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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers
Autoren: Gesa Schwartz
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dunklen Straße vor einem Haus mit hölzerner, ein wenig schiefer Tür. Josi sprang von ihrem Esel, als wäre sie ein junges Mädchen. Ihre Wangen waren ganz rot vor Aufregung, und Falifar quasselte in einem fort auf sie ein. Offenbar kannte er sich ausgezeichnet mit der ghrogonischen Architektur aus, denn er erzählte ihr ausgiebig von den Spitzgiebeln, die in dieser Straße vorherrschten.
    Mia half ihrer Mutter beim Absteigen, die kalkweiß im Gesicht war. Langsam ging sie die Straße hinab, bückte sich und berührte die schwarzen Pflastersteine. Sie sah sich um wie in einem Traum, aber auf ihrem Gesicht lag eine Ruhe, die Mia nur von den alten Fotos her kannte — den Fotos aus jener Zeit, als Lucas noch lebendig gewesen war. Sie sah Mia an.
    »Er ist hier gewesen, nicht wahr?«, fragte sie leise. »Ich kenne diese Straße, er hat sie oft gemalt, und die Häuser ...« Sie stockte, und Mia sah, dass sie Tränen in den Augen hatte. »Und ich habe von alldem nichts gewusst. Er war hier und hat mir nichts davon erzählen können. Er muss so einsam gewesen sein, Mia, so schrecklich einsam.«
    Mia ging zu ihr und nahm ihre Hand. Die Steine unter ihren Füßen waren warm, fast schien es, als würden sie sie trösten wollen. »Er hat diese Stadt geliebt«, sagte sie. »Er hat auch die Welt der Menschen geliebt und darunter gelitten, dass beide voneinander getrennt sind und er allein dazwischenstand. Aber mehr als all das hat er uns geliebt, Mama. Ich weiß, dass du daran zweifelst, auch wenn du nie darüber sprichst. Aber es ist die Wahrheit. Er war allein hier unten — aber er ist niemals einsam gewesen. Immer waren wir in seinen Gedanken, und wenn er uns verlassen hat, dann nicht, weil er uns nicht geliebt hat — sondern weil er sich selbst nicht mehr lieben konnte.« Sie zog ihre Mutter zu der hölzernen Tür und sah ihr in die Augen. »Lucas hätte gewollt, dass du das hier siehst. Aber in Wahrheit bist du nicht zum ersten Mal hier. Du warst es jedes Mal, wenn er an diesem Ort war — in seinen Gedanken.«
    Damit ließ sie die Hand ihrer Mutter los und klopfte an die Tür. Für einen Moment war es still. Dann begann es im Inneren des Hauses zu rumpeln. Knarrend zogen sich Riegel von der Tür zurück, ehe sie mit einem Ruck geöffnet wurde.
    Vor ihnen stand ein Gnom. Er lächelte verlegen, als er eine Verbeugung machte.
    »Willkommen«, sagte Vraternius und reichte Mias Mutter seinen Arm. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«

Kapitel 67

    ie Lichter der Ballons fielen auf Grims Gesicht und ließen ihn lächeln. Er saß neben Mourier am Kopfende einer langen Tafel vor dem Schwarzen Dorn und konnte kaum glauben, dass vor wenigen Tagen auf demselben Boden blutige Kämpfe stattgefunden hatten. Jetzt saßen Mutanten an seinem Tisch, Hybriden, Kobolde, Gnome — und Gargoyles, vermischt mit den Wesen der Anderwelt, als wäre das schon immer eine Selbstverständlichkeit gewesen. Kronk und Walli waren mit jungen Schattenflüglern ins Gespräch vertieft, die wie gebannt an den Lippen der Krieger hingen. Selbst die Vampire waren zu dem Freudenfest Ghrogonias gekommen, und auch wenn sie ihre eigenen Getränke mitgebracht und in üblicher elitärer Weise an einem Extratisch Platz genommen hatten, fing Grim immer wieder anerkennende Blicke auf. Lyskian hob sein Glas auf sein Wohl und lächelte in alter Freundschaft.
    Mit tosendem Applaus wurde die Choreographie eingeleitet, die Bocus mit einigen Mitgliedern des Clans der Sputatores einstudiert hatte und die immer wieder in der Mitte der Tafel aufgeführt wurde. Sie bildeten eine bewegte Pyramide, auf der Bocus — als einziger Feuerspucker unter den Wasserspeiern — ganz oben thronte und einen funkensprühenden Drachen in den Himmel Ghrogonias spie. Klara und Fibi pfiffen ausgelassen durch die Zähne, als Bocus sich hoheitsvoll verbeugte, und Karphyr überreichte ihm freudestrahlend einen selbst gezüchteten Zierkürbis.
    Die Funken des Feuerdrachen rieselten mit kristallenem Klirren auf die Umsitzenden nieder. Nachdenklich schaute Grim ihnen hinterher, wie sie in glühenden Bändern durch die Nacht flogen und schließlich erloschen. Aus irgendeinem Grund war ihm philosophisch zumute, und eine merkwürdige Schwermut ließ ihn seufzen. Dabei hatte er wirklich keinen Grund zu irgendwelchen melancholischen Verspannungen. Er hatte Seraphin besiegt, er war ein Held, Ghrogonia erstrahlte in neuem Glanz, und er hatte Mia gefunden. Ihr Name zauberte ein Lächeln auf seine Lippen.
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