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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube
Autoren: Sue Grafton
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genommen. Alles.«
    »Ich weiß. Und jetzt haben Sie ihnen etwas genommen.«
    »Was denn?« sagte sie, und in ihren Augen funkelte die Verachtung.
    »Den einzigen anständigen Mann, der jemals den Namen Malek getragen hat.«
    »Bader war anständig.«
    »Aber er hat Sie nie entschädigt. Ihre Mutter hat ihn um das Geld gebeten, und er hat sich geweigert zu bezahlen.«
    »Das habe ich ihm nicht angelastet.«
    »Jammerschade. Statt dessen haben Sie es Guy angelastet, aber er war unschuldig.«
    »Flauen Sie ab«, sagte sie.
    »Was noch? Was verschweigen Sie? Ich weiß, daß noch mehr dahintersteckt«, sagte ich. »Sie haben den anonymen Brief an Guy geschrieben, den, den die Polizei hat, stimmt’s?«
    »Natürlich. Stellen Sie sich doch nicht blöd. Ich habe alle Briefe auf Bennets Schreibmaschine geschrieben. Für den Brief an Guy habe ich die Bibel benutzt. Ich dachte, das würde ihm gefallen... ein Ausschnitt aus dem Deuteronomium... >Und dein Leben wird immerdar in Gefahr schweben; Nacht und Tag wirst du dich fürchten und deines Lebens nicht sicher sein.< Gefällt Ihnen das?«
    »Sehr passend. Eine gute Wahl«, sagte ich.
    »Das ist noch nicht alles, Herzchen. Das Beste haben Sie übersehen... das Nächstliegende... Sie und diese aufgedonnerte Nachlaßanwältin. Ich habe beide Testamente schon vor Monaten gefunden, gleich als ich angefangen habe, hier zu arbeiten. Ich habe bei jeder sich bietenden Gelegenheit Baders Unterlagen durchsucht. Das zweite Testament habe ich zerrissen, damit jemand losgeschickt werden mußte, um nach Guy zu suchen. Sie haben mir die ganze Arbeit abgenommen. Herzlichen Dank.«
    »Was ist mit dem Blut in Ihrem Badezimmer? Wo kam das her?«
    Sie hielt ihren Daumen in die Höhe. »Ich habe eine Lanzette verwendet. Ein paar Tropfen habe ich im Hof und ein paar im Pickup hinterlassen. Hinter dem Werkzeugschuppen steht eine Schaufel. An der ist auch Blut.«
    »Was ist mit der Erde und den Steinchen auf dem Fußboden im Badezimmer?«
    »Ich fand, Donovan sollte auch ein bißchen in die Mangel genommen werden. Haben Sie nicht gleich an ihn gedacht, als Sie es gesehen haben?«
    »Offen gestanden schon. Ich wäre ihm auch auf den Leib gerückt, wenn ich nicht herausgefunden hätte, was wirklich los ist. Aber was nun? Der Versuch, sich zu Fuß aus dem Staub zu machen, war dumm. Sie waren nicht besonders schwer zu finden.«
    »Na und? Ich verschwinde jetzt. Ich habe genug. Lassen Sie mich in Frieden«, sagte sie.
    »Myrna...«, begann ich geduldig.
    »Ich heiße Claire«, fauchte sie. »Was wollen Sie denn?«
    »Ich will, daß das Morden aufhört. Ich will, daß das Sterben aufhört. Ich will, daß Guy Malek in Frieden ruht, wo immer er ist.«
    »Guy ist mir gleichgültig«, sagte sie. Ihre Stimme bebte vor innerlichem Aufruhr, und ihr Gesicht war verkrampft.
    »Was ist mit Patty? Glauben Sie, daß er ihr auch gleichgültig
    wäre?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kenne mich nicht mehr aus. Ich dachte, ich würde mich besser fühlen, aber das tue ich nicht.« Sie marschierte weiter die Straße entlang, und ich trottete hinter ihr her. »Es gibt keine Happy-Ends. Man muß nehmen, was man kriegen kann.«
    »Es mag zwar keine Happy-Ends geben, aber es gibt Lösungen, die zufriedenstellend sind.«
    »Nennen Sie ein Beispiel.«
    »Kommen Sie zurück. Stehen Sie zu dem, was Sie getan haben. Kehren Sie um und stellen Sie sich Ihren Dämonen, bevor sie Sie bei lebendigem Leibe auffressen.«
    Sie weinte nun offen, und auf merkwürdige Weise wirkte sie sehr schön, von Anmut umweht. Sie drehte sich um und begann rückwärts zu gehen, mit ausgestrecktem Arm und nach oben gekehrter Hand, als wollte sie trampen. Ich ging mit derselben Geschwindigkeit, Angesicht zu Angesicht mit ihr. Sie begegnete meinem Blick und lächelte, dann sah sie nach hinten, um nach dem Verkehr zu schauen, der aus der anderen Richtung kam.
    Wir waren an einer Kreuzung angelangt. Die Straße beschrieb vor uns eine weite Kurve. Die Ampel hatte auf Grün geschaltet, die Autos fuhren an und wurden immer schneller. Auch im nachhinein bin ich mir nicht sicher, was sie eigentlich vorhatte. Einen Augenblick lang sah sie mich unverwandt an, dann machte sie einen Satz und lief mitten in den fließenden Verkehr wie ein Turmspringer, der sich von einem Brett stürzt. Ich dachte, sie würde unversehrt bleiben, da das erste Auto ihr auswich und ein zweites, offenbar ohne Verletzungen zu verursachen, sie nur leicht streifte. Die Fahrer auf beiden Spuren
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