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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition)
Autoren: Olle Lönnaeus
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fest.
    Nach einer Weile wurde das Tempo wieder langsamer. Doch erst als Joel spürte, dass alles wieder stillstand, öffnete er voller böser Vorahnungen die Augen.
    In dem Moment, als er realisierte, dass er sich wie ein verängstigter kleiner Junge an den Arm seines Vaters geklammert hatte, überkam ihn das Gefühl von Ekel. Der Fischertroyer des Alten schabte an seiner Wange. Ein Geruch, der ihm Übelkeit verursachte, drang in seine Nasenlöcher. Geniert und erschrocken zugleich stieß er den Arm von sich, wich zurück und starrte die Leiche, die an der Wäscheleine vor- und zurückpendelte, voller Abscheu an.
    Wasser!, dachte Joel. Ich muss mich waschen.
    Mit diesem einzigen Gedanken im Kopf stürzte er in den Flur hinaus und riss eine Tür auf. Es gluckerte in der Leitung, als er den Wasserhahn aufdrehte, und ohne nachzudenken füllte er seine gewölbten Handflächen und spritzte sich hektisch Wasser ins Gesicht, wieder und wieder. Dann trank er mit großen gierigen Schlucken, bis sein Durst gelöscht war.
    ***
    D ie Erinnerungen. Wo waren sie geblieben? Joel tastete sich gedanklich in die Vergangenheit zurück.
    Der Dielenboden unter seinen nackten Füßen fühlt sich kalt an. Bereits aus der Entfernung sieht er Mårten an, dass er wie immer wütend ist, auch wenn der mit dem Rücken zu ihm dasteht. Sein Vater ist nicht besonders groß gewachsen, aber irgendetwas an seiner Haltung lässt einen immerfort unruhig werden. Joel hört ihn fluchen und vor sich hin schimpfen, während er die Leinwand mit plumpen Pinselstrichen bearbeitet.
    Immer dieselben Tanten …
    Joel ist hungrig. Im Kühlschrank hat er nur ein paar Bierdosen und eine Plastiktüte mit verschimmeltem Weißbrot gefunden. Es schmeckte bitter, obwohl er versucht hat, die graublauen Stellen wegzupulen.
    Mårten hört ihn nicht. Er tritt einen Schritt von der Staffelei zurück und legt den Kopf schräg. Spannt die Pobacken an, um einen Furz herauszupressen, während er sein Werk betrachtet. Seine Arbeitshosen sind voller Flecken und beulen sich am Hintern aus. Es riecht scharf nach Terpentin und irgendetwas anderem Undefinierbaren.
    Joel weiß nicht, ob er sich trauen soll, etwas zu sagen. Warum malt er immer wieder dieselben nackten Tanten? Sie lachen und lächeln, aber man sieht ihren Augen an, dass sie eigentlich böse sind. Mårten müsste doch merken, dass sie unförmig sind und viel zu breite Ärsche haben, oder nicht?
    Langsam zückt Joel seine Spielzeugpistole und zielt auf den sehnigen Rücken vor sich. «Peng», macht es, als er abdrückt, und als er das Geräusch über seine Lippen kommen hört, überfällt ihn Todesangst.
    Mårten schnellt mit glühenden Augen herum. Holt mit seiner freien Hand aus, und es brennt wie Feuer, als die Handfläche auf Joels Wange klatscht.
    «Zum Teufel noch mal, hast du mich erschreckt, verdammter Bengel!»
    ***
    E s war noch ein wenig heller geworden. Durch die kahlen Äste der Kastanie hindurch glühte eine leuchtend gelbe Sonnenscheibe über dem weißen Schnee. Es sah aus wie gemalt, schöner noch.
    Die Staffelei, dachte Joel. Ja, dort im Dunkeln neben der Tür stand sie. Er konnte ein halbfertiges Bild erahnen. Merkwürdig, dass er es nicht vorher bemerkt hatte. Ein paar Stapel mit Skizzen und Leinwänden. Ein stechender Geruch. Pinsel und Paletten waren auf den Boden geworfen.
    Grelle Strahlen drangen durchs Fenster, wo sie Staub auf dem Kaminsims aufwirbelten. Joel erblickte einen Leuchter mit vier heruntergebrannten Kerzen. Und noch etwas anderes: Auf dem schmalen Steinsims stand eine kleine Keramikschale, in die Mårten seine Habseligkeiten gelegt hatte, bevor er auf den Holzstuhl gestiegen war und die Wäscheleine am Haken an der Decke befestigt hatte.
    Eine Uhr mit vergilbtem Zifferblatt und Stahlarmband, die Joel vage wiedererkannte. Einige Münzen. Ein billiges Handy. Diverse Schlüssel an einem Ring. Und ein Portemonnaie aus rissigem Leder.
    Eine ganze Weile lang stand er vollkommen reglos da und betrachtete die Gegenstände. Dann nahm er sie vorsichtig in die Hand, einen nach dem anderen. Strich mit den Fingerspitzen darüber. Roch daran. Wünschte sich, dass sie ihm irgendetwas über den Mann verraten würden, der sie getragen hatte. Doch sie schwiegen.
    Zuletzt nahm er das Portemonnaie in die Hand. Es war ein kleineres Modell, und auf der Außenseite war ein Büffelkopf ins Leder gestanzt. Er öffnete es. In dem Fach für die Geldscheine steckten ein paar Hunderter. In den Fächern fand er eine
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