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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers
Autoren: Gesa Schwartz
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Grim.
Grim.
Grim. Sein Name klang wie ein Kanonenschuss durch die Häuserschluchten und brandete zum Schwarzen Dorn hinauf.
    Grim wich zurück, aber Mia legte ihm die Hand auf den Arm. »Sie rufen nach dir. Du kannst dich nicht einfach davonstehlen. Sie brauchen dich.«
    Remis sah ihn zustimmend an. Grim spürte sein Herz im ganzen Körper. Na großartig. Draußen eine tobende Menge, die ihn als neuen Superstar bejubeln wollte, und drinnen die ersten Groupies. Er holte tief Atem. Verflucht, warum war er so nervös? Schließlich stimmte es doch — er hatte Seraphin besiegt. Warum sollte er sich verstecken? Einen Augenblick blieb er stehen, wo er war, und schaute mit geneigtem Kopf zum Fenster. Dann tat er einen gewaltigen Schritt, stieß beide Türflügel auf und trat hinaus auf den Balkon.
    Er musste sich am Geländer festhalten, um nicht zu schwanken. Unter ihm lag ein Meer aus steinernen Körpern. Die Gargoyles standen auf dem Platz vor dem Dorn, in den Straßenzügen rings herum, sogar auf den Häuserdächern und den Mauern der Ruinen. Es war, als hätte jemand erkaltete Lava in die Stadt gegossen, aber in diesen Körpern steckte Leben. Tausend schwarze Augen sahen zu ihm auf, und als er die Klaue hob, rissen die Gargoyles die Fäuste in die Luft und brachen in ohrenbetäubenden Jubel aus. Noch nie, das wusste er, hatte er aus steinernen Mündern solche Töne gehört — es war, als würden sie den Panzer um ihre Gefühle sprengen und sie als bunte Schmetterlinge in die Freiheit entlassen. Ihre Schreie drangen ihm ins Mark, dass er meinte, er müsste in diesem Augenblick auch ohne Schwingen fliegen können.
    Wie lange war es her, dass Blut und zerfetztes Fleisch in diesen Straßen gelegen hatten? Wie lange hatten sich ängstliche Bewohner in ihren Häusern verschanzt? Mochte Ghrogonia ein Saurierskelett sein, wie er in Thyros gedacht hatte — mochte diese Stadt irgendwann nichts mehr sein als verfallene Häuser ohne Dächer und Schindeln. Immer aber würde er an dieses Bild zurückdenken, und jeder Stein, jeder Kiesel würde sich an diesen Augenblick erinnern. Und wenn dann einmal in Hunderten von Jahren ein Wesen in die Trümmer hinabsteigen sollte, würde er sie noch immer fühlen — die Schreie der Gargoyles, als sie ihre Freiheit zurückerlangten.
    »Ghrogonier!«, brüllte Grim. Seine Stimme rollte über ihre Köpfe hinweg und vermengte sich mit ihren Schreien zu einem fulminanten Konzert des Triumphs. Dreimal musste er sie rufen, ehe sie sich beruhigen wollten, und immer wieder wurde er von ekstatischen Zwischenrufen unterbrochen.
    »Ich bin kein guter Redner«, rief er und erntete begeisterte Pfiffe. »Es ist viel passiert, und die Historienschreiber werden alle Hände voll zu tun haben, um die Ereignisse aufzuzeichnen, mit denen wir uns in letzter Zeit herumschlagen mussten. Ich bin dafür nicht geschaffen. Das ist Sache der Dichter und Denker. Aber eines will ich euch doch sagen.« Er holte tief Atem. Dann riss er beide Arme in die Luft und brüllte, so laut er konnte: »Wir haben gesiegt!« Der anschließende Jubel fegte ihm das steinerne Haar aus dem Gesicht. »Jetzt wird eine neue Zeit anbrechen. Gemeinsam werden wir die Stadt wieder aufbauen, wir werden ...«
    Er brach ab, denn in diesem Moment schob sich etwas durch die Menge. Er sah, dass es Hybriden waren — die sogenannten Rebellen, die ihn bei seinem Kampf unterstützt hatten. Sie waren an Händen und Füßen gefesselt, und auf ihren Stirnen prangten schwarze Kreidezeichen. Dunkel gekleidete Gargoyles trieben sie durch die Menge, sie schlugen sie mit Stangen aus Eisen. Schrille Pfiffe erklangen, faulendes Obst flog durch die Luft. Grim spürte, wie ihm das Blut aus dem Kopf wich.
    »Seid ihr wahnsinnig?«, brüllte er so laut, dass zwei Häuserruinen unter dem Donner seiner Stimme nachgaben und polternd einstürzten. Die Menge erstarrte in ihren Bewegungen. Wie ein Mann wandten sie die Köpfe und schauten zu ihm auf. Er krallte seine rechte Klaue in die Brüstung, dass Steine splitterten und den Turm hinabfielen, und deutete mit der linken auf die Gefangenen. »Was, zur Hölle noch eins, tut ihr da?«
    Zögernd trat einer der schwarz gewandeten Gargoyles vor, der die Hybriden mit einer Eisenstange in Schach hielt. »Es sind Hybriden, Herr«, sagte er wie selbstverständlich. Sofort erklangen wütende Schreie, wieder flog etwas durch die Luft. Mit dumpfem Geräusch traf es einen der Gefangenen an der Schläfe. Mia schrie auf, und Grim erkannte
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