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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Autoren: Rafael Abalos
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und kratzte sich am Kopf. »Vielleicht verstecken wir den Schatz lieber in der Nähe der Hütte und kommen gegen Abend zurück, um den Verstorbenen zu begraben, bevor es dunkel wird. Ein guter Christ überlässt den Leib eines Toten nicht den wilden Tieren. Anschließend nehmen wir als Lohn für die Gefälligkeit den Schatz an uns, dann findet seine Seele ihren Frieden mit Gott und unsere bleibt frei von jeder Sünde.«
    Bei den letzten Worten bekreuzigte er sich wie ein predigender Mönch.
    »Wir sollten dem Abt von Brinkum Bescheid sagen«, meinte Grimpow trocken.
    Durlib machte keinen Hehl aus seiner Verwunderung über den Vorschlag des Freundes. »Dem Abt von Brinkum? Das ist der größte Dieb in dieser Gegend, seit die Welt erschaffen wurde! Wenn er den Schatz zu Gesicht bekommt, streicht er ihn ganz gewiss als Entgelt für die vielen Messen und Gebete ein, die seine Abtei dem Seelenheil des toten Edelmannes jeden Tag widmen wird«, gab Durlib voller Hohn zurück.
    »Aber er könnte feststellen, um wen es sich bei dem Toten handelt, und dafür sorgen, dass er in der Klosterkirche beerdigt wird, wie es einem Edelmann gebührt«, entgegnete Grimpow hartnäckig.
    »Das Quartier für einen so vortrefflichen adligen Verstorbenen wird der gute Abt sich ebenfalls ohne jeden Zweifel großzügig entlohnen lassen«, erklärte Durlib, und sein Tonfall wurde dabei noch ironischer.
    »Damit haben wir nichts zu schaffen«, sagte der Junge verächtlich.
    Aus Durlibs plötzlichem Schweigen schloss Grimpow, dass er sich geschlagen gab.
    »Ich frage mich, wer wohl mit solch einem Schatz in der Satteltasche allein durch die Berge hier reitet«, meldete Durlib sich nach einer Weile nachdenklich zu Wort.
    Grimpow war nicht klar, ob die Frage an ihn gerichtet war oder ob sein Freund sie sich selbst stellte. »Hast du eine Vermutung?«, wollte er wissen.
    »Vielleicht ist er einer der Kreuzritter, die Vorjahren mit den Schätzen der Ungläubigen aus dem Heiligen Land zurückgekehrt sind, oder ein Pilger, der in einsamer Buße zu den Reliquien eines heiligen Apostels unterwegs ist, um sich von seinen Sünden reinzuwaschen. Es könnte sich auch um einen entmachteten König aus einem fernen Reich handeln, der mit dem geflohen ist, was in seine Satteltasche gepasst hat, oder um einen Strauchdieb wie wir, der mit dieser prunkvollen Kleidung seine Untaten vertuschen will. Jedenfalls glaube ich nicht, dass er aus der Gegend stammt. Ich habe noch nie derartige Dolche gesehen, aus bestem Eisen und mit so vielen herrlichen Edelsteinen auf den Elfenbeinschäften«, antwortete Durlib wenig überzeugt.
    »Offenbar hatte er eine Nachricht zu überbringen«, sagte Grimpow und deutete auf den versiegelten Brief.
    Durlib griff danach und betrachtete ihn von allen Seiten. Dann zog er das goldene Petschaft aus der Schatulle und verglich es mit dem Abdruck im Siegellack. Es war eine seltsame Schlange, die sich in den Schwanz biss und so mit ihrem Körper einen Kreis beschrieb, der von unverständlichen Zeichen umgeben war.
    »Das Siegel stammt eindeutig von diesem Petschaft«, bestätigte er, nachdem er beide eingehend miteinander verglichen hatte.
    »Wenn wir es aufbrechen, erfahren wir vielleicht etwas über den Toten.«
    Durlib sah Grimpow erwartungsvoll an, als suchte er im Blick des Jungen nach der Bestätigung, dass auch er den Inhalt des Schreibens kennenlernen wollte. Genau in diesem Augenblick begann Grimpow, die verborgene Macht des Steins wahrzunehmen, während er diesen wie ein Spielzeug mechanisch in der Hand kreisen ließ.
    »Brich es auf«, erwiderte er, ohne zu zögern.
    Durlib löste das Siegel mithilfe des kleineren Dolchs, doch aus seiner Miene war zu schließen, dass ihnen das Öffnen der Nachricht gar nichts brachte. Sie war nämlich in Geheimschrift verfasst.
    »Was haben diese komischen Schriftzeichen wohl zu bedeuten?«, fragte er halblaut.
    Grimpow bat ihn um den Brief. Kaum hatte er die Zeilen vor Augen, da reihten sich die Wörter in seinem Kopf auch schon aneinander, als bärge diese seltsame Zeichenfolge keinerlei Geheimnis für ihn.

    »Im Himmel sind das Dunkel und das Licht. Aidor Bilbicum. Straßburg«, las Grimpow flüssig vor, ohne zu begreifen, warum ihm ausgerechnet diese und keine anderen Worte über die Lippen kamen, während vor seinem geistigen Auge zahllose unwirkliche, wirre Bilder erschienen.
    Durlib sah ihn mit einer Mischung aus Verblüffung und Argwohn an. »Wieso verstehst du, was da steht?«
    »Ich
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