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Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot

Titel: Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
Autoren: Peter Schwindt
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„Viel haben sie uns nicht gelassen. Nun, Gott sei Dank haben wir noch ein Dach über dem Kopf. Andere werden heute Nacht weniger haben.“
    Er bückte sich und begann langsam, die Scherben einzusammeln. Gwyn, Muriel und Humbert halfen ihm dabei.
    Als sie den Unrat vor das Haus gekippt hatten, tauchte Edwin auf. In einer Hand hielt er einen kleinen Sack. „Es sieht düster aus“, sagte er. „Die Sachsen haben unsere ganzen Vorräte mitgenommen. Außer zwei kleinen Stücken Käse, einem Dutzend Äpfel und einem Sack Korn haben wir nichts mehr.“
    „Das Silber für den Kauf der Mühle ist auch fort“, sagte der Vater und konnte seine Niedergeschlagenheit nur schwer verbergen.
    Gwyn, der auf einmal wie aufs Stichwort einen nagenden Hunger verspürte, stöhnte leise, denn er ahnte, was das bedeutete. Er kannte die Geschichten von früheren Hungerwintern. Damals hatte er noch nicht gelebt, aber den Älteren war diese Zeit noch immer gegenwärtig. Immer wieder erzählten sie stolz, wie erfindungsreich sie gewesen waren, wenn es darum ging, etwas Essbares zu organisieren. Gwyn hatte diesen Geschichten stets mehr oder weniger gelangweilt zugehört, doch nun stieg in ihm die Befürchtung auf, sich in den nächsten Tagen und Wochen selbst von der Schmackhaftigkeit einer Baumrindensuppe oder eines Rattenbratens überzeugen zu können.
    Humberts Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich glaube, in Anbetracht der Lage wäre es vermessen von mir, eure Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen. Erlaubt mir, dass ich mich auf den Weg mache.“
    „Heute Nacht noch?“, fragte Gwyn ungläubig.
    „Der Wunsch eines Gastes ist heilig“, sagte sein Vater kühl. „Wenn ein Reisender weiterziehen will, soll man ihn nicht aufhalten.“ Er verneigte sich knapp. „Ich danke Euch, dass ihr Gwyns Leben und das meiner Tochter gerettet habt.“
    Humbert verneigte sich ebenfalls. „Es war meine ritterliche Pflicht.“ Er klopfte Gwyn auf die Schulter. „Wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja wieder?“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ die Hütte.
    „Aber… du kannst ihn doch nicht einfach so gehen lassen, Vater!“, rief Gwyn.
    „Und ob ich das kann“, sagte Do Griflet und legte Holz nach. „Er muss selbst sehen, wie er sich durchschlägt. Wir haben kaum genug für uns.“
    „Kopf hoch, es ist nicht alles verloren“, sagte Muriel mit gequälter Heiterkeit und zauberte ein Ledersäckchen hervor, das sie dem Vater in die Hand drückte. Er warf einen Blick hinein und schaute seine Tochter überrascht an. „Wo hast du das her?“
    „Gespart“, sagte sie und lächelte. „Das Wollgeschäft war im letzten Jahr sehr einträglich gewesen, und da habe ich mir erlaubt, meinen persönlichen Zehnten einzubehalten.“
    „Wie bitte?“, sagte Edwin fassungslos. „Um dich zu bereichern, hast du die Familie bestohlen?“
    „Ich habe die Familie nicht bestohlen, Edwin“, antwortete Muriel scharf. „Hätte ich nicht etwas von dem Geld beiseite gelegt, stünden wir heute tatsächlich vor dem Nichts!“
    Der Vater hielt den Lederbeutel hoch. „Was hattest du damit vor?“
    Muriel lächelte verlegen. „Als ich von den Plänen mit der Mühle erfahren habe, dachte ich mir: Warum sollen nur die Männer in dieser Familie erfolgreiche Geschäftsleute sein? Ich wollte nach Ostern noch einige Lämmer kaufen, um die Herde zu vergrößern.“
    „Ohne uns zu fragen?“, giftete Edwin.
    Muriel stemmte die Hände in die Hüften. „Entschuldige, dass ich dich nicht um Erlaubnis gefragt habe. Aber nachdem ihr beide es nicht für nötig befunden habt, mich in eure Pläne für die Mühle einzuweihen, dachte ich mir, dass ich ebenfalls meine kleinen Geheimnisse haben darf.“
    „Was bildest du dir ein?“, keifte Edwin. „Du kannst froh sein, Schafe hüten zu dürfen, und nun willst du es uns Männern gleichtun?“
    „Es reicht!“, fuhr ihn sein Vater an. „Wir sollten Gott dafür danken, dass wir noch alle am Leben sind.“ Er nahm seiner Tochter das Geld ab. „Jetzt legt euch schlafen.“ Edwin wollte noch etwas sagen, doch sein Vater hob die Hand. „Und zwar alle. Morgen sehen wir weiter.“

 
    Ein Ritter im Straßengraben
     
     
    In dieser Nacht warf sich Gwyn immer wieder von einer Seite auf die andere und dachte über Sir Humbert nach. Er hatte schon immer Ritter werden wollen, nicht erst seit dem Überfall der Sachsen. Als er noch klein war, hatte ihm sein Vater manchmal Geschichten von gefährlichen Drachen und
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