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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Tür.
    »Ich bin gleich wieder da.« Sie beeilte sich wegzukommen, damit Mitch sich nicht doch noch selbst einlud. Sie hörte, wie er ihr etwas hinterherrief - wahrscheinlich, daß er sie liebte. Sophie antwortete nicht. Statt dessen zog sie eine kleine Show ab, indem sie laut mit den Schlüsseln klapperte und auffällig am Schlüsselloch herumfummelte. Sie wollte ihn nicht anlügen. Sie wollte nicht. Wenn sie ihm in diesem Augenblick gesagt hätte, daß sie ihn liebte, dann wäre das vielleicht die schamloseste Lüge ihres Lebens gewesen.
     
     
    Jayjay stand unter einer Markise und lehnte sich an eine Mauer, als Sophie auftauchte. Sie rannte sofort zum Wagen und schlüpfte dankbar hinein. Ihre Augen und die Nase waren rot und geschwollen. Sie schniefte. Also hatte Jayjay doch geheult. Sophie sagte kein Wort, als sie den Wagen zurück auf die Straße lenkte.
    »Danke, daß du gekommen bist«, sagte Jayjay. Sie sah aus dem Seitenfenster, und ihre Stimme klang ruhig und sachlich. Sophie konnte sich nicht vorstellen, was Jay so durcheinandergebracht haben konnte. Als sie das letzte Mal miteinander gesprochen hatten, ging es ihr noch gut. Das war erst ein oder zwei Wochen her… oder drei. Sie glaubte nicht, daß es mehr als drei Wochen waren.
    »Kein Problem.« Sophie mußte wegen einer älteren Frau mit einer durchsichtigen Regenhaube und steifem Regenmantel abbremsen. Bei dem Versuch, in ihren Cadillac einzusteigen, hatte die Dame die Tür so weit geöffnet, daß die halbe Fahrspur blockiert war. Sophie machte einen Bogen und fuhr in die Straße, die zu Jayjays Haus führte.
    »Nicht nach Hause«, sagte Jayjay. Ihre normalerweise klare Stimme rasselte, und Sophie hörte… was? Tiefe Gefühle, Frustration und… Wut? Ja. Wut.
    »Okay. Dann eben nicht nach Hause. Möchtest du mit zu mir?«
    Jay blickte Sophie zum ersten Mal in die Augen. »Ist Mitch da?«
    »Ja.«
    »Dann möchte ich auch nicht zu dir. Hast du ein wenig Zeit? Wir könnten bei Norris einen Kakao trinken gehen.«
    Sophie nickte schweigend. Jayjay mochte Norris’ Bistro eigentlich gar nicht. Sie grübelte darüber nach, während sie in die Tadweiller Street einbog, um zu dem Restaurant zu fahren, das Jay erwähnt hatte. Sie hatte viel Zeit zum Nachdenken. Jay hatte offensichtlich nicht die Absicht, ein Gespräch zu beginnen.
    Das änderte sich auch nicht, nachdem sie an einem Tisch am Fenster Platz genommen hatten, von wo aus sie die Straße beobachten konnten, und die Kellnerin ihnen die Speisekarte gebracht hatte. Bis sie endlich bestellen konnten, starrte Jayjay nur auf die Sturzbäche, die der Regen am Glas hinterließ. Sie war wie in Trance. Dann schreckte sie plötzlich aus ihrer düsteren Stimmung hoch und zauberte ein strahlendes, entschlossenes, aber künstliches Lächeln aufs Gesicht. »Ich werde eine Weile nicht in der Stadt sein. Ein paar Wochen… vielleicht auch einen Monat. Ich frage mich, ob mein Verleger die Post nicht an deine Adresse schicken könnte, während ich weg bin.«
    Sophie dachte nach. Was ist mit Steven? Was hat er vor? Aber sie fragte nicht weiter nach. Sie konnte warten. Jay würde ihr schon irgendwann erzählen, was passiert war. »Ich glaube nicht, daß das Probleme bereiten wird. Was ist mit dem Softball-Team?« Während der letzten drei Jahre war Jay die beste Werferin bei den Peters Library Lions gewesen. Jayjay liebte Softball.
    »Candy McIlheny wird meinen Platz einnehmen. Sie intrigiert sowieso schon seit ewigen Zeiten deswegen.«
    »Sie ist widerlich.«
    »Das sind viele Dinge.« Jay lächelte nicht, als sie das sagte.
    Sophie hatte den Wink verstanden und wechselte das Thema. »Wann fährst du?«
    »Ich bin hier weg, so schnell es geht. Mein Reisepaß ist noch gültig. Um das Visum muß ich mich erst kümmern… «
    »Ein Reisepaß und ein Visum.« Sophies Neugier wuchs. »Wo fährst du hin?« Sie nippte an ihrem Kakao und blickte nachdenklich auf ihre alte Freundin.
    »Nun… eigentlich wollte ich es niemandem verraten. Es soll sich nicht herumsprechen.« Sophie hob eine Augenbraue. Jayjay seufzte. »Hier.« Sie griff in die große Tasche ihres Regenmantels, holte eine Tüte von Baldwell heraus und reichte sie Sophie.
    Sophie schaute hinein. Einer von diesen Reiseführern lag darin… Auf dem Umschlag schien ›Spanien‹ zu stehen, aber das gedämpfte Licht im Restaurant machte sie unsicher. Spanien. Sophie griff in die Tüte, um das Buch herauszuholen. Als sie es berührte, lief ein Schauer über ihren
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