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Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)

Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)

Titel: Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
Autoren: Carola van Daxx
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unansehnlich.
    Es war dreckig, richtig dreckig.
    Heute würde man zu diesem Farbton wohl „Stumpfes Friedhofsblond“ sagen…
     
    Und da die Freifrau von übermäßigen Haarwäschen  genauso wenig hielt wie von übermäßigem Shampoo- und Wasserverbrauch, sah es meist nicht nur unappetitlich aus, sondern es roch auch noch mehr als streng. Da konnte die Haube auch wenig ausrichten, aber wenigstens war die immer blütenweiß und gestärkt.
    Ihr Gesicht jedoch war von unglaublich vielen Falten durchzogen – ein Plisseerock eigentlich.
    Damit will ich nicht sagen, dass ich Falten schlimm finde. Aber es ist nun mal so, dass es da gravierende Unterschiede gibt. Es gibt nämlich schöne Falten und solche, wie die Mutter Oberin sie hatte. Ihre machten sie noch älter und noch griesgrämiger als sie sowieso schon war. In diesem Fall konnte man sagen, es handelte sich um eine persönlichkeitsunterstreichende Hautalterung.
    Man sah auf zehn Meter gegen den Wind, dass die Oberin in ihrem Leben keine einzige Lachfalte produziert hatte.
    Und erschwerend kam hinzu, dass sie mit ihrer harten, kalten Art auch dafür gesorgt hatte, dass in ihrem Umfeld die Lachfa ltenproduktion mehr  oder weniger eingestellt war.
     
    Ihr normaler Arbeitstag, und ihr Leben bestand wohlgemerkt ausschließlich aus Arbeitstagen (die einzige Freizeit waren seit je her drei dienstfreie Stunden am Sonntagnachmittag), begann früh, sehr früh.
    Um vier Uhr morgens klingelte der Wecker, um halb fünf war Morgenandacht, wozu wir Schwestern auch verdonnert waren, wann immer unsere Dienstzeiten die Teilnahme daran ermöglichten. Um Viertel nach fünf gab es ein karges Frühstück, bestehend aus Brot, Margarine, Gelee und einer Sorte Käse (der nach nichts schmeckte und auch noch mager war), Bohnenkaffee der Marke „Transparent“ und vor allen Dingen aus einer Zutat: Hetze! Denn es galt, so viel wie möglich in sich hineinzustopfen, um später zumindest halbwegs gesättigt auf Station zu erscheinen.
    Und das hatte seinen guten Grund, obwohl daran nichts wir klich gut war. Die eiserne Regel zu allen Mahlzeiten lautete nämlich: Wenn die Mutter Oberin von und zu Kreuzfelder ihr Besteck hinlegt und nach der Serviette greift, um sich den verbissenen Mund abzuwischen, dann haben alle (alle!) anderen Tischgenossinnen umgehend das Essen und Trinken einzustellen.
    Hieß im Klartext: Das Sättigungsgefühl der Mutter Oberin bestimmte die Kalorienzufuhr aller Lernschwestern. Was dazu führte, dass die Mädchen, die in der Regel zwischen siebzehn und zwanzig Jahren jung waren, in sich hineinschlangen, was das Zeug hielt.
    Dieses schnelle, hastige Essen und Schlingen verleitete die Mutter Oberin natürlich tagtäglich dann wieder zu ihrem Schweine-Spruch, den sie nach Bedarf immer umkehrte, je nachdem, ob sie gerade bei den Mahlzeiten oder den gefürchteten Zimmerkontrollen war. Beim Essen hieß es eben: „Wir hausen nicht wie die Schweine, also essen wir auch nicht wie dieselbigen.“ Ging es um die Zimmerkontrolle, fing es dann eben mit „Wir essen nicht wie die Schweine…“ an.
    Jedenfalls hatten alle Lernschwestern Magenprobleme. So konnte man sich anscheinend auch zukünftige Patientenstämme sichern…
     
    Jedoch gab es eine einzige Freude im Leben der Mutter Oberin – und die hieß Amselfelder Rotwein .
    Jeden Abend , nachdem sie gegen zehn Uhr von ihrem allerletzten Kontrollgang zurück in ihrer Kammer war, trank sie mindestens eine Flasche davon, und noch bevor die große Standuhr auf dem Flur im ersten Stock des Wohnheims zwölfmal geschlagen hatte, konnte man es bis zum dritten Stock fast wortwörtlich verstehen. Die Oberin war voll wie eine Haubitze und sang allabendlich lauthals und vollkommen falsch das gleiche Lied: „Prost Bingen, Prost Mainz, Prost auch dir, du holder Karl-Heinz!“ Ja, das war die erste Strophe und dann kam die zweite Strophe: „Prost Bingen, Prost Mainz“…
    So ging das in der Regel eine Stunde, manchmal auch etwas länger, je nachdem, wie die Mutter Oberin in Form war, oder ob es sich um eine kleine Flasche oder einen ganzen Liter des roten Drachenglücks handelte.
    Irgendwann kam dann nur noch so etwas wie „Pssssd Bingn, Mmmmnz, Kalllllleins“ aus ihren sonst so verbissenen Lippen, bei denen eine klitzekleine Auffüllaktion vom plastischen Chiru rgen wirklich Wunder bewirkt hätte. Aber das nur nebenbei. Jeder wusste, dass die Mutter Oberin ganz schön was wegputzte, und das allabendlich.
    Nicht umsonst hieß die
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