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Großstadtvampire (German Edition)

Großstadtvampire (German Edition)

Titel: Großstadtvampire (German Edition)
Autoren: Thomas Fröhlich
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Liege und grinste Johannes an. An seiner Ellenbogeninnenseite klebte ein Pflaster. Johannes stand beim großen Kühlschrank am Ende des Raumes und legte die Blutkonserve, die er soeben von Herrn Schneider abgehängt hatte, hinein. Es war später Nachmittag und der Kühlschrank war angefüllt mit Blutkonserven, die im Laufe des Abends vom Labor abgeholt werden würden, um nach Blutgruppen sortiert und anschließend auf Krankheiten untersucht zu werden.
    "Wollen Sie noch ein Glas Orangensaft?", fragte er, "Es ist noch genügend da."
    "Ne, danke. Ich muss los." entgegnete ihm Herr Schneider und sprang von der Liege auf. Johannes ahnte, was kommen würde und stürzte ihm entgegen. Da wankte Herr Schneider auch schon und war kurz davor, sein Gleichgewicht zu verlieren. Johannes konnte ihn gerade noch rechtzeitig auffangen.
    "Das war aber knapp, Herr Schneider!", sagte Johannes erleichtert, als sich der Rentner wieder gefangen hatte.
    "Es geht schon wieder", entgegnete dieser leicht indigniert. Johannes hielt ihn sicherheitshalber an den Schultern fest.
    "Wollen Sie sich nicht lieber einen Moment hinsetzen?", versuchte er ihn zu überzeugen.
    "Schon komisch.", wunderte sich Herr Schneider lächelnd, "Muss wohl das Alter sein. Neuerdings fühl ich mich immer, als hätte ich für zwei gespendet."
    "Kann doch jedem passieren. Und selbst wenn Sie für zwei gespendet hätten, wäre es doch für eine gute Sache, oder?", lächelt Johannes Herrn Schneider etwas verlegen an. "Vielleicht doch noch einen Orangensaft?"
    "Nein wirklich. Es geht schon wieder." Herr Schneider wurde energisch. "Ich muss weiter und einkaufen gehen. Sonst wird es zu spät. Die Läden machen ja bald zu."
    "Wie Sie meinen", gab Johannes nach und musterte den Rentner noch einmal, bevor er ihn losließ. "Aber schön vorsichtig, Herr Schneider. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn Sie auf der Straße zusammenklappen."
    Herr Schneider tat beleidigt. "Hören Sie, ich mach das doch nicht zum ersten Mal. Ich weiß schon, wenn es nicht geht." Und wirklich, Herr Schneider hatte sich wieder gefangen und ging selbstsicher auf die Tür zu. "Bis zum nächsten Mal", rief er und war verschwunden.
    "Ja, bis zum nächsten Mal", antwortete Johannes und blickte ihm einen Moment hinterher. Die Uhr über der Tür zeigte an, dass es bereits 18:30 Uhr und Johannes' Schicht eigentlich schon seit einer halben Stunde vorbei war. Johannes wandte sich dem Nachttisch zu und blickte sich um, um sicherzugehen, dass er alleine war. Er schob das Tischchen von der Wand und löste einen prall gefüllten Blutbeutel aus der Schlauchkonstruktion im Inneren des Nachttisches.
    "Wenn Sie wüssten, Herr Schneider. Wenn Sie wüssten", flüsterte er zu sich selbst. Danach montierte er mit ein paar routinierten Handgriffen die Schlauchkonstruktion ab und packte anschließend beides in seinen Rucksack, der neben dem Kühlschrank auf dem Boden lag. Im Rucksack befanden sich schon einige Blutbeutel und Johannes überzeugte sich, dass sie gut lagen und von außen nicht zu sehen waren, bevor er den Rucksack zuschnürte.
    "So, Feierabend", stellte er fest und zog dabei seinen weißen Kittel aus.
     
     

Arno hob den Kopf. Es war zwar noch früh am Abend, aber dennoch war es zu ruhig in der Kellerbar . Arnos Alter lag unbestimmbar irgendwo zwischen fünfundvierzig und sechzig. Er trug eine zeitlose, man könnte auch sagen nachlässige Sweatshirt-Jeans-Kombination und sein Haar, das schon viel zu lange keiner Schere mehr begegnet war, hing ihm dünn und grau bis auf die Schultern herab. Ohne dass er dabei fett wirkte, konnte man seiner mächtigen Gestalt ansehen, dass er ein Genussmensch war. Er saß auf einem Hocker am Tresen und blickte sich kritisch in seiner Bar um.
    Eine parallel zur Wand laufende Theke dominierte den in dunklen Rot- und Grüntönen gehaltenen Raum. Seitlich und im hinteren Bereich befanden sich kleinere Räume mit mehreren Tischen. Zugegeben, die Wände hätten mal wieder gestrichen werden können. Aber anderseits konnte man noch ein, zwei Jahre warten, bevor es wirklich zu abgeranzt aussah, überlegte Arno. Wenn die Kneipe richtig voll war, fiel es überhaupt nicht auf. Aber die Kellerbar war verdammt noch mal nicht voll und das nun schon seit einigen Wochen. Man konnte es auch anders formulieren: Es herrschte wieder mal gähnende Leere.
    Sicher, die Bar war nicht mehr so populär wie zu Anfang, als Arno sie kurz nach dem Mauerfall schräg gegenüber des ehemaligen Kaufhauses und
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