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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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Emrik die Rückkehr von Arvid Traneus, die angeblich heute stattfinden sollte. Allerdings konnte man sich bei allem, was man so hörte, nie sicher sein. Gerüchte. Über Arvid Traneus und seine Reisen war viel geredet worden. In unregelmäßigen Abständen wusste irgendjemand zu berichten, Arvid sei auf dem Weg nach Hause, aber er kam nie. Es war alles nur Gerede. Oder er kam tatsächlich, fuhr aber nach wenigen Tagen wieder ab.
    Diesmal war es anders. Wurde behauptet. Er würde kommen, um zu bleiben.
    Emrik Jansson hatte es vorgestern von dem Nachbarn erfahren, bei dem er seine Kartoffeln kaufte. So war es doch immer. Was man nicht mit eigenen Augen sah, bekam ein anderer mit. Und dann verbreiteten sich die Neuigkeiten. Über Bemerkungen, die nebenbei fallen gelassen worden waren. Es musste kein Klatsch sein. Themen kamen einfach zur Sprache, und Namen wurden erwähnt.
    Hinter sich hörte er einen Traktor näher kommen. Der Fahrer schaltete den Motor ab und rollte vorsichtig an dem alten Mann mit dem buschigen Bart vorbei, der trotz Hitze und stechender Sonne einen schwarzen Anzug aus Wolle und darunter ein leicht vergilbtes Hemd trug.
    Emrik blinzelte zur Fahrerkabine des grünen Gefährts und hob schwerfällig die Hand. Ein Winken war die Antwort. Es war Magnus Hjälmrud aus Kauparve, der älteste Sohn von Hans-Göran. In den letzten drei Jahren vor seiner Pensionierung hatte Emrik Jansson ihn in seiner Klasse gehabt. Doch das war nicht der einzige Grund, weshalb er seinen Namen wusste. Er kannte alle. Sein Kopf brauchte keine Stützräder. Jedenfalls noch nicht. Er konnte sich an jedes einzelne Kind erinnern, das während seines vierzigjährigen Berufslebens das Schulsystem des kleinen Orts durchlaufen hatte. Er wusste, wie sie hießen und wann sie bei ihm in der Klasse gewesen waren. Und wenn sie nicht weggezogen waren, wusste er auch, wie ihre Kinder und ihre Eltern hießen und wo sie wohnten. Er sah sie vorbeifahren. Sah sie kommen und gehen. Wenn das Wetter es zuließ, konnte er stundenlang gemächlich die Straße entlangzuckeln. Er betrachtete es als seine Aufgabe, die Leute im Auge zu behalten. Auf diese Weise passte er auch auf sich selbst auf.
    Arvid Traneus war auch in seiner Klasse gewesen. Er, seine Cousins und Cousinen und sein erstes Kind. Es war lange her, aber manche von ihnen hatte er auch nach der Schule noch jeden Tag gesehen. Zumindest diejenigen, die noch lebten. Er sah sie, er verfolgte ihren Weg, sah Autos ankommen und wegfahren. Bewegungen, denen die meisten Menschen keine große Bedeutung beimessen, weil sie keine Zeit haben, nachzudenken und sich zu erinnern.
    Aber Emrik Jansson hatte ein gutes Gedächtnis, und er hatte Zeit im Überfluss. Heute wartete er auf Arvid Traneus. Aber nicht nur auf ihn, wenn man ehrlich war. Da war noch etwas. Er schnaufte und schaute zum Himmel. Keine einzige Wolke, dachte er. Aber er sah sie trotzdem.
    Groß und blass stand er da, die linke Hand steckte tief in der Hosentasche seiner verwaschenen schwarzen Jeans. Das Kinn hatte er in den Kragen seiner dunkelblauen Trainingsjacke gebohrt, den Reißverschluss bis obenhin zugezogen. Vor Kurzem hatte er im Gefängnis Norrtälje seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert. Falls man das als Feier bezeichnen konnte. Er hatte einfach Geburtstag gehabt , das traf es eher. Er war dreißig geworden. Es hatte niemanden gejuckt, nicht einmal ihn selbst. Jetzt war er draußen, und das war die Hauptsache.
    Der Wind wehte die Asche von seiner Zigarette auf die Ostsee hinaus.
    Vorgestern hatte er einen alten Freund angerufen. Sie hatten über Stefania geredet. Er hatte über Stefania geredet. Und da hatte der andere ihm erzählt, dass Arvid Traneus zurückkommen würde. Ja, er habe gehört, diese Sache, mit der Arvid in Japan beschäftigt gewesen sei, worum auch immer es sich gehandelt habe, sei beendet und er komme zurück nach Levide.
    »Quatsch.«
    Im ersten Augenblick reagierte er so. Im nächsten wollte er gar nichts davon hören. Was zum Teufel hatte er denn noch mit Arvid Traneus zu tun? In ihm regte sich jedoch etwas anderes und saugte die Information wie ein trockener Schwamm auf. Unerbittlich und wie von selbst wurde in seinem Inneren ein Plan geschmiedet. Und dieser Plan verlangte immer lauter nach Aufmerksamkeit. Und er konnte dieser Stimme natürlich nicht widerstehen, und je länger er zuhörte, desto klarer wurde ihm, dass diese Information ein Geschenk war. Offenbar hielt das Schicksal endlich etwas Gutes für
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