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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings
Autoren: P.C. Cast
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Anton und Dolores tun? Die beiden arbeiteten nun seit über zehn Jahren für Lina. Es klang sicherlich wie ein Klischee, dass sie mehr als Angestellte waren, aber sie waren Linas Familie, besonders da sie selbst keine Kinder hatte.
    Wieder seufzte Lina, dann atmete sie tief durch. Trotz der Schrecken des Tages zogen sich ihre Mundwinkel nach oben. Der Geruch von brennendem Kiefernholz wehte durch die heruntergelassenen Fenster des BMW . Lina fuhr gerade an »Grumpy’s Garden« vorbei, dem kleinen Geschäft am Eingang zum Cherry-Street-Viertel, und wie üblich hatte »Grumpy«, eine sehr nette Dame namens Shaun, mehrere ihrer großen, runden Aztekenöfen in Betrieb, so dass sich der charakteristische Geruch von Kiefernholz über die Gegend legte.
    Lina spürte, wie sich der Krampf in ihrem Bauch auflöste. Sie schaltete runter und fuhr langsamer mit Rücksicht auf die Fußgänger, die hier die Straße überquerten, von Antiquitätengeschäften zu New-Age-Buchhandlungen, von schicken Inneneinrichtern zu ausgefallenen Restaurants liefen. Und im Herzen des Viertels, zwischen einem angesagten kleinen Wellnesstempel und einem traditionellen Schmuckladen, lag schließlich
Pani della Dea
.
    Wie üblich gab es nur wenige Parkplätze an der Straße. Lina bog in die Gasse, um den Wagen in einer der reservierten Buchten hinter dem Gebäude abzustellen. Kaum war sie ausgestiegen, spürte sie ein nur allzu vertrautes Gefühl: Etwas versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Es war immer dasselbe Gefühl, auch wenn es in Stärke und Intensität variieren konnte. Heute war es so, als hätte jemand in der Ferne Linas Namen ausgesprochen, und der Wind hätte das Echo an ihr Bewusstsein herangetragen, ohne dass ihre Ohren etwas wahrgenommen hätten. Sie schloss die Augen. Für so was hatte sie eigentlich keine Zeit … nicht heute.
    Beinahe umgehend bedauerte Lina diesen Gedanken. Nein, sie würde sich durch finanzielle Probleme nicht in ihrem Wesen verändern lassen – und diese besondere Fähigkeit war ein Teil von ihr. Sie war eine Gabe.
    Lina schaute sich um, spähte in die dunklen Ecken zwischen den Häusern.
    »Wo bist du, meine Kleine?«, lockte sie. Dann konzentrierte sie sich, und ein verschwommenes Bild erschien vor ihrem inneren Auge. Lina lächelte. »Komm, Miezi, Miezi!«, rief sie. »Ich weiß, dass du da bist. Du brauchst keine Angst zu haben!«
    Mit einem jämmerlichem
Miau
wagte sich eine magere rotbraune Katze zögernd hinter dem Müllcontainer hervor.
    »Ja, guck mal da! So ein zartes Blümchen bist du! Komm her, mein Schätzchen. Jetzt ist alles gut.«
    Wie unter Hypnose spazierte die kleine rote Katze in Linas ausgestreckte Arme. Der war es egal, ob das verfilzte, schmutzige Fell des Tieres ihr sehr teures, sehr sauberes Seidenkostüm beschmutzte. Sie knuddelte die räudige Katze. Mit vor Bewunderung großen Augen schaute die Kleine zu ihrer Retterin empor und belohnte Lina mit einem Schnurren aus tiefster Kehle.
    Lina konnte sich nicht erinnern, dass sie irgendwann einmal keine besondere Verbindung zu Tieren gehabt hätte. Schon wenn sie als kleines Kind einfach nur ruhig im Garten saß, wurde sie nach kurzer Zeit von Kaninchen, Eichhörnchen und sogar von nervösen Feldmäuschen besucht. Hunde und Katzen liebten sie. Pferde folgten ihr wie Schoßhündchen. Selbst Kühe, die nach Linas Kenntnis ein großes, schlichtes Gehirn hatten, muhten ihr liebevoll zu, wenn sie ihnen beim Grasen näherkam. Schon immer hatten Tiere sie gemocht, doch erst als Jugendliche war Lina klar geworden, wie außergewöhnlich ihre Begabung war.
    Sie konnte Tiere verstehen. Nun ja, nicht im wörtlichen Sinn. Sie war kein Dr. Doolittle oder so was; sie konnte sich nicht mit Tieren unterhalten. Sie sah sich selbst gerne als eine Art Pferdeflüsterer, nur dass ihre Fähigkeit nicht auf Pferde beschränkt war. Dazu gab es noch eine Besonderheit, die die meisten Menschen nicht besaßen. Manchmal wurde ihr eingeflüstert, dass eine Katze ihre Hilfe brauchte. Dieses Flüstern fand nur in ihrem Kopf statt – es war wie eine Leitung, in die sie sich einstöpseln konnte.
    Lina wusste, dass das sonderbar war.
    An der Highschool hatte sie eine Zeitlang mit dem Gedanken gespielt, Tierärztin zu werden. Im Sommer zwischen ihrem zweiten und dritten Highschooljahr hatte sie sogar ein Praktikum in einer Tierklinik gemacht. Dort hatte sie gelernt, dass ihre besondere Beziehung zu Tieren definitiv nicht Blut und Parasiten einschloss, die im
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