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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel
Autoren: Horst Biernath
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ganz, als ob Sie zu Hause wären«, sagte Guntram anzüglich. Aber Strachwitz war zu sehr in Gedanken, um die kleine Spritze zurückzugeben. Er schenkte sich Kaffee ein und schlürfte ihn schwarz und bitter. »Similia similibus... «, ächzte er. Hitze konnte man nur durch Hitze bekämpfen. Das hatte er in Nordafrika als Panzerschütze gelernt.
    »Und nun strengen Sie Ihre eingleisige Architektenphantasie mal ein bißchen an, Guntram«, sagte er vom Kaffee ermuntert.
    »Was haben Sie bloß?« fragte Guntram unsicher.
    Strachwitz warf einen Blick auf seine Armbanduhr: »Schätzungsweise in dieser Minute erscheint also unser Freund Freytag bei Mister Zmorski, um zu fragen, was eigentlich los sei. Zmorski seinerseits wird ein dummes Gesicht machen und Freytag fragen, ob ihm die Hitze geschadet habe. Was wird nun Freytag tun? Er wird Zmorski selbstverständlich Ihren famosen Zettel vorzeigen, und Zmorski wird Stein und Bein schwören, den Brief nie im Leben geschrieben zu haben. Und Freytag wird im gleichen Augenblick merken, daß er in eine Falle hineingelaufen ist.«
    »Aber Menschenskind, Strachwitz! Das ist doch der Zweck der Übung«, rief Guntram. »Ich verstehe wahrhaftig nicht, was Sie eigentlich wollen.«
    »Dann versetzen Sie sich jetzt einmal in Freytags Lage. Er hält also den Zettel, der nicht von Zmorski stammt, in der Hand...«
    »Sie machen es aber mächtig plastisch«, spöttelte Guntram.
    »Ihnen wird gleich plastisch zumute werden, Guntram. Denn jetzt weiß Freytag also, daß Zmorski den Zettel nicht geschrieben hat. Also muß ihn ein anderer geschrieben haben.«
    »Diese Logik ist messerscharf«, grinste Guntram ironisch.
    »... aber derjenige, der ihm die alarmierende Botschaft zukommen ließ, kann sie nur verfaßt haben, weil er Freytags Unterschlagungen im Geschäft auf die Spur gekommen ist. Ist das auch noch logisch?«
    Guntram wurde plötzlich sehr aufmerksam und wach. Er hob das Gesicht und starrte Strachwitz an.
    »Bleiben Sie noch ein Weilchen in Freytags Haut«, sagte Strachwitz. »Was würden Sie jetzt an seiner Stelle tun? Er muß doch damit rechnen, daß derjenige, der ihn in die Falle laufen ließ, ihn beobachtet und ihn höchstwahrscheinlich im Geschäft erwartet. Na, ist das logisch oder nicht?« Die Frage kam wie ein Pistolenschuß, und sie hatte auf Guntram die Wirkung eines Schusses.
    Er schlug plötzlich die Hand vor die Stirn: »Ich Idiot«, keuchte er, »ich hirnverbrannter Idiot!«
    »Ich bin das gleiche Rindvieh wie Sie«, knurrte Strachwitz, »denn weshalb fällt mir das erst jetzt ein?!« Er wirbelte im Büro herum, stieß den Papierkorb, der ihm im Wege stand, mit einem wütenden Fußtritt beiseite und rannte zur Tür: »Los, Guntram, kommen Sie, aber rasch!« Er zog Guntram mit sich und rannte mit ihm durch den Laden. Die Angestellten hatten das Gefühl, Guntram wehe wie ein Blatt im Sog dieses kolossalen Mannsbildes hinterdrein.
    »Und wenn er doch ins Geschäft zurückkommt?«
    »Dann erwischen wir ihn unterwegs!«
    Strachwitz riß die Ladentür auf und prallte, kaum auf die Straße gekommen, auf den atemlos daherstürmenden Klaus Adami.
    »Er war bei Zmorski«, schrie der junge Mann völlig außer Atem, »und dann ist er getürmt. Manfred Zöllner sah ihn aus Zmorskis Bude herausschießen. Er hatte den Koffer noch in der Hand. Auf dem Weg über den Hof schmiß er ihn einfach auf das herumliegende Gerümpel. Manfred verhandelte gerade mit dem Burschen, der bei Zmorski den Schrott sortiert. Alles kam so überraschend für ihn, daß er Freytag schon aus den Augen verloren hatte, als er endlich auf die Straße kam. Dort zweigt eine Gasse nach der anderen ab.«
    Guntram lief ins Geschäft zurück. Herr Balzer war gerade dabei, Herrn Wohlers die erstaunlichen Neuigkeiten über Freytag anzuvertrauen, als Guntram in den Laden stürzte.
    »Wo wohnt Freytag?«
    »In der Alten Grabenstraße 17.«
    »Besitzt er einen Wagen?«
    »Ja, einen kleinen Fiat.«
    »Sollte Freytag ins Geschäft kommen, so halten Sie ihn zurück«, rief Guntram ihm zu, und bereits wieder an der Tür, »nötigenfalls mit Gewalt!«
    Draußen standen Strachwitz und Klaus Adami schon am Wagen. Guntram setzte sich hinters Steuer, Klaus Adami klemmte sich auf den Notsitz, und auch Herr Strachwitz brachte seine endlos langen Beine irgendwie unter.
    »Kennen Sie die Alte Grabenstraße, Klaus?«
    »Ja, meine Bude liegt ganz in der Nähe. Stoßen Sie zurück und wenden Sie, Herr Guntram. «
    Kostbare Sekunden
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