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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy
Autoren: Theodor Fontane
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glaube selbst, es geht nicht anders.‹
    Sieh«, fuhr Franziska fort, als Hannah immer noch schwieg, »du bist so gescheit und mußt einsehen, daß alles sein Gesetz und seine natürliche Folge hat. Ich bin nun Gräfin Petöfy, ja, seitdem ich dies schwarze Kleid trage, mehr als vorher. Es war nicht nötig, daß ich's wurde; vielleicht wär es besser gewesen, ich wurd es nicht. Aber ich
bin
es jetzt und kann den Schritt nicht rückwärts tun. Dies Schloß ist mein und sein Besitzantritt, wie du weißt, an keine Bedingung geknüpft; ich hab es zu freiem Eigentum. ›Also wieder mal eine »Freiheit«‹, wirst du sagen. Aber
diese
Freiheit wenigstens will ich zu gebrauchen verstehen, und nur das soll geschehen, was mir ziemt.«
    »Und glaubst du wirklich, daß dir als erstes geziemt, einen Rosenkranz, wenn auch verschämt, an deinen Gürtel zu stecken?«
    »Ja, Hannah. Ich will nun Pflichten leben. Es soll dies nicht bloß mein Wittum, es soll auch mein Wirkungskreis sein, und ich kann hier nicht wirken als eine Fremde. Was dieser Leute Sinnen und Trachten ausmacht, muß auch
mein
Sinnen und Trachten ausmachen; wir müssen eins sein in diesen Dingen, sonst geht es nicht.«
    Hannah antwortete nicht.
    »Sprich. Was denkst du?«
    »Was ich denke? Nun, Franziska, Gräfin, da du's durchaus wissen willst, was ich denke, so will ich dir's auch sagen. Ich denk an meinen Vater selig, den ich eines Abends, als er dachte, ich schliefe schon, in seinem Halbplatt zu meiner Mutter sagen hörte: ›Hür, Olling, mit uns oll Paster Franzen is dat nich veel. Hüt is he so, un morjen is he so.‹ Und als meine Mutter nun widersprach und zum Guten reden wollte, da wurd er ärgerlich und sagte: ›Nei, nei, Mutter, bis still; dat versteihst du nich; ick awer, ick kenn en. Un wenn morjen de Franzos or de Ruß kümmt un uns vörpriestern deiht, »mit uns Herrn Christus wihr dat man nix, und de heil'ge Niklas, de wihr ollens«, denn priestert oll Franzen övermorjen: »Un de heil'ge Niklas is ollens.«‹ Und sieh, Franziska, das hast du von deinem Vater selig geerbt. Aber ich will nicht, daß sich meiner im Grabe rumdreht. I, da ging' ich ja lieber bis an der Welt Ende. Weiß wohl, manchem is es bloß wenig. Aber manchem is es auch viel.«
    »Und so willst du fort?«
    »Nein. Ich hab dich nun mal in mein Herz geschlossen, und weil ich dich liebe, bleib ich. Aber bei meinem lutherischen Katechismus bleib ich auch.«
    Am andern Morgen trafen sich die beiden Gräfinnen, und Gräfin Judith erzählte, sie habe Feßler um seinen Besuch auf Schloß Arpa gebeten, in der Voraussetzung, daß Franziska diesen Schritt billigen werde.
    Franziska küßte die Hand der alten Gräfin und sagte: »Nie werd ich Schritte mißbilligen, die Gräfin Judith getan hat oder zu tun für gut findet.«
    Beide Damen sprachen dann noch über vieles, was zu regeln und anzuordnen sei, zuletzt aber sagte Judith: »Ich stimme dem zu, meine liebe Franziska, daß du dich zurückziehen und der Betrachtung und den guten Werken leben willst. Aber du bist noch jung, und der Zug in die Welt hinein ist mächtig. Und so denk ich denn, wir rechnen vorläufig noch mit der Welt, die so vielen Zauber hat. Ich habe dein Vertrauen gewonnen, fast deine Beichte; jede Scheidewand zwischen uns ist gefallen, und unser Fühlen und Denken gehört einander. Ist es nicht so? Nun denn, so gestatte mir schon heute die Frage: Wirst du Egon deine Hand reichen?«
    »Ich wünsche, daß er sie nicht fordert, aber
wenn
er sie fordert: nein.«
    »Es klingt etwas Herbes in deiner Antwort. Verdient er es?«
    »Nein. Aber wir sind allemal hart gegen die, die schuld sind an unserer Schuld. Und um so härter, je schuldiger wir uns selber fühlen.«
    »Und wer soll dich schützen?«
    »Ich denke,
sie
, die schon so viele Gräfinnen Petöfy beschützt hat.«
    Und sie wies auf die Nische, daraus das Bild der Maria niederblickte.
     
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