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Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Titel: Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)
Autoren: Simone Keil
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schweren Vorhänge hielten das Licht fern. Die Umrisse der Möbel waren nur zu erahnen. Die Kommode mit der Waschschüssel, der Stuhl, auf dem sein Gehrock lag, die beiden Nachttischchen. Das Bett.
    Ein Klopfen drang ich sein Bewusstsein. Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, dass es sein Hinterkopf war, der gegen den Schrank schlug und das Geräusch verursachte.
    Er hörte ihre Stimme, sah ihr Gesicht, ihr Lächeln, das sich im Halbschlaf auf ihre Lippen schlich, als er sie zum Abschied küsste. Und dann sah er sie stürzen, die Arme wie zu einem Winken über den Kopf erhoben. Immer noch klebte Blut an den Manschetten seines Hemdes, seiner Weste, seinen Händen.
    Ein weiteres Klopfen. Diesmal an der Schlafzimmertür. Fräulein Weber steckte den Kopf herein. »Herr Kommissär?« Als sie keine Antwort bekam, trat sie ein. »Bitte, Herr Kommissär, Sie müssen etwas essen und sich umkleiden. In einer Stunde beginnt die Trauerfeier.«
    Kommissär Lacroix erhob sich, schob die Haushälterin wortlos aus dem Zimmer und verriegelte die Tür, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und lauschte Fräulein Webers Schritten, die langsam die Treppe hinabstieg. Gedämpfte Stimmen von unten. Noch immer schnappte die Trommel des Revolvers klackend auf und zu. Rotierte. Schnappte.
    Dann entzündete er die Petroleumlampe und starrte in den Spiegel. Seine Augen lagen in tiefen Höhlen, das Haar war zerzaust, die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Aber alles, was Guy sah, war Hedwigs Gesicht. Und wieder fiel sie und wieder presste er ihren leblosen Körper an sich. Er hob den Arm, steckte sich den kalten Lauf in den Mund und betätigte den Abzug. Nur ein Klicken.
    Guy atmete aus, legte den Revolver in den mit Samt ausgeschlagenen Kasten und schloss den Deckel. Er wusch sich mit kaltem Wasser, zog sich ein frisches weißes Hemd an, putzte seine schwarzen Schuhe, nahm eine Weste aus dem Schrank, betrachtete sie einen Moment und hängte sie zurück auf den Bügel. Dann nahm er die blutige Weste vom Bett und zog sie an. Gewissenhaft schloss er die Knöpfe. Als Fräulein Weber noch einmal an der Tür klopfte und ihn mit ängstlicher Stimme darauf hinwies, dass es höchste Zeit sei, setzte er gerade den Zylinder auf und streifte seine Lederhandschuhe über.
    »Ich bin soweit«, sagte er und Fräulein Weber stieß erleichtert den Atem aus.
    Bevor er mit ihr in die Eingangshalle ging, verstaute er den Pistolenkoffer im obersten Regal des Kleiderschrankes und würde ihn von Stunde an nicht wieder hervorholen. Nie wieder würde Kommissär Lacroix eine Schusswaffe anrühren. Niemals wieder.
     
    Die Worte des Priesters drangen als monotones Rauschen in Guys Bewusstsein. Die Stimme klang blechern, mechanisch verstärkt durch das integrierte Mikrofon seiner Rußmaske. Die Lautsprecher knarzten, gefolgt von einem schrillen Pfeifen. Schwarze Flocken fielen vom Himmel und wirbelten zwischen den wenigen Anwesenden umher. Fräulein Webers Schultern zuckten unkontrolliert. Sie weinte in ihre Schutzmaske. In der Hand hielt sie ein verschmutztes Taschentuch, mit dem sie über die Brillengläser wischte, die sofort wieder zugeschneit wurden.
    Hedwigs Sarg hing an Ketten über dem Loch. Das Grabmal, der Eingang zu den unterirdischen Krematorien. Aber für die Bürger Cölns war es nur das »Loch«. Bizarr. Das alles war zu bizarr, um ein Traum zu sein. Guy würde nicht aufwachen, Hedwigs Kopf in seiner Armbeuge, ihren Atem auf seiner Haut. Er würde schlafen und schlafen, bis an sein Ende.
    Guys Vater war noch in Erde beigesetzt worden, an der Seite seiner Frau. Mit einem Grabstein am Kopfende und Platz für Blumen und stilles Gedenken. Nachdem Paragraph 14 des Strahlenschutzprogramms in Kraft getreten war, rückten die Maschinen an. Zerpflügten die Beete mit ihren Ketten, rissen die Steine von den Grabstätten, nahmen den Toten ihre Namen, den Hinterbliebenen den Ort, an dem sie ihnen nahe sein konnten.
    Eine Notwendigkeit, hatte es die DMG genannt. Bürgermeister Bauer hatte die Hände gerungen und mit betretener Stimme verkündet, dass die Exhumierung der Leichen ein notwendiges Übel sei, eine unvermeidliche Schutzmaßnahme. Die Jungfer hatte sogar geschluchzt, bevor sie ihm mit kaum hörbarer Stimme zustimmte. Und die Schafe haben nicht einmal mehr geblökt. Zu groß war die Furcht vor der Strahlenkrankheit und die Unsicherheit über das tatsächliche Ausmaß der Bedrohung.
    Guy wusste, was die DMG wirklich damit bezweckte, er hatte
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