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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
Autoren: Alfred Bekker
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befand sich einige Meilen östlich von Twixlum. Von den Hofgebäuden aus konnte man das Meer sehen, und es gab eine eigene Anlegestelle für kleinere bis mittlere Barkassen. Denn der Landweg, der an der Küste entlang von der Hafenstadt Thisia aus über Twixlum bis zu den Anlegestellen der Fähren im Mündungsbereich des Flusses Seg führte, von wo aus man zum Herzogtum Estrigge übersetzen konnte, war nicht das ganze Jahr über passierbar.
    »Es war, als ich zuletzt mit der Barkasse in Twixlum war«, antwortete Gorian.
    »Du solltest nicht mehr zu den Schultagen der Priester gehen«, sagte Nhorich, und sein Tonfall war düster dabei.
    »Warum nicht? Sind sie auch so verderbt wie der Orden der Alten Kraft?«
    »Mindestens«, behauptete Nhorich – und diese Ansicht äußerte er Gorian gegenüber nicht zum ersten Mal. Aber Näheres hatte er auch auf Gorians bohrendes Nachfragen hin nie geäußert, sondern traf immer nur die allgemeine Feststellung, dass Priester und Ordensangehörige längst ihre alten Ideale verraten hätten und nur noch einem Kaiserhaus den Machterhalt ermöglichten, statt sich den wahren Bedrohungen entgegenzustellen, die das Heilige Reich gefährdeten. Vielleicht glaubte Nhorich, dass sein Sohn noch nicht in der Lage wäre, alle Hintergründe zu verstehen. Oder er wollte ihn schützen, indem er ihm Dinge verschwieg, über die Bescheid zu wissen ihn in Gefahr bringen könnte. Wiederholt hatte Nhorich etwas in der Art angedeutet, aber es war bei diesen Andeutungen geblieben.
    Zu den Priestern in die Schule nach Twixlum gehen zu dürfen hatte Gorian seinem Vater abringen müssen. Der ehemalige Schwertmeister war alles andere als begeistert davon gewesen. Er wollte nicht, dass die Priester des Verborgenen Gottes seinen Sohn in ihrem Sinne beeinflussten. Aber es entsprach auch der Lehre des Ordens, sich alle möglichen Auffassungen anzuhören, ohne ein allgemein verbindliches Urteil zu fällen, ehe dieses nicht unabweisbar war. Wie hätte es Nhorich, der die alten Ideale des Ordens nach wie vor als Richtschnur seines eigenen Lebens ansah, seinem Sohn da verwehren können, sich mit den Lehren der Priesterschaft bekannt zu machen, auch wenn sie in vielem völlig konträr waren zu den Auffassungen, die Nhorich für sich persönlich als richtig ansah?
    Die Schule fand immer an sieben aufeinanderfolgenden Tagen statt, denn sonst hätte es sich für viele nicht gelohnt, dafür eigens aus der weiteren Umgebung anzureisen. Die Kinder übernachteten jedes Mal im Tempel, der selbst in einem so kleinen Ort wie Twixlum immer noch das mit Abstand größte Gebäude war.
    Gorian hatte es immer genossen, dabei Gleichaltrige aus der Umgebung kennenzulernen, denen er ansonsten nie begegnet wäre. Es waren die Söhne und Töchter von Fürsten, Rittern und Bauern – in diesem Punkt machte die Priesterschaft des Verborgenen Gottes keinen Unterschied. Der Unterricht war kostenlos und von einer Qualität, dass selbst Kaufleute oder Ritter aus dem Gefolge des Herzogs von Thisilien, die in der Gegend ihre Güter unterhielten, gern ihre Kinder dorthin schickten, damit man ihnen Lesen und Schreiben beibrachte und wenn möglich auch die Grundzüge der mathematischen Kunst.
    »Was hat Pasoch genau gesagt?«, fragte Nhorich noch einmal genauer nach, denn irgendwie beunruhigte es ihn, dass der örtliche Priester seinem Sohn vielleicht Dinge offenbart hatte, von denen Gorian nichts erfahren sollte. Noch nicht. Zumindest nicht von einem Priester des Verborgenen Gottes.
    »Er sagte, dass an dem Tag, an dem ich geboren wurde, ein glühender Stein aus dem Sternenhimmel fiel.«
    »Das entspricht den Tatsachen. Und das ist auch kein Geheimnis. Die ganze Gegend erinnert sich deshalb noch heute an jenen Tag – zumindest all jene, die alt genug sind, um sich daran entsinnen zu können.«
    »Pasoch sagte, dieser glühende Stein sei ein Bruchstück des Schattenbringers, der die Sonne verdüstert und dafür sorgt, dass seit Generationen jeder Winter härter, kälter und länger wird als der vorherige.«
    »So, sagt der Priester das?«, murmelte Nhorich.
    »Ist es denn wahr?«, wollte Gorian wissen.
    Nhorich nickte. »Ja. Woher auch immer Pasoch seine Weisheit hat, da er doch nur ein einfacher Dorfpriester ist, von dem nicht bekannt ist, dass er sich jemals mit Sternenbeobachtung beschäftigt hätte, so muss ich doch zugeben, dass es stimmt, was er gesagt hat.«
    »Dieses Bruchstück des dunklen Flecks, der die Sonne erkalten lässt, sei ein
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