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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers
Autoren: Gesa Schwartz
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geschlossenen Auges an die Tür gesprüht. In schnellem Rhythmus klopfte Grim an. Sofort ging ein Seufzen durch die Tür, und mit leisem Knirschen öffnete sich das Auge. Grim fühlte sich von einer gelb umrandeten Pupille gemustert. Surrend schoss ein blauer Lichtstrahl aus dem Auge, glitt über sein Gesicht und zog sich wieder zurück.
    »Willkommen im
Zwielicht«,
murmelte eine Stimme im Inneren der Tür. Diese öffnete sich gleich darauf und gab den Blick frei auf eine schmale Steintreppe.
    Schnell trat Grim ein. Wohlige Wärme umfing ihn, als er die Treppe hinabging und in einen dunklen, von hohen Gewölben durchzogenen Saal trat. Der Putz blätterte von der Decke, und die Eichendielen waren verschmiert von Ruß und Schmutz. Fackeln hingen an den Säulen rings um die hölzerne Theke und tauchten alles in ihr flackerndes Licht. Irgendwo spielte jemand Akkordeon. Es war brechend voll. Werwölfe lungerten auf abgerissenen Sofas herum, Kobolde hockten betrunken an den hölzernen Tischen, und heruntergekommene Gestaltwandler lehnten an den Säulen und rauchten. Ein fleckig grauer Gnom sprang mit einem für seine Körpergröße gewaltigen Bauchladen von Tisch zu Tisch und verkaufte Morgendämmerungsaroma, den Duft der Mittagssonne und die Farben des Regenbogens. Bei den Geschöpfen des
Zwielichts
fand er dankbare Abnehmer. Sie mieden die wahre Sonne, wenn sie konnten. Der Dampf der Wasserpfeifen waberte durch den Raum und milderte jedes Geräusch.
    Grim atmete ein. Hier herrschte nicht die unterkühlte Stimmung wie in den Bars und Kneipen der Gargoyles in Ghrogonia, hier gab es auch keinen, der die Waldschrate vor die Tür setzte, weil sie angeblich zu sehr nach Knoblauch rochen. Das
Zwielicht
kannte keine Unterschiede. Hier waren alle gleich. Er bewegte sich langsam an den Tischen vorbei, grüßte hier und da und genoss die gedämpfte Atmosphäre. Hier würde es niemandem einfallen, wie in den ghrogonischen Koboldabsteigen nackt auf dem Tisch zu tanzen oder herumzuschreien und ...
    »Full House! Heureka, Full Hoooooouse!«, kreischte es da so laut, dass Grim zusammenfuhr. Er folgte dem Geschrei in eine Ecke, wo gerade ein marmorner Teufel mit langen Eckzähnen einen Freudentanz auf dem Tisch aufführte.
    Grim stöhnte. Fibi, natürlich. Und da waren auch die anderen, der feuerspuckende Wasserspeierdrache Bocus und die uralte Steinziege Klara. Sie lachten so laut über Fibis Tanz, dass die Gewölbe davon widerhallten. Grim verzog das Gesicht. Und ausgerechnet diese Gargoyles waren seine Freunde. Er beobachtete Fibis Tanz mit einem Lächeln. Immerhin war er nicht nackt.
    »Grim, welch seltener Anblick zu dieser Nachtzeit!« Bocus hatte ihn bemerkt und ließ seine von Ruß und Asche geschwärzten Zähne sehen.
    Klara klopfte auf den steinernen Schemel neben sich. »Setz dich, setz dich!«, sagte sie leicht lispelnd.
    Aufatmend ließ Grim sich fallen, streifte den tropfenden Mantel ab und hängte ihn neben eine der Fackeln.
    »Hast wohl 'ne anstrengende Nacht gehabt, hm? Und dann noch dein Lieblingswetter — Regen! Du armer Teufel!« Fibi liebte es, mephistophelische Ausdrücke zu verwenden. Gerade schob er seine Hände über den Tisch und häufte einen Berg kleiner, glitzernder Kristalle vor sich auf.
    »Und verletzt bist du auch.« Klara deutete auf Grims Wange und legte ihm mitfühlend einen Huf auf die Schulter.
    Grim schnaubte. »Wäre alles nicht so schlimm, wenn ich mich auf meine ...« Er überlegte kurz und verzog das Gesicht. »Informanten, haha, verlassen könnte. Dank ihnen habe ich es statt mit einem Holokliten mit einem Phy zu tun bekommen, und ..«
    Bocus riss die Augen auf. »Holla, der war nicht ohne, könnte ich wetten! Aber du hast ihn fertiggemacht, wie immer, nicht wahr?«
    Grim dachte an das armselige verkohlte Wesen, das im Regen zu seinen Füßen gestorben war. Auf einmal hatte er ein Kratzen im Hals.
    »Dann wird es dich freuen zu hören, dass deine lieben Kollegen in der Zwischenzeit richtig fleißig waren«, sagte Klara und griff nach den Karten. Blitzschnell warf sie sie durch die Luft, fing sie wieder auf und mischte so das Blatt.
    Grim spürte den Schatten, der sich seiner bemächtigte.
Kollegen —
also diejenigen, die an seiner Stelle mit den Mordfällen betraut worden waren: die Speichellecker Mouriers. Grim konnte sie nicht ausstehen.
    »Sie haben wieder mal den Mörder gefasst«, meinte Fibi, während er sein Blatt aufnahm.
    Grim bewegte seine Karten in den Klauen, ohne sie anzusehen.
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