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Harry Potter und der Orden des Phönix

Harry Potter und der Orden des Phönix

Titel: Harry Potter und der Orden des Phönix
Autoren: J.K. Rowling
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mit enormer Genugtuung; ihm war, als würde er allen Ärger an seinem Cousin auslassen, dem Einzigen, der dafür herhalten konnte.
    Sie bogen nach rechts in die Abkürzung zwischen Magnolienring und Glyzinenweg ein, in die schmale Gasse, wo Harry Sirius zum ersten Mal gesehen hatte. Sie war menschenleer und dunkler als die Straßen, die sie verband, denn es gab keine Laternen. Garagenwände auf der einen, ein hoher Zaun auf der anderen Seite dämpften das Geräusch ihrer Schritte.
    »Kommst dir wohl mächtig stark vor mit dem Ding, das du rumträgst, stimmt’s?«, sagte Dudley nach einigen Sekunden.
    »Welchem Ding?«
    »Diesem – diesem Ding, das du versteckt hältst.«
    Harry grinste erneut.
    »Nicht so doof, wie du aussiehst, was, Dud? Aber wenn du’s wärst, glaub ich, könntest du nicht gleichzeitig gehen und reden.«
    Harry zog seinen Zauberstab. Er sah, wie Dudley ihn scheel beäugte.
    »Das darfst du nicht«, sagte Dudley prompt. »Ich weiß es. Die werfen dich aus dieser Beklopptenschule, auf die du gehst.«
    »Woher willst du wissen, dass sie die Vorschriften nicht geändert haben, Big D?«
    »Haben sie nicht«, sagte Dudley, obwohl er dabei nicht vollkommen überzeugt klang.
    Harry lachte leise.
    »Du hast doch Schiss, es ohne dieses Ding mit mir aufzunehmen, oder?«, fauchte Dudley.
    »Und du brauchst vier Kumpel hinter dir, bevor du einen Zehnjährigen verprügeln kannst. Dieser Boxtitel übrigens, mit dem du dauernd angibst – wie alt war dein Gegner? Sieben? Acht?«
    »Er war sechzehn, wenn du’s genau wissen willst«, fauchte Dudley, »und als ich mit dem fertig war, lag er noch zwanzig Minuten halb tot rum, und der war doppelt so schwer wie du. Wart nur, bis ich Dad erzähle, dass du dieses Ding rausgezogen hast –«
    »Jetzt rennst du zu Daddy, was? Hat sein Putzi-Putzi-Boxchampion Angst vor Harrys bösem Zauberstab?«
    »Nachts bist du nicht so mutig, stimmt’s?«, höhnte Dudley.
    »Es ist Nacht, Duddymatz. So nennt man es nämlich, wenn es überall dunkel wird wie jetzt.«
    »Ich mein, wenn du im Bett bist!«, fauchte Dudley.
    Er war stehen geblieben. Auch Harry blieb stehen und starrte seinen Cousin an.
    Soweit er Dudleys breites Gesicht erkennen konnte, hatte er eine merkwürdig triumphierende Miene aufgesetzt.
    »Was soll das heißen, ich bin nicht mutig, wenn ich im Bett bin?«, sagte Harry völlig verdutzt. »Wovor soll ich Angst haben, vor Kissen vielleicht?«
    »Ich hab dich gestern Nacht gehört«, sagte Dudley atemlos. »Hast im Schlaf geredet. Gejammert.«
    »Was soll das heißen?«, sagte Harry erneut, doch mit einem kalten, flauen Gefühl im Magen. Gestern Nacht hatte er in seinen Träumen wieder den Friedhof besucht.
    Dudley lachte harsch und bellend auf und nahm eine spitze, wimmernde Stimme an.
    »›Lass Cedric leben! Lass Cedric leben!‹ Wer ist Cedric – dein Freund?«
    »Ich – du lügst«, sagte Harry unwillkürlich. Doch sein Mund war trocken geworden. Dudley log nicht, das wusste er – wie sonst konnte er von Cedric erfahren haben?
    »›Dad! Hilf mir, Dad! Er wird mich umbringen, Dad! Uuh huu!‹«
    »Hör auf«, sagte Harry leise. »Hör auf, Dudley, ich warne dich!«
    »›Komm und hilf mir, Dad! Mum, komm und hilf mir! Er hat Cedric getötet! Dad, hilf mir! Er wird mich –‹ Nimm das Ding runter!«
    Dudley wich an die Mauer der Gasse zurück. Harry richtete den Zauberstab direkt auf Dudleys Herz. Er konnte vierzehn Jahre Hass auf Dudley in seinen Adern hämmern spüren – was würde er nicht dafür geben, jetzt zuzuschlagen, Dudley so gründlich durchzuhexen, dass er wie ein Insekt nach Hause krabbeln musste, stumm und blind geschlagen, mit ausgestreckten Fühlerchen …
    »Fang nie wieder davon an«, fauchte Harry. »Hast du mich verstanden?«
    »Halt das Ding woandershin!«
    »Ich hab gesagt, hast du mich verstanden?«
    »Halt es woandershin!«
    » HAST DU MICH VERSTANDEN?«
    »TU DAS DING WEG –«
    Dudley keuchte, eigenartig schaudernd, als wäre er in Eiswasser getaucht worden.
    Etwas war mit der Nacht geschehen. Der sternübersäte indigoblaue Nachthimmel war plötzlich pechschwarz und lichtlos – die Sterne, der Mond, die dunstigen Straßenlichter zu beiden Enden der Gasse waren verschwunden. Das ferne Rauschen der Autos und das Flüstern der Bäume waren verstummt. Der milde Abend war plötzlich stechend und beißend kalt. Sie waren von völliger, undurchdringlicher, stiller Dunkelheit umgeben, als hätte ein Riese einen dicken, eiskalten Mantel
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