Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung
Autoren: Kate Sunday
Vom Netzwerk:
wollte Shane plötzlich reden. Jetzt, wo alles verloren war, wollte er sie anhören? Es interessierte sie nicht mehr. Was er zu sagen hatte, war ihr egal. Es war vorbei. Lange hatte sie gewartet, gebangt, gehofft. Darauf, dass er sich änderte, darauf, dass er endlich wieder zu dem Mann werden würde, in den sie sich vor neun Jahren verliebt hatte. Seine Worte ließen sie kalt. Sie berührten sie nicht. Genauso gut hätte sie mit einem Fremden telefonieren können. Empfand sie noch irgendetwas für Shane? Sie fühlte sich wie betäubt. Da war keine Wut, kein Ärger, kein Frust mehr. Schmerz. Ja, Schmerz darüber, dass sie ihn verloren hatte. Dass sie einander verloren hatten. Endgültig und unwiderruflich.
    Trauer lauerte im Hintergrund. Leise Trauer um das Paar, das sie einmal gewesen waren. Wie sehr hatte sie diesen wilden, charmanten, gut aussehenden Kerl einmal bewundert.
    Wie leidenschaftlich hatten sie sich geliebt!
    Mit seinem Verhalten hatte er in den letzten anderthalb Jahren alles zerstört, was gut zwischen ihnen gewesen war. Es hatte die helle Flamme, die zwischen ihnen gebrannt hatte, zum Erlöschen gebracht. Nie zuvor war ihr dies so bewusst geworden wie in diesem Augenblick. Sie holte tief Luft, versuchte, die bedrückenden Gedanken an ihre gescheiterte Ehe abzuschütteln und sich stattdessen auf den Highway zu konzentrieren. Schließlich lag noch ein gutes Stück vor ihr, bis sie am Ziel ihrer Reise angekommen sein würde. Noch hatte sie ihre Großmutter nicht erreicht, aber sie hoffte von Herzen, dass die alte Dame sie auf Fairview willkommen heißen würde.
    Hannah sehnte sich danach, an den Ort zurückzukehren, der so viele Jahre lang ihr Zuhause gewesen war.
     
    *
     
    Zwischen seinen Fingern verglühte eine brennende Zigarette. Das Glas einer fast leeren Flasche Jim Beam, mit deren Hilfe Shane versucht hatte, das elende Klopfen in seinem Daumen zu betäuben, funkelte neben dem Aschenbecher im hereinfallenden Sonnenlicht. Während er mit verschwommenem Blick an die holzvertäfelte Decke starrte, führte er die Kippe an den Mund. Zu spät. Die Erinnerung an Hannahs unbarmherzige Worte schnürte ihm den Atem ab. Er fühlte eine seltsame Beklemmung in der Brust. Hannah hatte einfach aufgelegt. So mir nichts, dir nichts hatte sie die Leitung zwischen ihnen gekappt. Als wäre er ihr völlig egal. Als wäre er ein Fremder! Wie konnte sie so hart und unnachgiebig sein?
    In einem entfernten Winkel seines Bewusstseins schlummerte die Ahnung, einen verhängnisvollen Fehler begangen zu haben. Doch hatte Hannah ihn nicht provoziert? Als sie sagte, sie würde ihn verlassen, waren seine Sicherungen durchgebrannt. Auf einmal hatte er sich wieder in den ängstlichen Jungen verwandelt, dessen Mutter ihn mit ihrer Drohung, ihre Siebensachen zu packen und zu verschwinden, in helle Panik versetzt hatte. Bernice Mulligan hatte an einem regnerischen Herbstmorgen ihre Drohung wahr gemacht. Es spielte keine Rolle für den zehnjährigen Shane, dass die Wutausbrüche seines Vaters der eigentliche Grund waren, weshalb die Mutter der Familie den Rücken kehrte. Ebenso wenig, wie es eine Rolle gespielt hatte, dass Bernice nach viereinhalb Jahren reumütig zurückgekehrt war. Hannahs Ankündigung hatte die alte Angst wieder aufflammen lassen. Diese uralte Angst, verlassen zu werden. Von der Frau, die er liebte. Es durfte nicht wieder geschehen. Niemals wieder! Kein Wunder, dass er ausgerastet war. Mag sein, dass er etwas überreagiert hatte, aber das würde er wieder geradebiegen, denn … Ein aufloderndes Feuer in seiner Mitte riss ihn aus seinen Überlegungen.
    Holy Shit! Was zum Teufel war das? Laut aufstöhnend krümmte er sich. Sein Magen machte schon längere Zeit Probleme. So schlimm war es allerdings noch nie gewesen. Hannah hatte ihn immer gewarnt, dass der Alkohol ihn krank machen würde. Aber sie hatte ja keine Ahnung, wie der Whiskey ihn innerlich erwärmte und tröstete, wie er ihm half, all die Enttäuschungen zu vergessen. Die Unsicherheit, die Unzufriedenheit, das Gefühl der Unzulänglichkeit, all das verschwand im Nebel des Rauschs. Er brauchte das.
    Ein paar euphorische Monate lang hatte es so ausgesehen, als ob sich sein Lebenstraum, ein erfolgreicher Rockstar zu werden, erfüllen würde. Seine ehemalige Band, die Twisted Souls , hatte in vollen Hallen vor begeistertem Publikum gespielt und Shane von einem stattlichen Anwesen irgendwo an der Küste unter der Sonne South Carolinas träumen lassen. Von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher