Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gone 5: Angst (German Edition)

Gone 5: Angst (German Edition)

Titel: Gone 5: Angst (German Edition)
Autoren: Michael Grant
Vom Netzwerk:
ihre Umgebung ins Visier – das alles in einer einzigen, geübten Bewegung.
    Sie spitzte die Ohren. Zuerst hörte sie nur das Dröhnen ihres eigenen Herzschlags und musste mehrmals tief durchatmen, um sich ein wenig zu beruhigen. Dann blickte sie sich langsam um, wandte den Oberkörper von links nach rechts, während sie weiter gebannt lauschte.
    Nichts.
    Doch! Da war es wieder!
    Das Rascheln von trockenem Laub auf feuchter Erde. Was immer da durchs Unterholz schlich, konnte nicht schwer sein. Leichter als Drake. Und auch leichter als ein Kojote.
    Astrid atmete auf. Ihre Schultern waren verkrampft. Um sie zu entspannen, ließ sie sie vor- und zurückrollen.
    Etwas Kleines huschte davon. Wahrscheinlich eine Beutelratte oder ein Stinktier.
    Jedenfalls nicht Drake, das Monster mit dem Schlangenarm. Der sadistische Psychopath.
    Der Mörder namens Peitschenhand.
    Astrid stand auf und hing sich das Gewehr wieder um.
    Wie viele Male am Tag durchlebte sie diese Angst? Wie oft hatte sie schon in das Dickicht der Bäume, in irgendein Gestrüpp oder in die Spalten zwischen den Felsen gespäht und nach dem schmalen Gesicht mit den toten Augen Ausschau gehalten?
    Das ging Tag und Nacht so. Und wie oft hatte sie sich schon ausgemalt, die doppelläufige Flinte direkt auf sein Gesicht zu richten, abzudrücken und es wegzublasen … und dabei zu wissen, dass er ihr immer noch hinterherkommen würde? Das Ungeheuer, dem sie früher oder später in die Hände fallen würde.
    Astrid packte die Beeren in den Rucksack und kehrte zu ihrem Lagerplatz zurück.
    Er lag auf einer Lichtung am Rand der Klippe und bestand aus zwei Zelten: einem braunen und einem grünen mit dunklen Streifen. In dem braunen schlief sie, im grünen bewahrte sie alles auf, was sie auf den Campingplätzen, der Station des Rangers und den Müllplätzen gefunden hatte und was nicht essbar war.
    Zuerst verstaute sie die Beeren und die übrige Nahrung in einer rot-weißen Kühltasche, die in einem perfekt angepassten Erdloch direkt an der Barriere steckte.
    Sie hatte viel dazugelernt, seit sie vor vier Monaten alleine losgezogen war. Zum Beispiel, dass Tiere die Wand mieden. Selbst Insekten blieben auf Abstand. An der perlgrauen, trügerischen Wand waren ihre Vorräte also bestens aufgehoben.
    Die Barriere verschaffte aber auch ihr mehr Sicherheit. Da sich vor Astrid der Rand der Klippe und hinter ihr die Wand erstreckte, konnte sich ein Raubtier nur aus zwei Richtungen an sie heranpirschen.
    Außerdem hatte sie um den Lagerplatz einen Draht gespannt, an dem Flaschen mit Glaskugeln und rostige Konservendosen hingen. Sie würden bei der geringsten Berührung Alarm schlagen.
    Zu behaupten, sie fühlte sich sicher, wäre dennoch gelogen gewesen. Solange Drake existierte, war sie nirgends sicher.
    Astrid ließ sich in den Faltstuhl aus Nylon fallen, legte ihre müden Beine auf den Stuhl gegenüber und schlug ein Buch auf. Ihr Leben bestand jetzt fast ausschließlich aus Nahrungssuche. Und da die Batterie ihrer Taschenlampe viel zu kostbar war, blieb Astrid zum Lesen nur die Stunde der Dämmerung.
    Ihr Felsvorsprung bot eine tolle Aussicht auf den Ozean, doch jetzt wandte sie ihm den Rücken zu, damit die Strahlen der untergehenden Sonne auf das aufgeschlagene Buch fielen.
    Sie las Das Herz der Finsternis von Joseph Conrad.
    Ich wollte den Bann brechen, den schweren stummen Bann der Wildnis, die ihn an ihre gnadenlose Brust zu ziehen schien, die vergessene, urtümliche Instinkte in ihm weckte, Erinnerung an gelebte, ungeheuerliche Leidenschaften. Das allein, da war ich mir sicher, hatte ihn hinausgetrieben zum Rand des Urwalds, in den Busch, zum Feuerschein, zum Pulsieren der Trommeln, dem summenden Singsang geheimnisvoller Beschwörungen; das allein hatte seine sündige Seele über die Grenzen all dessen, was menschlichem Streben erlaubt war, hinausgehen lassen.
    Astrid hob den Blick zu den Bäumen. Sie drängten von beiden Seiten auf die kleine Lichtung. In Küstennähe waren sie nicht ganz so hoch und gewaltig wie in der Tiefe des Waldes. Diese hier wirkten freundlicher.
    »Den schweren stummen Bann der Wildnis« , wiederholte Astrid laut.
    Für sie bestand der Reiz der Wildnis im Vergessen. Das harte Leben, das sie seit ein paar Monaten führte, reichte nicht annähernd an die Härte der Realität heran, die sie in Perdido Beach zurückgelassen hatte. Dort lag die eigentliche Wildnis. Dort waren ihre tiefsten und abscheulichsten Instinkte erwacht.
    Hier gab es nur die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher