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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube
Autoren: Sue Grafton
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fragte ich.
    »Da müßtest du mit den Maleks sprechen. Die klären dich auf.« Sie kritzelte etwas auf die Rückseite einer Visitenkarte, die sie mir dann hinhielt. »Das ist Donovans Nummer im Geschäft. Hinten habe ich seine Privatadresse und -telefonnummer notiert. Abgesehen natürlich von Guy leben die Jungs noch alle zusammen auf dem Anwesen der Maleks.«
    Ich studierte die Rückseite der Visitenkarte. Die Adresse sagte mir nichts. »Ist das im Ort oder irgendwo außerhalb? Das habe ich noch nie gehört.«
    »Es gehört zum Stadtgebiet. In den Hügeln über der Stadt.«
    »Ich rufe heute nachmittag dort an.«

2

    Ich ging auf dem Cabana Boulevard nach Hause. Der Himmel hatte aufgeklart, und die Lufttemperatur lag bei etwa dreizehn Grad. Eigentlich befanden wir uns im tiefsten Winter, und die messingfarbene kalifornische Sonne war nicht so warm, wie sie aussah. Sonnenhungrige lagen verstreut im Sand wie Strandgut, das die Flut zurückgelassen hatte. Ihre gestreiften Schirme erzählten vom Sommer, und doch war das neue Jahr erst eine Woche alt. Das Sonnenlicht brach sich in den Wellen, die gegen die Pfähle unter dem Kai schlugen. Die Brandung mußte eiskalt sein und das Salzwasser in den Augen brennen, aber dennoch plätscherten Kinder in den Wellen umher und tauchten mit Begeisterung in die wirbelnden Tiefen hinab. Ich konnte ihre dünnen Schreie über dem Donnern der Brandung hören wie die von Sensationshungrigen auf einer Achterbahn, während sie sich in den eisigen Schrecken stürzten. Am Strand bellte ihnen ein nasser Hund entgegen und schüttelte sich das Wasser aus dem Fell. Selbst aus der Entfernung konnte ich erkennen, wo sich seine borstigen Haare in Schichten aufgeteilt hatten.
    Ich bog nach links in die Bay Street ein. Vor dem Hintergrund aus Immergrün konkurrierten üppig wuchernde hellrosa und orangefarbene Geranien mit magentaroten Bougainvilleen, die über die Zäune in meinem Viertel wallten. Beiläufig fragte ich mich, wo ich mit der Suche nach Guy Malek anfangen sollte. Er war seit siebzehn Jahren verschwunden, und die Aussichten, ihn aufzuspüren, waren nicht gerade rosig. Ein solcher Auftrag erfordert Einfallsreichtum, Geduld und systematisches Vorgehen, aber der Erfolg hängt manchmal von reinem Glück und einer Spur Zauberei ab. Versuchen Sie mal, einem Kunden auf dieser Grundlage eine Rechnung zu stellen.
    Sobald ich wieder zu Hause war, wusch ich mir das Make-up vom Gesicht, schlüpfte in meine Reeboks und tauschte meinen Blazer gegen ein rotes Sweatshirt ein. Unten in der Kochnische schaltete ich das Radio an und stellte den Sender mit dem Elvis-Marathon ein, der immer noch im Gange war. Mit lautlosen Lippenbewegungen sang ich den Text von »Jailhouse Rock« mit und tanzte hüftschwenkend im Wohnzimmer umher. Dann holte ich einen Stadtplan heraus und breitete ihn auf meinem Küchentresen aus. Ich stützte mich mit immer noch tanzendem Hinterteil auf die Ellbogen und suchte die Straße, in der die Maleks wohnten. Die Verdugo war ein schmales Sträßchen zwischen zwei parallel verlaufenden Straßen, die aus den Bergen herabführten. In dieser Gegend kannte ich mich nicht gut aus. Ich legte Donovans Visitenkarte auf den Tresen neben den Stadtplan, griff nach dem Wandtelefon und wählte die vorne abgedruckte Nummer.
    Von der Empfangsdame der Firma wurde ich zu einer Sekretärin durchgestellt, die mir mitteilte, daß Malek draußen im Gelände sei, aber jeden Moment im Büro zurückerwartet werde. Ich nannte ihr meinen Namen und meine Telefonnummer und erklärte, was ich von ihm wollte. Sie sagte, sie werde ihn bitten, mich zurückzurufen. Ich hatte gerade aufgelegt, als ich ein Klopfen an der Tür hörte. Ich öffnete das Bullauge und sah mich Robert Dietz gegenüber.
    Ich machte die Haustür auf. »Ja, wen haben wir denn da?« sagte ich. »Wo es doch erst zwei Jahre, vier Monate und zehn Tage her ist.«
    »Wirklich schon so lang?« fragte er milde. »Ich bin gerade aus Los Angeles hochgefahren. Darf ich reinkommen?«
    Ich trat einen Schritt zurück, und er ging an mir vorbei. Elvis hatte soeben zu »Always On My Mind« angesetzt, das ich offen gestanden in diesem Moment nicht vertragen konnte. Ich griff hinüber und machte das Radio aus. Dietz trug immer noch die gleichen Blue jeans, die gleichen Cowboy-Stiefel und das gleiche Sportsakko aus Tweed. Als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte er dieselbe Kluft getragen, während er an der Wand eines Krankenhauszimmers lehnte, wo ich
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