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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt
Autoren: Karin Slaughter
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Verstärkung. Gehen Sie nicht– ich wiederhole– gehen Sie nicht ins Haus.«
    » Verstanden.« Faith schaltete ab und warf das Handy auf den Rücksitz. Sie drehte den Schlüssel in dem Schloss, das ihre Schrotflinte auf dem Boden des Kofferraums fixierte.
    Das GBI gab an jeden seiner Agenten mindestens zwei Waffen aus. Die Glock, Modell 23, war eine Halbautomatik Kaliber 40 mit dreizehn Schuss im Magazin und einem in der Kammer. Die Remington 870 hatte vier Kartuschen mit Doppelnull-Postenschrot im Lauf. Faith’ Flinte hatte sechs zusätzliche Patronen in einem seitlich vor dem Schaft befestigten Halter. Jede Kartusche enthielt acht Kugeln. Jede Kugel hatte in etwa die Größe einer 38er-Pistolenkugel.
    Bei jeder Betätigung des Abzugs verschoss die Glock eine Kugel. Jedes Abfeuern der Remington verschoss acht Kugeln.
    Die GBI -Vorschriften verlangten, dass jeder Agent seine Glock mit einer Patrone in der Kammer geladen hatte, sodass ihm insgesamt vierzehn Schuss zur Verfügung standen. An dieser Waffe gab es keinen konventionellen äußeren Sicherungshebel. Die Agenten waren nach dem Gesetz berechtigt, tödliche Gewalt anzuwenden, wenn sie ihr eigenes Leben oder das anderer Personen bedroht sahen. Man drückte nur einfach den Abzug ganz zurück, wenn man schießen wollte, und man schoss nur, wenn man töten wollte.
    Die Schrotflinte war eine andere Geschichte mit demselben Resultat. Der Sicherungshebel befand sich am hinteren Teil des Abzugsbügels, ein Querschrauben-Schieberegler, für dessen Betätigung man geschmeidige Muskeln brauchte. Man trug sie nicht mit einer Patrone in der Kammer. Man wollte, dass jeder in der Umgebung das Ratschen hörte, mit der die Patrone schussbereit einrastete.
    Während sie die Sicherung löste, schaute sie sich zum Haus um. Der Vorhang am vorderen Fenster bewegte sich. Ein Schatten lief den Korridor hinunter.
    Faith lud die Flinte, während sie auf den Carport zuging. Die Bewegung erzeugte genau dieses befriedigende Geräusch. In einer einzigen, flüssigen Bewegung drückte sie sich den Schaft gegen die Schulter und richtete den Lauf aus. Sie trat die Tür ein und schrie, die Waffe schussbereit: » Polizei!«
    Das Wort dröhnte durchs Haus wie ein Donner. Es kam aus einem dunklen Ort tief in Faith’ Eingeweiden, den sie meistens ignorierte, aus Angst, etwas einzuschalten, was nicht wieder abgeschaltet werden konnte.
    » Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!«
    Niemand kam heraus. Irgendwo im hinteren Teil des Hauses hörte sie ein Geräusch. Sie betrat die Küche. Blut auf der Anrichte. Ein Brotmesser. Noch mehr Blut auf dem Boden. Schubladen und Schränke waren alle weit geöffnet. Der Festnetzapparat hing an der Wand wie eine verdrehte Henkerschlinge. Evelyns BlackBerry und ihr Handy lagen zertreten auf dem Boden. Faith hielt die Flinte gerade an der Schulter, den Zeigefinger dicht neben dem Abzug, damit sie keinen Fehler machte.
    Sie hätte an ihre Mutter und an Emma denken sollen, aber ihr ging immer wieder nur ein einziger Satz durch den Kopf: Personen und Türen. Wenn man ein Haus durchsuchte, waren das die größten Bedrohungen der eigenen Sicherheit. Man musste wissen, wo die Personen waren– ob es die Guten oder die Bösen waren–, und man musste wissen, was einen an jeder Tür erwartete.
    Faith drehte sich zur Seite und richtete die Flinte in die Wäschekammer. Sie sah einen Mann mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegen. Schwarze Haare. Haut wie gelbes Wachs. Er hatte die Arme um den Körper geschlungen wie ein Kind bei einem Spiel. Keine Waffe an ihm oder in seiner Reichweite. Sein Hinterkopf war ein blutiger Brei. Gehirnmasse sprenkelte die Waschmaschine. Sie konnte das Loch in der Wand sehen, wo die Kugel eingedrungen war, nachdem sie aus dem Schädel ausgetreten war.
    Faith drehte sich wieder zur Küche. Von dort gab es einen Durchgang zum Esszimmer. Sie kauerte sich hin und schwang die Waffe in diese Richtung.
    Leer.
    Sie machte sich den Grundriss des Hauses bewusst. Links das Wohnzimmer. Rechts eine große, offene Diele. Direkt vor ihr der Flur. Badezimmer am Ende. Rechts davon zwei Schlafzimmer. Ein Schlafzimmer links– das ihrer Mutter. In ihm gab es ein winziges Bad und eine Tür auf die Terrasse. Evelyns Schlafzimmertür war die einzige geschlossene im Gang.
    Faith ging auf die geschlossene Tür zu, blieb dann aber stehen.
    Personen und Türen.
    Im Geist sah sie den Satz wie in Stein gemeißelt: Bewege dich nicht auf eine vor dir liegende
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