stockte beinahe der Atem. „Als ich eben in der Stadt war, bin ich darüber gestolpert. Ich wollte nicht, dass jemand verletzt wird, deshalb habe ich sie mitgenommen. Du solltest mir nur sagen, ob ich mir unnötig Sorgen gemacht habe.“
    „Ganz und gar nicht. Da war jemand sehr unvorsichtig.“ Er berührte die stumpfgraue Metallspitze des Geschosses. „Möchtest du, dass ich es für dich entsorge?“
    „Bitte, ja.“
    „Dann tu mir einen Gefallen. Schau mal in J. T.s Zimmer nach, und ich werde mich mal in Georgies umsehen. Wenn ich etwas finde, sage ich dir Bescheid. Und du lässt es mich wissen. Ich habe kein Gewehr zu Hause, und ich weiß, dass du auch keines hast, aber sie wären nicht die ersten zwölfjährigen Jungen …“
    „Es war nicht J. T. oder Georgie.“
    Rob schaute ihr fest in die Augen. „Wenn du J. T.s Zimmer nicht durchsuchen willst, dann tu ich es.“
    Lucy nickte. „Du hast Recht. Ich werde mal nachsehen.“
    „Auch im Keller. Ich habe mich in dem Alter mal fast selbst in die Luft gejagt, als ich mit Schießpulver herumexperimentiert habe.“
    „Ich habe kein Schießpulver im Haus.“
    „Lucy!“
    „Ist ja schon gut!“
    Rob musterte sie schweigend. Sie kannte ihn, seitdem sie in Vermont wohnte. Er und seine Frau Patti waren ihre besten Freunde. Georgie und J. T. waren unzertrennlich. Aber von den unheimlichen Vorkommnissen hatte sie ihm nichts erzählt.
    Lucy bemühte sich, seinem Blick standzuhalten. Schweiß lief ihr den Rücken hinunter, und ihr Hemd war nass. Es gab so viel zu tun, die Verantwortung war so groß. Das hatte ihr gerade noch gefehlt: Ein Verrückter, der es auf sie abgesehen hatte. „Sieh nur zu, dass du die verdammte Kugel los wirst, ja?“
    Rob verschränkte die Arme vor der Brust. „Klar.“
    Sie konnte seine Gedanken erraten. Jeder hätte das Gleiche gedacht. Dass sie mit ihren Nerven am Ende war, gereizt und angespannt, weil ihr Unternehmen sich rapide entwickelte und sie viel zu tun hatte, weil sie Witwe war und allein erziehend, und weil sie eine lange Reise in den Westen vor sich hatte. Und dass er mit ihr über all das reden wollte.
    Aber Rob mischte sich nicht gern in die Angelegenheiten anderer Leute ein, und Lucy war dankbar für seine Zurückhaltung. „Es tut mir Leid, wenn es so aussieht, als ob ich ein bisschen durcheinander bin. Ich habe an diesem Wochenende so viel um die Ohren mit diesem Trip nach Wyoming. Kannst du die Stellung hier halten?“
    „Das steht doch fett gedruckt in meinem Lebenslauf.
Kann jede Stellung halten.“
    Seine Augen schauten nicht belustigt, doch Lucy tat so, als ob sie es nicht bemerkte. „Was würde ich nur ohne dich machen?“
    Die Antwort kam umgehend. „Bankrott.“
    Sie lachte. Jetzt, da sie die
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