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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht
Autoren: Pierre Grimbert
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meine Sklaven. Etwa ein Dutzend hatte sich abgesondert und bildete das Lager der Feinde. Selbst der Tugendhafteste hat Widersacher.
    Keiner von uns hatte je von der Arena gehört. Am Abend unserer Ankunft im legendären Tempel des Großen Werkes brachte man uns zum ersten Mal seit Beginn unseres Noviziats in Einzelzellen unter.
    Die Türen wurden von außen verschlossen, doch daran waren wir gewöhnt. Aber warum trennte man uns voneinander? Und weshalb entband man uns von der üblichen Fronarbeit?
    Man riet uns, schlafen zu gehen, und ich gehorchte bereitwillig, da ich von der langen Reise erschöpft war. Außerdem versprach der folgende Tag anstrengend zu werden.
    Einige Novizen blieben noch bis spät in die Nacht wach und unterhielten sich durch die Zellengitter mit ihren Nachbarn. Ich hörte mit halbem Ohr zu, wie gewohnt auf der Suche nach möglichen Druckmitteln. Doch schließlich übermannte mich der Schlaf - ein Geschenk der Göttin, denn ich würde alle meine Kräfte brauchen.
    Wir blieben bis zum Morgengrauen in unseren Zellen eingekerkert. Als die Boten uns befreiten, führten sie uns geradewegs in die Arena.

    Noch nie hatte ich so viele Priester an einem Ort versammelt gesehen. Selbst die höchsten Judikatoren waren gekommen. Sie trugen die geheimen Orden der Göttin, die nur im Lus’an offen zu sehen waren.
    Ich hielt mich nicht damit auf, die Anwesenden genauer zu betrachten. Mir war sofort klar, was nun geschehen würde. Die siebenundsechzig Novizen standen auf einem runden, geschlossenen Kampfplatz, auf den die Boten von den voll besetzten Rängen hinunterblickten. An der Mauer hingen in unregelmäßigen Abständen dreißig Hati.
    Zuïa würde ihre Diener auserwählen.
    Ich versammelte meine Garde um mich und wartete auf das Zeichen der Judikatoren. Doch sie rührten sich nicht. Also kam ich den anderen zuvor und schickte meine Anhänger zur Mauer. Noch bevor sich die übrigen Novizen vom Fleck gerührt hatten, schnappten wir uns dreizehn Hati.
    Damit hatte ich das Zeichen gegeben. Alle stürzten sich nun auf die Dolche, und die aufflammenden Kämpfe forderten rasch die ersten Opfer. Einige meiner ›Untertanen‹ eilten hilfesuchend zu mir, aber diese Narren nützten mir nichts. Ich jagte sie mit der Ermahnung davon, einen Hati zu erbeuten. Manche blieben winselnd an meiner Seite und wurden von meiner Garde niedergestreckt.
    Drei meiner Männer fielen im Kampf. Ich sicherte mir die Dienste von zweien ihrer Bezwinger und machte sie zu meinen Sklaven. Den dritten, einen meiner zähesten Feinde, erdolchte ich, als er mir den Rücken zuwandte.
    Nun war ich im Besitz zweier Hati und damit mächtiger als je zuvor. Einen schenkte ich dem stärksten der noch unbewaffneten Novizen und sicherte mir dadurch seine Dankbarkeit und Treue. Als Erstes trug ich ihm auf, meinen letzten beiden Feinden die Kehle durchzuschneiden.

    Als der Kampf zu Ende ging, standen noch sechsundzwanzig Novizen im Ring, davon nur fünfzehn unverletzt. Die Hati waren natürlich nicht vergiftet gewesen. Das hätte den Sieg zu leicht gemacht.
    Ich wurde von den höchsten Judikatoren ausgezeichnet. Zuïa hatte in mir einen ihrer besten Diener erkannt. Ein solches Glücksgefühl hatte ich noch nie zuvor empfunden.
    Und sollte es nie wieder empfinden, bis ich meinem Meister begegnete. Er wird alle Königreiche der bekannten Welt zu einer einzigen Arena machen.
     
     
     
    Emaz Drékin steigt eine unebene, aus rohem Stein gehauene Treppe hinunter. Sie wird nur selten benutzt, und nur die Emaz kennen sie. Er selbst ist seit achtundzwanzig Jahren nicht mehr hier gewesen. Seit Lanas Geburt.
    Obwohl die Stufen breit sind, muss er vorsichtig sein, um auf dem mit Staub und Schutt, ja sogar mit den Gebeinen kleiner Tiere übersäten Boden nicht auszurutschen. Im flackernden Kerzenlicht erscheint ihm der Abstieg noch gefährlicher. Aber der Wunsch, das Ganze so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, treibt ihn voran.
    Als er endlich am Fuß der Treppe angelangt ist, hastet er durch einen großen leeren Saal, der genauso ausgestorben daliegt wie das übrige Gebäude. Er biegt erst in einen und dann in einen zweiten Gang ein, der zu einer verrosteten Tür führt. Als er den Schlüssel ins Schloss steckt, befürchtet er einen Augenblick lang, dass es zugerostet sein könnte. Doch dann dreht sich der Schlüssel, und die Tür schwingt mit einem lauten Knarzen auf, das in den von Menschenhand erbauten Hallen noch lange nachklingt.
    Wieder steht er
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