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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag
Autoren: Garth Nix
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bevor passiert, was auch immer passiert«, meinte Susi. »Ich sag dir was – warum holst du mich nicht rein, und wir spielen Dame. Und wenn dann die Neunichtse aufkreuzen, werd ich sie dazu bringen, dich nur gefangen zu nehmen. Statt dir den Kopf abzuschneiden, meine ich.«
    »Ich muss tun, was das Handbuch sagt«, entgegnete Giac düster. »Außerdem könnte einer der Internen Revisoren zurückkommen. Er würde Schlimmeres mit mir anstellen, als mir bloß den Kopf abzuschneiden.«
    »Schlimmeres?«, staunte Susi. »Zum Beispiel was?«
    »Einkapselung«, antwortete Giac schaudernd. Er blätterte eine Seite im Handbuch um und starrte darauf, dann seufzte er noch einmal und klappte das Buch zu.
    »Es ist so nett hier oben«, sagte er. »Besonders ohne den Regen. Ich finde wirklich, zehntausend Jahre Regen ist ein bisschen viel. Vielleicht trocknen ja sogar meine Socken, wenn es schön bleibt.«
    »War sogar noch besser mit ’ner Partie Dame!«, beschwatzte Susi ihn weiter. »Brauchst mich gar nicht losbinden – schwenk mich einfach rein, und ich ruf dir meine Züge zu. Und wenn einer von eurem Verein auftaucht, kannst du mich wieder rausschwenken, und er ist kein bisschen klüger.«
    »Schätze, das könnte ich …« Giac legte das Buch weg und studierte die Funktionsweise des Krans. »Ich frage mich, ob es dieses Rad ist … oder vielleicht dieser Hebel?«
    »Nein! Nicht der Hebel!«, schrie Susi.
    Giac zog die Hand wieder weg, mit der er gerade den Hebel hatte ziehen wollen, der den Haken gelöst und Susi in den sicheren Tod hätte stürzen lassen.
    »Dann muss es wohl das Rad sein«, meinte er. Er begann daran zu kurbeln; der Kran kreiste langsam um seinen Drehpunkt, bis Susi schließlich über dem Boden der Veranda baumelte.
    »Gute Arbeit!«, lobte Susi. »Ich nehme an, du willst Mittags Schachbrett immer noch nicht anfassen?«
    Giac nickte.
    »Nun, dann besorg ein Stück Papier und mal uns ein Damebrett!«
    Während Giac Papier und Federkiel aus dem Schreibpult holen ging, drehte sich Susi ein bisschen von dem Bürger weg, sodass er nicht sehen konnte, wie sie zwei Finger unter das Seil um ihre Taille schob und in einer der Taschen ihres Werkzeuggürtels herumtastete. Sie kam nur an diese eine Tasche heran und wusste, dass sich darin nichts wirklich Nützliches wie beispielsweise ein Messer befand. Dennoch, optimistisch wie immer, hoffte sie, dass vielleicht doch irgendwas Brauchbares drin war. Es war harte Arbeit, aber es gelang ihr, einen Riegel wasserlose Dauerseife bester Qualität zu fassen zu bekommen. Langsam manövrierte sie ihn in ihre Hand.
    Verflixte Seife!, dachte sie. Was soll man damit bloß anfangen?
    »Das muss reichen!«, verkündetet Giac. Er legte ein dickes Blatt Papier auf den Boden neben Susis Füßen und zeichnete schnell das Spielbrett auf. »Ich werde noch ein paar Blätter zerreißen, um daraus die Steine zu machen. Willst du Blau oder Weiß sein?«
    »Blau«, sagte Susi. Während sie sich wieder herumschwang, drehte sie die Hand so, dass sie die Seife zwischen zwei Seilwindungen schieben konnte. Da es sich um wasserlose Seife handelte, war sie von Haus aus ziemlich glitschig, und sie hatte sich überlegt, dass sie den Riegel, falls sie ihn gut zu fassen bekam, vielleicht herausschießen lassen konnte. »Was macht deine Kollegin da eigentlich?«
    »Hmmm? Aranj?«, fragte Giac. Er schaute sich nach dem anderen Zauberkundigen Zaungast um: Sie hatte aufgehört, auf und ab zu gehen, und hockte jetzt mit angezogenen Beinen und dem Kopf auf den Knien da, sodass sie wie eine zerquetschte schwarze Spinne aussah. »Sie ist in einem Morast der Verzweiflung versunken. Dein Gerede über unsere Köpfe, die uns abgeschnitten werden, hat sie wohl nicht gerade aufgemuntert.«
    »Was ist ein Morast der Verzweiflung?«, erkundigte sich Susi.
    »Heftiges Elend«, erklärte Giac, während er ein blaues Stück Papier zerriss, »das ein Sichzurückziehen von der Welt zur Folge hat. Widerfährt vielen von uns Zauberkundigen Zaungästen. Hatte selbst schon mal einen Anfall davon, vor tausend Jahren. Keinen allzu schweren, wohlgemerkt – er hat nur zwanzig oder dreißig Jahre gedauert. Schätze, ich sollte jetzt ebenfalls darunter leiden, aber du hattest recht mit dem Damespielen. Ich freue mich auf unsere –«
    In diesem Moment zwang Susi ihre Finger mit einem Schnippen zusammen, und die Seife schoss heraus. Sie traf Giac seitlich am Kopf, jedoch ohne viel Wucht.
    »Autsch!« Giac blickte hektisch um sich,
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