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Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)

Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)

Titel: Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)
Autoren: John Shirley
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schließlich herauskam, sah man ihm seine Trauer deutlich an. Zu dieser Zeit begann die
Todesdogge
Denswoz, sich immer in der Nähe des Kaisers aufzuhalten. Denswoz schien Napoleon ständig Dinge einzuflüstern, und irgendwann gab er ihm schließlich diese geheimnisvollen Münzen.
    Waren es tatsächlich die Münzen von Zakynthos, das Spielzeug von Caligula und Nero? Kessler war sich nicht sicher.
    Johann Kessler war von Napoleons „Hof“ auf Elba als Gesandter nach Deutschland geschickt worden, um bei jenen deutschen Adligen, die nicht gut auf Erzherzog Karl von Österreich zu sprechen waren, finanzielle Unterstützung für die Rückkehr des Kaisers zu erbitten. Diese Aufgabe konnte er jedoch nicht ausführen, da Kessler eigentlich Geheimagent in Karls Auftrag war. Der Erzherzog hasste Napoleon Bonaparte.
    Inzwischen bewunderte Kessler Napoleon. Das Genie und die Visionen des „kleinen Generals“ standen außer Frage, und Kessler hätte es vorgezogen, wenn er auf Elba in Sicherheit geblieben wäre. Doch er hatte erst zu spät von der Flucht von Elba erfahren, um noch rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, diese noch aufzuhalten. Außerdem war er Napoleon in aufrichtiger Freundschaft verbunden und hatte sich nicht zu drastischeren Schritten durchringen können.
    Napoleon sah von der Karte auf, als Denswoz auf einem Pferd und in Begleitung eines Mannes mit schütterem Haar und kindlichem Gesicht eintraf, den Kessler bereits kannte: Jean-Baptiste Drouet, der Comte d’Erlon, einer von Napoleons Marschallen. Drouet trug einen prächtigen, mit viel Borte und Spitze besetzten Mantel.
    „General Drouet!“, rief Napoleon und stand auf. „Ihr seid gekommen! Und mit Pferden!“
    „Es sind noch weitere Pferde unterwegs, mein Kaiser“, entgegnete Drouet und stieg ab. „Und Eure Kutsche! Aber wir haben nicht genug Pferde für eintausend Mann, zumindest noch nicht.“
    „Das ist kein Beinbruch, da wir langsam und friedlich zurück nach Paris marschieren werden.“ Der Kaiser beugte sich vor, pflückte eine Veilchenblüte und bewunderte die Blume in der Morgensonne. „Wie früh sie blühen, selbst für Antibes. Ein weiteres gutes Omen.“
    „Seid Ihr noch immer entschlossen, durch Frankreich zu marschieren, nur beschützt von Blumen und einem Lächeln, mein Kaiser?“, fragte Denswoz, stieg von seinem Pferd ab und verbeugte sich. Er sprach in einem dümmlichen, amüsierten Tonfall, der seinen Worten die Schärfe nahm.
    „Wir werden bewaffnet sein, Monsieur Denswoz“, erwiderte Napoleon und zuckte mit den Achseln. „Aber wir sind nicht darauf aus, unsere Waffen zu benutzen.“
    „Die Bourbonen mögen Eure Rückkehr hinnehmen, mein Kaiser, aber die Alliierten werden es nicht tun.“
    „Wir werden um Frieden bitten, und wenn man ihn uns verweigert, dann kämpfen wir“, verkündete Napoleon. „Und jetzt lasst uns unsere Route festlegen, General Drouet …“
    Kessler kam es so vor, als würde Napoleon Bonapartes Zuversicht stündlich schwanken. Der Kaiser entwickelte offenbar einen ungewöhnlichen Hang zum Aberglauben, da der sonst so rationale Bonaparte auf einmal an Omen zu glauben schien und ihn Kessler schon mehrmals dabei beobachtet hatte, wie er mit diesen seltsamen Münzen herumspielte. Außerdem war er sich mittlerweile sicher, dass es sich dabei tatsächlich um die Münzen von Zakynthos handelte.
    Johann Kessler hatte die Münzen im zweiten Lager nach einem langen Tagesmarsch wenige Augenblicke aus der Nähe gesehen, auf dem Klapptisch aus Holz und Messing, der im Zelt des Kaisers stand. Der Kaiser war zu einer Truhe gegangen, um eine andere Karte zu holen, und Kessler hatte diese Gelegenheit zu einer kurzen Untersuchung der Münzen genutzt. Sie waren identisch und zweifellos genau dieselben, die im Zauberbuch abgebildet waren. Dem alten Buch über uralte Mysterien zufolge waren sie im achten Jahrhundert auf der griechischen Insel Zakynthos geprägt worden. Auf einer Seite jeder Münze war ein Hakenkreuz abgebildet, das in früherer Zeit im Fernen Osten als Glückssymbol gegolten hatte, und auf der anderen der Nemëische Löwe. Kessler hatte beim Berühren der Münzen ein leichtes Kribbeln gespürt, als könne er die Legende fühlen, in deren Mittelpunkt sie standen: Sie verliehen ihrem Besitzer angeblich eine mystische Macht über die Menschen, gewährten ihm Inspiration, Charisma und ein fast schon göttliches Strahlen. Doch das Gold der Münzen war der Legende nach auch vergiftet. Die Macht ihres Besitzers
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