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Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung
Autoren: Kate Sunday
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bewegte ihre Schultern, wackelte mit den Zehen in ihren Sneakern. Sie war es nicht gewohnt, so lange hinter dem Steuer zu sitzen. Erleichtert atmete sie auf, als das Reklameschild einer Tankstelle auftauchte. Hier würde sie bestimmt erfahren, wo sie etwas Anständiges zu essen bekäme. Eine heiße Suppe vielleicht und ein Sandwich, dazu ein herrlich schwarzer Kaffee würden ihre Lebensgeister wecken. Sie parkte den Toyota neben einem rostigen Ungeheuer von Lieferwagen, der wirkte, als würde er die nächste Kurve nicht überstehen. Kaum hatte Hannah die Fahrertür geöffnet, schlug ihr heißschwüle Luft entgegen. Wie wundervoll! Fast hätte sie vergessen, wie es sich anfühlte. Am Horizont konnte sie die ferne Hügelkette der Appalachen ausmachen. Die Blue Ridge Mountains. Ihre Kehle schnürte sich enger. Heimat. Unbeschwerte, sonnendurchflutete, glückliche Tage hatte sie dort oben in den Bergen in Ellies Sommerhaus in der Nähe von Blowing Rock verbracht. Ein Ort des Friedens, der dich deine Sorgen für eine Weile vergessen lässt , hatte ihre Großmutter über dieses Fleckchen Erde gesagt. Einen Wimpernschlag lang meinte Hannah fast, die vertrauten Geräusche zu hören: das Flüstern und Raunen des Windes in den hohen Baumwipfeln, das unbekümmert dahinplätschernde Gurgeln des Waldbachs und das lebhafte Rufen der Kinder, die sich zum Forellenfischen am Teich verabredet hatten …
     
    Sie füllte den Tank auf, befreite die Windschutzscheibe von den vielen Fliegen, die während der Fahrt ihren Tod gefunden hatten, und ging auf das Gebäude zu. Über der Eingangstür quietschte ein verrostetes Metallschild mit der Aufschrift Willkommen in den Foothills in seinen Angeln. Unter dem hektischen Gebimmel einer Türglocke trat Hannah in einen klimatisierten Raum. Als der Kerl hinter der Theke sie erspähte, fuhr er sich rasch mit allen zehn Fingern durch seine pomadige Frisur.
    »Tag, Ma’am.« Sein breiter Mund verzog sich zu einem anzüglichen Grinsen, das ein paar gelbliche Stummel freilegte.
    Sie streckte ihm ihre Kreditkarte entgegen und nickte dabei knapp. »Würden Sie mir sagen, wo ich hier in der Gegend eine Kleinigkeit zu essen bekommen könnte?«
    »Zapfsäule drei, ja?« Der Mann zog die Karte durch das Lesegerät, wobei er Hannah mit wachsamen Fuchsaugen eingehend musterte. »Sie sind nicht von hier, Ma’am ?« Sein Blick intensivierte sich, blieb an ihrer verletzten Wange hängen.
    Instinktiv legte sie die Hand darauf. »Nein.«
    »Nun ja.« Nachdenklich rieb er sich über das unrasierte Kinn. Hannah fielen die feinen goldblonden Härchen an seinen feisten Fingern auf. »Wenn Sie an der Kreuzung nach links fahren und der Straße ein paar Meilen folgen, kommen Sie an eine Abzweigung, genauer gesagt, einen Kreisel. Nehmen Sie die dritte Ausfahrt. Die schmale Straße führt Sie direkt zu einem schnuckeligen kleinen Landcafé.« Er hielt einen Moment inne, während er ihr Gesicht studierte. »Dürfte ganz nach Ihrem Geschmack sein, Ma’am .« Ihr die Karte reichend, bedachte er Hannah erneut mit einem schlüpfrigen Grinsen.
    Sie murmelte ein hastiges Dankeschön. Nichts wie weg. Dieser Mensch zog sie mit seinen durchdringenden Blicken förmlich aus.
    »Stets zu Ihren Diensten, Lady«, nuschelte er zweideutig.
    Eigentlich hatte sie sich mit Wasser und einem Müsliriegel versorgen wollen – für alle Fälle – doch jetzt wollte sie nur noch raus hier. So rasch wie möglich fort von diesem schmierigen Typen. Wieder draußen spürte sie gleich, dass der Wind aufgefrischt hatte. Das Schild über der Tür schwankte nun lebhaft und äußerst geräuschvoll. Hannah reckte schnuppernd das Kinn. Es roch nach Regen. Nach frisch umgegrabener Erde, würzigem Gras und dem süßen Duft von Wildblumen. Grillen zirpten am Feldrand, wo goldene Ähren im schwindenden Sonnenlicht tanzten. Von den fernen Bergen zogen Gewitterwolken heran. Für einen winzigen Moment schloss Hannah die Augen, um das Bild in sich aufzunehmen. Oh, sie konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen.

3. Kapitel
     
     
     
    » V erdammte, unglückselige Sauer…« Sam verstummte abrupt, als er Jacksons Hutkrempe um die Ecke blitzen sah. Sein Vorarbeiter mochte es nicht, wenn in seiner Anwesenheit geflucht wurde. Da war er sehr eigen. Wie in vielen anderen Dingen auch. Aber Jackson war ein Goldstück. Unbezahlbar.
    Flink bückte sich Sam nach einem Strohbüschel und rieb damit über seine mit frischem Mist beschmutzte Stiefelspitze, um sie zu
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