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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings
Autoren: P.C. Cast
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noch so viel. Bis zur vollständigen Rückzahlung würde sie sich an den Pranger gestellt und angreifbar fühlen.
Falls
sie es überhaupt zurückzahlen konnte. Sicher, ihr Geschäft hatte sich gut gemacht, aber eine Bäckerei war immer verzichtbar, und die Zeiten waren hart.
    »Was haben Sie noch für Vorschläge?«
    »Nun, Sie könnten zum Beispiel neue Gerichte anbieten, schickere Sachen. Sich vielleicht noch eine Kleinigkeit für die Mittagspause ausdenken, was anderes als diese …« Er zögerte und malte mit seinem dicken Zeigefinger kleine Kreise in die Luft, »… diese kleinen Pizzateile.«
    »Pizzette Fiorentine«, fuhr Lina ihn an. »Das sind Mini-Pizzen, die ursprünglich aus Florenz stammen. Sie sind nicht als Mahlzeit gedacht, sondern als Nachmittagsimbiss, den man zu Käse und Wein reicht.«
    Frank Rayburn zuckte mit den Schultern. »Egal. Ich meine ja nur, dass Sie dadurch nicht besonders viele Mittagsgäste hereinbekommen.«
    »Ach, Sie meinen, ein Brathähnchenbuffet wäre besser? Vielleicht sollte ich ja sogar einen Grill aufstellen und Burger und Pommes verkaufen!«
    »Das ist keine schlechte Idee«, sagte er. Die Ironie in Linas Stimme war ihm völlig entgangen. »Vorschlag Nummer drei wäre, die Belegschaft zu verkleinern.«
    Lina trommelte mit den Fingern auf den Konferenztisch. »Weiter!«, sagte sie täuschend freundlich.
    »Nummer vier wäre, eine Insolvenz in Betracht zu ziehen.« Rayburn hob die Hand, um Lina zum Schweigen zu bringen, obwohl sie noch keinen Laut von sich gegeben hatte. »Ich weiß, das klingt erst mal schlimm, doch nach der teuren Renovierung, die gerade durchgeführt wurde, haben Sie eigentlich keine Reserven mehr, auf die Sie zurückgreifen könnten.«
    »Ich habe diese teure Renovierung nur in Auftrag gegeben, weil Sie mir versichert haben, dass
Pani della Dea
sie sich leisten kann.« Linas Hände zuckten, sie wollten sich unbedingt um Rayburns Hals legen.
    »Wie dem auch sei, Sie haben keine Rücklagen«, sagte er herablassend. »Die Insolvenz ist nur eine Möglichkeit, die ich Ihnen übrigens gar nicht empfehlen würde. Ehrlich gesagt, ich würde zu Vorschlag Nummer fünf raten – verkaufen Sie den Laden an die große Kette, die Ihnen vor zwei Monaten eine Übernahme angeboten hat. Die will lediglich Ihren Namen und den Standort. Ist doch schnell abgetreten. Dann haben Sie genug Geld, um Ihre Schulden zu begleichen und mit einem neuen Namen und einem neuen Laden noch mal von vorn anzufangen.«
    »Aber es hat zwanzig Jahre gedauert, bis der Name ›
Pani della Dea
‹ etabliert war, und ich will nicht umziehen.« Wenn Frank Rayburn auch nur die geringste Menschenkenntnis besessen hätte, wäre ihm das Gewitter aufgefallen, das sich in Linas Augen zusammenbraute.
    Doch Frank Rayburn besaß keine Menschenkenntnis.
    »Also, ich zähle nur Ihre Alternativen auf.« Er lehnte sich auf seinem Plüschstuhl zurück, verschränkte die Arme und warf Lina einen Blick zu, der ihn wohl wie einen strengen Vater wirken lassen sollte. »Sie sind die Chefin. Jetzt müssen Sie entscheiden.«
    »Nein, da irren Sie sich.« Linas Stimme war noch immer ruhig und sanft, hatte jetzt jedoch einen stählernen Unterton. »Ich bin nämlich nicht mehr Ihre Chefin. Sie sind entlassen. Sie haben sich in meiner Firma als ebenso unfähig erwiesen wie in der Wahl Ihrer Kleidung. Meine Anwältin wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen. Ich werde dafür sorgen, dass sie Ihnen mehrere
Vorschläge
unterbreitet. Einer davon wird Ihnen vielleicht die Möglichkeit bieten, nicht vor Gericht zitiert zu werden. Einen schönen Tag noch, Mr Rayburn, oder wie meine geliebte, verehrte Großmutter sagen würde:
Tu sei un pezzo di merda. Fongule e tuo capra!
« Lina erhob sich, strich ihren Rock glatt und ließ ihre lederne Aktentasche zuschnappen. »Ach, wie unhöflich von mir! Sie sprechen ja kein Italienisch. Dann darf ich die weisen Worte meiner Großmutter für Sie übersetzen: Sie sind ein Stück Scheiße. Ficken Sie sich selbst und Ihre Ziege!
Arrividerci!
«
    Lina schritt durch das professionell eingerichtete Büro davon und warf der stark geschminkten Dame am Empfang ein boshaftes Grinsen zu.

2
    Bauchgefühl, sagte Lina sich, trat aufs Gaspedal ihres BMW und flog fast über die Überführung des Highway  51 . Sie war auf dem Weg vom Geschäftsviertel im Zentrum von Tulsa zur angesagten Cherry Street, wo sich ihre Bäckerei befand. Beim nächsten Mal würde sie auf ihr Bauchgefühl hören, und wenn es
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