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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel
Autoren: Horst Biernath
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vergingen. In der Nähe hatte eine Ampel grünes Licht gegeben und einen Strom von Fahrzeugen auf die Reise geschickt. Zum Schluß kam noch eine Trambahn daher. Endlich gelang es Guntram, auf die rechte Fahrbahn herüberzukommen. Klaus Adami spielte den Lotsen, er dirigierte Guntram zuerst geradeaus, dann nach links über die Promenade, an einem Krankenhaus vorbei, wo sie durch Rotlicht gestoppt wurden, und endlich in die engen Gassen der Altstadt hinein, deren Häuser nach der Zerstörung in der gleichen Enge und Schmalbrüstigkeit aufgebaut worden waren, wie sie seit dem Mittelalter gestanden hatten. Und dann bogen sie in die Alte Grabenstraße ein. Links lagen die ungeraden, rechts die geraden Hausnummern... 15 — 16 — 17... Guntram bremste, daß Klaus Adami gegen das Rückenpolster prallte.
    Es war ein dreistöckiges Haus mit Mansarden unter dem Walmdach. Die meisten Fenster der Straßenfront waren geöffnet, denn sie lagen im Schatten. Im Parterrefenster neben der Haustür hing eine ältere Frau mit überquellenden Formen halb im Freien. Sie schien unter Luftmangel zu leiden, denn ihre Brust ging wie ein Blasebalg.
    »Wissen Sie zufällig, ob Herr Freytag in diesem Haus wohnt?« fragte Guntram die Dicke.
    »Klar«, keuchte sie asthmatisch, »der wohnt hier. Erster Stock links bei Klippstein. Aber wenn Sie ihn treffen wollen, da werden Sie kein Glück nicht haben. Der ist vor zehn Minuten wie der Wind 'rauf und wie der Wind 'runter. Koffer in den Wagen und fort wie der Blitz...«
    »Wohin?«
    Die Dicke ließ einen Arm aus dem Fenster fallen und wedelte nach links: »Dort nunter un heidi um die Ecke, daß ich dachte, der bricht sich das Genick.«
    »Hoffentlich«, knurrte Guntram und ging zum Wagen zurück. Er brauchte seinen Begleitern nichts zu erklären, sie hatten den kurzen Dialog mitbekommen.
    »Und was nun?« fragte er mutlos.
    »Nichts als 'rein in den Wagen und auf zu Zmorski«, befahl Strachwitz, der die Leitung des Unternehmens in die Hand nahm. »Fahren Sie mit vollem Hupengeheul in den Hof hinein. Ein Jammer, daß wir keine Polizeisirene haben.«
    »Es ist ein italienisches Horn, die Posaunen von Jericho sind dagegen die reinen Kindertrompeten.«
    »Dann also los, Guntram! Und lassen Sie den Kopf nicht hängen! Drücken Sie auf den Pinsel und fahren Sie wie die Feuerwehr auf den Hof.«
    Wieder war es Klaus Adami, der Guntram durch das Gassengewirr leitete: »Sehen Sie den alten Torbogen aus rotem Sandstein? Das ist der Hof, den wir suchen.«
    Strachwitz griff nach links hinüber und drückte den Daumen auf den Signalknopf am Steuerrad. Die drei oder vier Passanten auf der Straße riß es herum und zur Seite, und es riß auch Herrn Zmorski von seinem Stuhl, als der Wagen heulend in den Hof hineinschoß und mit quietschenden Bremsen drei Meter vor seinem Bauch hielt.
    »Sind Se total plemplem?« brüllte er und sprang einen halben Meter zurück, um sich in Sicherheit zu bringen. Sein Bauch schwappte empor, aber der Gürtel hielt die Hose. Sein mächtiger Oberkörper mit schwarz behaarten Gorillaarmen stak in einem verschwitzten, ärmellosen Unterhemd. Der graue Homburg drückte seine roten Ohrmuscheln herunter.
    Guntram und Strachwitz sprangen aus dem Wagen. Strachwitz überragte Zmorski um einen ganzen Kopf.
    »Heißen Sie Zmorski?« fragte er scharf.
    »Bin ich. Und wer sind Sie?«
    »War ein Mann namens Freytag vor zehn Minuten bei Ihnen?«
    »Jawoll, aber...«
    »Wissen Sie, wohin er geflüchtet ist? Wenn ja, machen Sie sich der Mittäterschaft schuldig, wenn Sie es verschweigen!«
    Das ging Schlag auf Schlag, Zmorski kam kaum dazu, den Mund aufzumachen. Man sah ihm an, daß ihm die Geschichte höchst unheimlich wurde.
    »Polente...«, stotterte er, »sind Se von...«
    Guntram trat in Aktion. Er zog Viktorias Vollmacht aus der Brieftasche und hielt sie Zmorski vor die Nase: »Ich gehöre nicht zur Polizei«, antwortete er scharf, aber vieldeutig und überließ es Zmorski, zu glauben, daß Strachwitz Kriminalbeamter sei. »Ich handle im Auftrag von Frau Mellin, aus deren Geschäft die von Freytag unterschlagenen Apparate stammen.«
    Zmorski wollte etwas einwenden, aber Guntram pfiff ihn an. »Erzählen Sie mir nicht, daß Sie nicht wußten, daß es sich um gestohlene Apparate handelte.«
    »Rücken Sie die Apparate freiwillig heraus oder muß ich schärfere Mittel anwenden?« fragte Strachwitz streng und klapperte mit einem Schlüsselbund in seiner Hosentasche. Es klang wie das Geschepper von
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