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Grundwache

Grundwache

Titel: Grundwache
Autoren: Laurent Bach
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Bodenplatten aus Riffelstahl. Warum musterte Kolja ihn so intensiv? Vitalis geschorener Kopf erschien im Schott, sie hatten sich nach dem Morgenappell kurz vor dem Ablegen bekanntgemacht. Er war ebenso wie alle anderen Besatzungsmitglieder nicht größer als 1,67 Meter bei einem Körpergewicht von maximal 55 kg. Vitalis markant geschnittene Augen, die von innen zu strahlen schienen, richteten sich wie Scheinwerfer auf Alexejs Gesicht und glitten an seinem Körper hinunter. Alexej schluckte, ein Schauder ergriff ihn, als dieser Scan an ihm durchgeführt wurde.
    „Du musst los. Wir sind auf halber Kraft. Der Kapitän plant gleich eine Schleichfahrt.“
    Er nickte und lächelte, als beide sich auf der schmalen Laufplanke aneinander vorbeidrehten, damit sein Kamerad das Bett erreichte. Über Vitalis Schulter hinweg bemerkte er, dass der Bootsmann Kolja seine Augen misstrauisch zusammenkniff. Er polterte:
    „Rosano v, auf deinen Posten. Lass das Flirten!“
    Alexej zuckte zusammen , als die Matrosen innehielten und ihn teils belustigt, teils verwundert anschauten. Hatte man es ihm angesehen? Nur wegen des Lächelns? Nie und nimmer durfte er lächeln, jedenfalls nicht ins Angesicht eines hübschen Mannes.
    „Zu Befehl, Bootsmann!“ Schneidig schmetterte er die Worte heraus und sogleich schien Kolja besänftigt. Auch die Kameraden wandten sich wieder ihren Beschäftigungen zu. Ein Mechaniker kroch mit Werkzeug zwischen den Metallschränken, Leitungen und Handrädern hin und her, um die Ladevorrichtung der Torpedos zu prüfen. Kettenzüge rasselten, metallisches Klappern überall. Alexej hätte gern eine Koje in der 3. Abteilung gehabt, in der Nähe des E-Maschinenraums, doch dort logierten die Kollegen, die bereits länger auf dem Boot Dienst taten.
    Der E-Motor war unsichtbar, nichts stampfte oder vibrierte, nur ein leises Summen zeigte an, dass die Antriebswelle arbeitete. Von fern hörte er diverse Stimmen, Befehle, Anordnungen, der Maschinentelegraf zeigte halbe Kraft an, der Tiefenmesser 30 Meter.
    Durch das Sprechrohr kam der Befehl: „Auf Schleichfahrt gehen.“
    Der diensthabende E-Maschinist wiederholte den Befehl und betätigte die Schalter, die den Schleichfahrtmotor in Betrieb setzten. Alexej nahm seinen Posten ein und behielt die Anzeigen der Batterien im Auge.
    „Gehen wir gleich auf lautlos?“, wagte er zu fragen. Der Ingenieur wiegte den Kopf, ohne seine Apparaturen aus dem Auge zu lassen.
    „Gut möglich. Wir haben so viele Frischlinge wie dich an Bord, dass ihr erst lernen müsst, die Schnauze zu halten. Und jetzt kümmere dich um die Verkabelung der Beleuchtung im Isolationsraum, da hat es geschmort.“
    Alexej ergriff einen kleinen Werkzeugkoffer und machte sich auf in das obere Deck. Die Isolationskammer lag in der Nähe der Uffz-Messe und war nur über die enge Toilette zu erreichen. Um Ansteckungen zu vermeiden, wurde ein an Infektionen Erkrankter in diese Kammer verwiesen und der Arzt konnte sich anschließend in der Toilette waschen, um die Krankheit nicht weiterzutragen. Die Zuleitung zum Ventilator war verschmort, das sa h Alexej auf den ersten Blick. Zuerst machte er sich im Handbuch schlau, wo die Sicherungen des Isolationsraum saßen, und schaltete sie aus. Als er dann die alte, stoffummantelte Leitung abriss, bröselte ein ganzes Stück ebenfalls unter seiner Zange weg. Welcher Idiot hatte diese uralte Leitungen verlegt? Er seufzte. Mit der Wartung des Bootes war es nicht weit her, das hatte er schon beim ersten Betreten gemerkt. Hier musste er klotzen, nicht kleckern. Nach dem Durchsteigen von drei runden Schotts besorgte er sich drei Meter neue Leitung, um die Sache grundlegend anzugehend. Inzwischen war er in Schweiß gebadet, die Luft war seinem Empfinden nach noch wärmer geworden als beim Auslaufen. Plötzlich ertönte die Lautsprecherdurchsage: „Auf lautlos gehen, auf lautlos.“ Alexej erstarrte, lauschte und ging langsam in die Hocke, um das Werkzeug langsam zurück in den Kasten zu legen. Eine Tür knarrte, doch dann erstarben sämtliche Geräusche, Stimmen und Motoren. Alexej wusste, dass alle Offiziere nun jedes Husten, jedes Räuspern mit hochgezogenen Augenbrauen quittieren würden und dass die Strafen so gut wie sicher nach Beendigung der Schleichfahrt ausgesprochen wurden. Gut, dass Kolja jetzt nicht in seiner Nähe war, es schien Alexej, dass er ihn auf dem Kieker hatte. Wenn Kolja merkte, dass er schwul war, konnte er gleich einen Strick nehmen. Ob er hier warten
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