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Halloween

Halloween

Titel: Halloween
Autoren: Stewart O'Nan
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Schlaf ihn ein. Das Haus wird sich nicht verkaufen lassen, solange das Dach so aussieht, aber Brooks kann sich die Reparatur nicht leisten; er wird dabei auf jeden Fall Geld verlieren. Er träumt von Florida und davon, Tarpons zu angeln, mit den Hunden an einem weißen Strand spazieren zu gehen und knochenharte Treibholzstöcke zu werfen, damit sie sich darum streiten, aber das ist nur ein Traum, das kitschige Ende eines Kinofilms. Es dauert noch sechs Jahre, bis er in Rente gehen kann – eigentlich sogar sieben –, und Ginger ist schon zehn, Skip acht; das erleben sie nicht mehr. (Er will nicht an Gram in ihrem winzigen Zimmer in Golden Horizons denken, an der Wand das Bild von ihm mit dem roten Cowboyhut und den silbernen Revolvern, richtig niedlich.) Er wird drüben in Towerview ein kleines Haus mieten und die meisten Sachen irgendwo unterstellen – falls da Hunde erlaubt sind. Wenn nicht, dann gibt es ja noch diesen Wohnblock in Canton, den Charity ihm empfohlen hat; da ist es sowieso billiger. Aber er hat immer in Avon gewohnt, das ist seine Stadt. Wie viele Leute können schon von sich behaupten, dass sie Einheimische sind? Wie’s aussieht, wird ihm alles genommen. (Als ob wir nicht wüssten, was für ein Gefühl das ist.)
    Er versucht gerade, sich an den Namen dieses Wohnblocks an der Stadtgrenze von Farmington zu erinnern, als ein weißes Cabriolet vorbeibraust und das Radargerät 85 anzeigt. Der Wagenrast unter dem gelb blinkenden Licht der Ampel vor dem Blockbuster durch, so schnell, dass Brooks das Nummernschild nicht erkennen kann, wegen der Rauchplastikabdeckung, das Zeug sollte man verbieten.
    Kein Abbremsen, die haben ihn nicht mal gesehen. Oder wenn doch, dann halten sie einfach nicht an.
    Und plötzlich kommen wir ins Spiel, wir klopfen dem alten Brooksie auf die Schulter, und er denkt, wir könnten es sein, letztes Jahr Halloween, bevor er die Auszeichnung bekam, aber dann erschien der Zeitungsartikel, und alles ging den Bach runter. Vielleicht ist das ein Test, eine zweite Chance, um zu sehen, ob er seine Lektion gelernt hat. Nur ein Aufblitzen, ein Gedanke, der schnell wie ein Elektron über den dunklen Bildschirm seines Gehirns schießt – das Bild des alten Camry von Toes Mutter mit der abgerissenen Tür und dem eingeschalteten Blinker – tink, tink, tink. Wenn er nichts unternimmt, kann auch nichts Schlimmes passieren. Aber seine Reflexe sind schneller als seine Gedanken, und seine Hände haben ihre eigenen Erinnerungen.
    Einen Augenblick lang vergisst er seine Scheinwerfer und prescht los, ein Unsichtbarer, der erst merkt, dass er blind fährt, als er den Lichtschein des Platzes verlässt und die Geschwindigkeit nicht ablesen kann. Er schaltet die Scheinwerfer ein, gibt Vollgas, und der Crown Vic gerät ins Schlingern. Er nimmt den Fuß vom Gas und bringt den Wagen wieder in seine Gewalt, schwenkt auf die linke Spur, damit ihm niemand in die Quere kommen kann.
    Er hat sie im Blick, sie sind schon ein ganzes Stück den langen Berg runter, brausen an dem Pendlerparkplatz am neuen Wal-Mart vorbei (eindrucksvoll, eindeutig eine Verbesserung gegenüber dem Caldor’s mit seinen minderwertigen Waren und lahmarschigen Kassiererinnen), vorbei am Autoschalter der chemischen Reinigung, die früher mal eine Fleet Bank war, und an den Foreign Auto Experts mit dem Parkplatz voller lebensgefährlicherFiats. Um diese Uhrzeit ist nichts mehr geöffnet, und die Ampeln blinken gelb, freie Fahrt auf der ganzen Strecke bis zur Old Farms Road (los, Brooksie, es ist Halloween, du hast uns doch nicht vergessen, oder?). Danach kommt nur noch die Route 10, bevor die lange Steigung am Avon Mountain zur Stadtgrenze führt. Er beschließt, sich zurückzuhalten, das Blaulicht nicht einzuschalten – eine Taktik, die er in dem verordneten Fahrschulunterricht gelernt hat und die seiner Natur völlig widerspricht, jetzt aber beruhigend ist, denn er weiß, er kann das Cabriolet einfach aus der Stadt geleiten und es dann West Hartford überlassen.
    Warum meldet er die Sache nicht? Er müsste bloß den Knopf drücken und sagen, dass er ein 10 - 36 hat – ein Fahrzeug, das sich einer Kontrolle entzieht –, und schon würde der Mann in der Funkzentrale sich melden und ihm sagen, was er tun soll. Aber dann müsste er sich den neuen Verfolgungsrichtlinien unterwerfen. (Danke, vielen Dank. Nett, dass du uns daran erinnerst.)
    An der Senke hinter dem Bagel-Laden verliert er den Wagen aus den Augen, entdeckt ihn wieder am Stub
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