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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Schließung der Grenzen folgten, sind Kriege, Politik, die industrielle Revolution und das Zeitalter der Elektronik an Glenraven vorübergezogen, ohne auch nur eine Delle in der Grenze hinterlassen zu haben. Glenraven ist ein Land, das sich vor der Zeit versteckt hat. Ländlich, feudal, ein kleines Land, wo die Menschen noch in echter Gemeinschaft leben, wo Integrität, Ehrlichkeit und harte Arbeit keine altmodischen Werte sind… «
    Ja. Ja! Das war genau das, was sie brauchte. Sie markierte die Seite mit dem Daumen und blickte ins Leere, »vierhundert Jahre.«
    Sie öffnete das Buch erneut und überflog die Einleitung. Sätze wie »mehr bewohnte Burgen als irgendwo sonst auf der Welt«, »großartige volkstümliche Feste« und »der letzte jungfräuliche Wald Europas« interessierten Jayjay. Wenn sie sich schon verstecken mußte, dann konnte sie genausogut Spaß dabei haben. Sie versuchte, sich die Orte vorzustellen, die sich hinter Namen wie Tenadds, Cotha Faldan, Dirry, Botthloch oder Ruddy Smeachwykke verbargen. Das Betrachten der Skizzen von gepflegten Mauern, spröden Reetdächern und gewundenen Wegen durch die archaischen Wälder verursachte ihr eine Gänsehaut. »Eine Reise durch Glenraven wird ein einmaliges Abenteuer in Ihrem Leben sein«, versprach der Reiseführer. »Dieses kleine Land ist einzigartig. Solange die Zeitreise noch unmöglich ist, bildet das unberührte, unverdorbene Glenraven das letzte Tor zu Europas mystischer, vergessener Vergangenheit.«
    »Mystische, vergessene Vergangenheit«, murmelte Jayjay. Irgendwo zwischen Ruddy Smeachwykke und mystischer, vergessener Vergangenheit entschied sie sich, es zu wagen. Sie würde ihre Koffer packen, ein Ticket kaufen und in dieses Reich jenseits von allem Bekannten fliehen.
    »Aber«, las sie, »Ihre Chancen, dieses wundersame, kleine Land zu bereisen, sind sehr begrenzt. Glenraven ist sich durchaus der Wunder bewußt, die nur noch dort allein in dieser sonst so modernen Welt bewahrt werden. Auch weiß man um die Gefahren, die durch den Fortschritt drohen, der zwar vieles schafft, aber ebensoviel wieder zerstört. Deshalb werden die Grenzen des Landes im Anschluß an die Sonnenwendfeier zum Jahresende wieder geschlossen. Wenn dies geschieht, wird niemand - außer den Einwohnern Glenravens - sagen können, ob vier oder vierhundert Jahre vergehen, bis die Grenze wieder geöffnet wird.«
    Kein Problem. Ich wette, daß ich innerhalb einer Woche im Flugzeug sitzen kann. Jayjay klappte das Buch zu. Sie hielt es in der Hand, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ihre Finger kribbelten. Sie konnte sich beinahe vorstellen, wie ein Kribbeln von dem Buch ausging, und sie war sich beinahe sicher, daß etwas Größeres als einfach purer Zufall sie bei diesem Regen in die Buchhandlung geführt hatte.
    Beinahe…
    Aber ihre praktische Seite setzte sich durch. Der Fodor’s Reiseführer war wunderschön. Der Gedanke, für eine Weile von hier wegzukommen, erschien ihr hervorragend.
    Allerdings würde es eine Menge Geld kosten. Sie konnte ihr Sparguthaben plündern, um die Reise zu bezahlen, oder Bryan von Candlewick Press einen Reisebericht verkaufen und alles als Spesen absetzen. Ihr Verleger wartete noch darauf, daß sie die Druckfahnen von Das Jahr nach dem Schmerz - einem Sachbuch über Menschen, die den Krebs besiegt hatten - durcharbeitete. Jayjay ging davon aus, daß sie das innerhalb einer Woche erledigen könnte. Danach hatte sie etwas Zeit eingeplant, um an einem Roman zu arbeiten. Sie freute sich richtig darauf, einmal eine Geschichte zu schreiben. Der Titel lag immer noch in der Schwebe. Allerdings hatte sie in diesem Bereich weder Erfahrung noch einen Verleger, der sich dafür interessierte. Gleichzeitig wurde sie von ihrem Agenten unter Druck gesetzt, doch einmal eine Fortsetzung zu Die Seele einer kleinen Stadt zu schreiben, das sich wesentlich besser als ihre anderen Bücher verkauft hatte.
    Die Seele eines kleinen Landes, dachte sie. Jayjay fragte sich, ob es ihr gelingen würde, genug Verbindungen zum ersten Band herzustellen, damit die alten Leser auch die Fortsetzung kaufen würden.
    Natürlich würde ich Bryan dann immer noch ein Buch schulden. Außerdem müßte ich ihm sagen, wohin ich gehe und warum. Ich glaube nicht, daß ich das will.
    Ihr Sparguthaben war groß genug, um sie ein Jahr lang - während der Arbeit an einem Roman - über Wasser zu halten, wenn sie nicht zu extravagant lebte oder krank würde. Einen Teil davon könnte sie für die
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