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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Sveland
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eine Ameise, die in einem See von Limo um ihr Leben schwamm. Irgendetwas verkrampfte sich im Bauch, Emma überkreuzte die Arme als Schutz vor dem Bösen. Sie wusste plötzlich, ganz klar, dass dieses Neue ihr nicht gefiel.

Gisela schleppte den schweren Staubsauger durch die Diele ins Wohnzimmer. Ein wohlbekannter Schmerz im unteren Rücken ließ sie sich aufrichten, und sie sah sich im großen Flurspiegel. Sie schnitt eine Grimasse, war aber doch zufrieden, als sie ihr tadellos geschminktes Gesicht sah. Das graue zweiteilige Kleid war ihr privater Protest gegen die jugendliche Mode. Gegen enge Jeans und ausgeschnittene Tops, in denen erwachsene Frauen aussahen wie frühreife Teenies.
    Manchmal erschrak sie, wenn ihre wildgewachsene Tochter hereinstürmte, schmutzig und verschwitzt vom Tag im Freien. Das Fremdsein war gegenseitig. Julias Blick konnte so voller Verachtung sein, wenn sie sah, dass sich ihre Mutter abwandte. Aber beide waren ebenso überrascht, wenn hin und wieder die Trauer sie erreichte, ihnen sanft in den Nacken blies und von Sehnsucht und Nähe flüsterte, die es einmal zwischen ihnen gegeben hatte, in einem anderen Leben.
    Freitags hatte Gisela immer frei, sie arbeitete als Verkäuferin oder Kosmetikerin, so nannte sie selbst ihre Arbeit, in der Parfümerie Schmetterling.
    Sie liebte ihre freien Freitage, da konnte sie alles schön machen fürs Wochenende und in aller Ruhe das Essen vorbereiten. Heute würde es Schweinefilet mit Kartoffelstampf und Rotweinsoße geben, Carl liebte es. Den Salat aus Tomaten und Zwiebeln würde er kaum anrühren, der war für sie. Erik aß nie Gemüse, und Julia würde nur die Kartoffeln und die Soße essen. Wie sehr sie auch auf sie einredete und betonte, dass sie Protein zum Wachsen brauche, es würde ihr nicht gelingen, sie dazu zu bringen, Fleisch zu essen.
    »Ich finde es eklig!«, hatte sie neulich voller Verachtung gesagt, als Gisela fragte, warum sie das Fleisch beiseiteschob.
    »Aber du kannst nicht nur von Gemüse leben!«
    Gisela hatte Carl hilfesuchend angeschaut, der hatte sie nur ärgerlich gemustert.
    »Du isst jetzt das Fleisch! Ich will in diesem Haus nichts von irgendwelchem Vegetarier-Unsinn hören!«
    Julia hatte wütend zurückgestarrt und ihn angefaucht.
    »Ich denke ernsthaft darüber nach, Vegetarier zu werden!«
    Carl hatte laut gelacht, scharf und hart wie Porzellan.
    »Ein fleischessender Vegetarier, was! In diesem Haus wird Fleisch gegessen und damit basta!«
    Julia war in ihr Zimmer gelaufen und den ganzen Abend nicht mehr heruntergekommen. Besorgnis hatte in Gisela mit Ärger gekämpft, und schließlich hatte sie ein Tablett mit einem Glas Milch und zwei Käsebroten nach oben getragen.
    Der Staubsauger startete mit einem Brüllen, und sie ließ ihn geübt über das polierte Eichenparkett gleiten. Das war das letzte Zimmer, dann war sie fertig. Sie atmete schwer von der Anstrengung.
    Jetzt kam die Belohnung nach zwei Stunden Putzen, sie schloss sich ins Badezimmer ein und korrigierte sorgfältig ihr Make-up. Tadellos, nicht zu viel, nicht zu wenig.
    Das Badezimmer roch stark nach ihren Cremes und Parfüms, die ordentlich auf den kleinen Regalen standen. Hier war es immer sauber und schön, kleine Porzellanschalen mit getrockneten Rosen, und mittendrin der riesige Badezimmerschrank. Ein kosmetischer Altar.
    Sie cremte sich die Hände ein und sah Carls verbissenes Gesicht vor sich. Er stand schon den ganzen Sommer unter Druck, weil er auf den Bescheid der Geschäftsleitung wartete, ob er der Nachfolger von Bengt Sandström als Geschäftsführer würde. Diese Entscheidung wurde dauernd verschoben, und Carl war noch angespannter und reizbarer als sonst. Auf diese Beförderung wartete er, seit er als Zwanzigjähriger bei der Autofabrik angefangen hatte, aber irgendwie war immer nur Gisela der Grund für seine ständige Unzufriedenheit.
    Sie waren ein ungleiches Paar, niemand wusste das besser als sie. Er reserviert und ernsthaft, sie nervös und flattrig. Früher hatte sie geglaubt, er liebe sie wegen ihrer vorsichtigen, unsicheren Art. Aber nun wusste sie es besser. Er verabscheute diesen Wesenszug, genauso wie er alles andere an ihr zu verabscheuen schien.
    Und wenn sie sich hin und wieder in der Sehnsucht verlor, dass sie wie alle anderen waren, ein liebevolles, schönes Ehepaar, dann sagten ihr die Blicke der anderen sehr schnell, dass dem nicht so war.
    Niemand hätte geglaubt, dass Carl jemanden mit ihrem Hintergrund zur Ehefrau nehmen
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