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Hades

Hades

Titel: Hades
Autoren: Alexandra Adornetto
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sie als die ihre beanspruchten. Auch darin ähnelte sie unserer alten Clique. Wann immer sich ein Außenstehender in diese Ecke verirrte, sah er zu, dass er wieder wegkam, sobald er die bohrenden, missbilligenden Blicke bemerkte, die ihm zugeworfen wurden. Die perfekt frisierten Mädchen verließen ihren Stammplatz im Freien nur, wenn das Wetter ihnen gar keine Wahl ließ. Auch heute blieben sie standhaft, obwohl sich unheilverkündende graue Wolken über unseren Köpfen zusammenballten. Wie gewöhnlich versuchten sie, das fahle Sonnenlicht aufzusaugen, das den Hof in ein sanftes, scheckiges Licht hüllte, aber immer mehr hinter den Wolken verschwand. Sie hatten extra ihre Röcke ein Stück hochgeschoben, denn es durfte keine Gelegenheit zum Braunwerden versäumt werden.
    Die Halloween-Party am Freitag sorgte bereits jetzt für gute Stimmung und Aufregung. Sie sollte in einem alten Haus vor den Toren von Venus Cove stattfinden, das der Familie von Austin Knox gehörte, einem unserer Mitschüler. Sein Urgroßvater Thomas Knox, einer der Stadtgründer, hatte es 1869 erbaut, ein paar Jahre nach Ende des Bürgerkriegs. Und auch wenn die Knox es seit Jahren nicht nutzten, konnten sie das Haus nicht abreißen, weil es unter Denkmalschutz stand. Daher stand es seit langem leer, ein heruntergekommenes, abgelegenes altes Landhaus mit zwei Veranden, weit und breit nichts als Feldern und einer verlassenen Straße. Unter den Einheimischen genoss es einen gewissen gespenstischen Ruf. Austin behauptete sogar, einmal den Geist seines Urgroßvaters an einem der Fenster im ersten Stock gesehen zu haben. Laut Molly war es die ideale Party-Location: es kam nie jemand vorbei, höchstens ab und zu ein Trucker oder jemand, der eine falsche Abzweigung genommen hatte. Außerdem war es weit weg vom Ort, sodass sich niemand über den Lärm beschweren konnte. Eigentlich hatte es eine Party im kleinen Kreis werden sollen, aber die Sache hatte sich herumgesprochen und war inzwischen Schulgespräch. Sogar einige jüngere Schüler mit guten Verbindungen hatten Einladungen ergattert.
    Ich saß neben Molly, die ihre roten Locken zu einem lockeren Knoten gebändigt hatte. Sie war ungeschminkt, wodurch ihr Gesicht wirkte, als wäre es aus Porzellan – eine Porzellanpuppe mit großen blauen Augen und Kussmund. Einem Hauch von Lipgloss hatte sie nicht widerstehen können, aber um Gabriel zu gefallen, hatte sie alles andere auf ein Minimum beschränkt. Ich hatte gehofft, dass ihre hoffnungslose Verliebtheit für meinen Bruder irgendwann nachlassen würde, aber bisher schienen ihre Gefühle nur noch stärker zu werden.
    Mir gefiel Molly ungeschminkt besser. So sah sie natürlicher aus, nicht zehn Jahre älter.
    «Ich gehe als unartiges Schulmädchen», erklärte Abigail.
    «Mit anderen Worten: als du selbst», sagte Molly prustend.
    «Jetzt bin ich aber auf deine tolle Idee gespannt.»
    «Ich gehe als Glöckchen.»
    «Als was?»
    «Als Glöckchen. So heißt die Fee bei Peter Pan.»
    «Das ist nicht fair», meckerte Madison. «Wir hatten abgemacht, dass wir alle als Playboy-Bunnys gehen.»
    «Die sind doch voll out.» Molly schüttelte den Kopf. «Außerdem irgendwie billig.»
    «Moment», unterbrach ich sie. «Sollten die Kostüme nicht irgendwie gruselig sein?»
    «Ach, Bethie», antwortete Savannah seufzend. «Haben wir dir denn gar nichts beigebracht?»
    Ich lächelte verlegen. «Hilf meinem Gedächtnis auf die Sprünge.»
    «Im Grunde ist das Ganze nur ein großes …», begann Hallie.
    «Sagen wir, es ist eine Gelegenheit, mit dem anderen Geschlecht in Kontakt zu kommen», unterbrach Molly sie und warf ihr einen scharfen Blick zu. «Dein Kostüm sollte gruselig und sexy sein.»
    «Wusstet ihr, dass Halloween ursprünglich Samhain hieß?», fragte ich. «Damals hatten die Leute richtig Angst.»
    «Wer ist Sam Hain?», fragte Hallie verwirrt.
    «Nicht wer … was », sagte ich. «Das variiert von Kultur zu Kultur. Aber alle glaubten, dass an diesem einen Tag im Jahr die Welt der Toten mit der Welt der Lebendigen in Kontakt tritt und die Toten von unseren Körpern Besitz ergreifen können. Um sie auszutricksen, hat man sich verkleidet.»
    Die Mädchen starrten mich mit neuem Respekt an.
    «O Gott, Bethie», sagte Savannah erschaudernd. «Gleich kriegen wir alle die Vollkrise.»
    «Erinnert ihr euch an die Séance, die wir vor ein paar Jahren abgehalten haben?», fragte Abigail.
    Die anderen nickten begeistert.
    «Ihr habt WAS gemacht?», stotterte
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