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Guardian Angelinos: Die zweite Chance (German Edition)

Guardian Angelinos: Die zweite Chance (German Edition)

Titel: Guardian Angelinos: Die zweite Chance (German Edition)
Autoren: Roxanne St. Claire
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Augenschein, welche zu dieser nächtlichen Stunde im Dunkeln lagen. Die ganze Gegend um Somerville war eigentlich ziemlich ruhig, außerdem waren jetzt im Sommer auch die meisten Studenten fort, die sonst hier wohnten. Sie beugte sich hinüber und versuchte, den Abstand zum Boden zu schätzen. Vielleicht doch keine viereinhalb Meter. Vielleicht nur dreieinhalb, und wenn sie sich seitlich herunterhängen ließ, nur noch etwa zwei Meter bis zum weichen Rasen unten. Ein bisschen riskant, aber nicht direkt wie Fallschirmspringen ohne Fallschirm.
    Die andere Möglichkeit war, Regenrinne und Fenstersims zu benutzen, was in Filmen immer so einfach aussah, sich aber wahrscheinlich im echten Leben nicht so leicht bewerkstelligen ließ. Davon abgesehen hatte Mrs Brody einen leichten Schlaf, und es handelte sich um ihr Badezimmerfenster – welches so nah am Schlafzimmer lag, dass sie Sam dort hören würde. Das Licht würde angemacht, Fragen würden gestellt werden, und falls jemand das Haus überwachte, würden sämtliche Alarmglocken bei ihm angehen.
    Sam entschied sich fürs Springen. Sie kletterte über das Geländer und brachte sich in Position, wobei sich ein Holzsplitter in ihren Finger bohrte. Tapfer ignorierte sie den stechenden Schmerz, schielte zum Boden hinunter, und das Herz blieb ihr stehen.
    Wenn sie sich nun ein Bein brach –
    Verdammt. Sam, hör auf, deine Entscheidungen zu hinterfragen und spring.
    Ein Auto fuhr die Loring Street entlang, und auf Garten und Hausseite fiel diffuses Licht, das sich nur langsam vom Fleck bewegte. Viel zu langsam. Vielleicht langsam genug, um Fotos von ihrem Haus zu machen? Um einen Einbruch zu planen, bei dem man der Zeugin eine Kugel in den Kopf jagen konnte?
    Ja, zum Teufel, langsam genug dafür.
    Sie ließ los, befand sich eine Sekunde lang in unwirklich erscheinendem freien Fall, der wie in Zeitlupe ablief, die Luft rauschte an ihren Ohren vorbei, und es wehte ihr fast die Perücke vom Kopf. Mit einem dumpfen Aufprall landete sie, rollte sich nach rechts ab, blieb dann bewegungslos liegen und wartete auf den Schmerz eines gebrochenen Knochens.
    Alles drehte sich. Sie steckte ein paar verirrte Haare wieder zurück unter die falschen, drahtigen und machte sich auf zur hinteren Gartenecke mit den kaputten Latten, wo sie vor ein paar Wochen die Nachbarskinder beim Versteckspielen hinein- und hinausschlüpfen gesehen hatte.
    Damals, in den guten alten Zeiten, als sie noch auf ihrem eigenen Balkon sitzen konnte und nicht darauf warten musste, dass die Kugel eines Heckenschützen sie traf.
    Die Latten ließen sich leicht anheben, genauso wie bei den Kindern. Der Durchgang dahinter führte zwischen den Zäunen der Nachbargrundstücke hindurch, diente lediglich als Abstellplatz für Müllcontainer und Unrat und war kaum breit genug für ein Auto. Sam verfiel in ein lockeres Joggen, nicht so schnell, dass sie Aufmerksamkeit erregte, und nicht so langsam, dass sie erschossen werden konnte.
    Der Strecke folgend, die sie im Voraus auf ihrer mentalen Landkarte geplant hatte, preschte sie über die erste Kreuzung, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen war. Die Lichter der Hauptstraße strahlten wie Leuchtfeuer, und als sie den ersten Blick auf ein gelbes Taxi erhaschte, entlockte das ihren Lippen ein zufriedenes »Jawoll!«
    Als sie näherkam, richtete sich der Fahrer auf, der wahrscheinlich gerade aus einem Nickerchen erwacht war. Während sie die Tür öffnete und er sich zu ihr umdrehte, rechnete sie eine schreckliche Sekunde lang halb damit, in sein Gesicht zu blicken. Hakennase. Pockennarben. Schallgedämpfte Pistole.
    Aber es war nur ein verschlafener Farbiger, der sie ansah und ihr zunickte, während sie sich auf den Rücksitz fallen ließ und die Tür zuschlug.
    »Brookline. Ecke Tappan, Beacon am Washington Square.« Sie rutschte im Sitz tief nach unten und hüllte sich in Dunkelheit.
    »Rennen Sie vor jemand weg, Miss?«
    Jemand. »Bitte, fahren Sie einfach. Ich hab’s eilig.«
    Er verstand die Botschaft und fuhr schweigend die Mass Ave entlang, über den Charles, wo ihr Herz im Takt mit den Schlägen der Reifen auf der Brücke pochte. Als sie auf der Bostoner Seite des Flusses angekommen waren, näherte ihr Puls sich allmählich wieder normalen Werten.
    Sie legte die Hand auf das Handy in ihrer Tasche, widerstand aber dem Drang, es herauszuholen, anzuschalten und die Nachrichten zu lesen, die Vivi ihr möglicherweise noch geschickt hatte. Sie würde ihr alles erzählen,
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