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Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Titel: Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar
Autoren: Mark Zak
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Unterstützung und für Ihren Mut, trotz zahlreicher Drohungen den Weg ins Theater gefunden zu haben.«
    Die mutigen Bürger antworteten mit tosendem Applaus.
    »Mein ganz besonderer Dank gilt dem Förderverein und seinem langjährigen Vorsitzenden Hans Pechstein, dem treuen Freund unseres Hauses. Nachdem uns die Stadt in diesem Jahr die Subventionen komplett gestrichen hat, hätte das Theater ohne seine großzügige finanzielle Unterstützung nicht überleben können.«
    Hans Pechstein, ein stattlicher, durchtrainierter Mann Anfang sechzig, stand kurz auf und verbeugte sich. Das Publikum applaudierte.
    »Und jetzt wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung.«
    Sandini verschwand hinter der Bühne. In diesem Moment tauchten noch vier verspätete Zuschauer auf: Heidi Golub und ihr Mann Jurij, flankiert von zwei Bodyguards, die nicht gerade wie passionierte Schachspieler aussahen.
    »Ist das nicht deine Heidi?«, fragte Judith
    »Das ist nicht meine Heidi, das ist Jurijs Heidi.«
    »Aha, und der fette Klotz zwischen den beiden Kampfhunden ist dann also Jurij … Was für ein Leckerchen. Deine Ex hat echt Geschmack.«
    »Urteilt nicht nach dem äußeren Schein, sagt die Bibel.«
    »Natürlich, die Taten sind entscheidend …«
    Die Vorstellung begann. Der Vorhang öffnete sich: das Rauschen des Meeres, Sand und drei künstliche Palmen. Das konnte der See Genezareth oder die kalifornische Pazifikküste sein. Zwölf junge Männer saßen im Schneidersitz im Sand und ließen die Wasserpfeife kreisen.
    Josif schloss die Augen und entspannte sich. Ihm fiel ein, wie er selbst als 13-Jähriger auf der Bühne stand. Daran hatte er bestimmt seit 30 Jahren nicht mehr gedacht. Die Schultheater-AG in Jalta. Ein Stück über junge Partisanen. Er spielte einen Gestapo-Offizier, der die Helden verhört und foltert. Eine sehr undankbare Rolle, weil die Mädchen nur die Helden anhimmelten. Da hatte er sich zum ersten Mal gewünscht, ein sowjetischer Agent zu sein, der sein Vaterland rettet und die Partisanen fliehen lässt. Kurz nach dieser enttäuschenden Theatererfahrung wechselte er zur Jiu-Jitsu-AG und wurde bald Stadtmeister in seiner Altersklasse.
    Er erinnerte sich an den Deutschlehrer, der die Theater-AG leitete, Iwan Albertowitsch Levy. Iwan (eigentlich Hans) Levy war deutscher Jude und Kommunist. Er war 1935 in die Sowjetunion geflüchtet, 1937 von Stalin als deutscher Spion verhaftet und erst 1954 rehabilitiert worden. Levy war mit Marija Nikolaewna, der Schuldirektorin, verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Boris war Josifs Klassenkamerad. Josif war mehrmals bei Levys zu Hause. Sie wohnten in einem kleinen Dreizimmerhäuschen mit Garten am Stadtrand. An der Wand im Wohnzimmer hingen ein paar vergilbte Fotos aus Deutschland, einer für Josif fremden, faszinierenden, unerreichbar fernen Welt: Der zwölfjährige Hans steht mit Mama und Papa vor einem großen Kaufhaus, der kleine Hans mit Lockenkopf und im Kleidchen sitzt zu Hause auf einem großen Perserteppich …
    Levy hatte bei ihm das Interesse für die deutsche Sprache geweckt. Ohne ihn hätte Josif wohl nicht Deutsch studiert und wäre nicht Jahre später in der Auslandsspionageabteilung gelandet.
    Das Stück näherte sich seinem Höhepunkt: Abendmahl.
JESUS: Einer von euch wird mich verraten.
PETRUS: Ich werde dich niemals verraten
JESUS: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich drei Mal verleugnen.
    Kam Levy nicht aus Köln? Josif versuchte sich vergeblich an seine Sprachfärbung im Deutschunterricht zu erinnern. Trotz Stalins Lager war Levy ein überzeugter Kommunist und Internationalist geblieben, der an Gerechtigkeit, Gleichheit und Völkerverständigung glaubte.
    Passend zu Josifs Erinnerung ertönte in diesem Moment die Internationale. Josif wunderte sich im Halbschlaf über so viel Einfallsreichtum der Regie. Die Musik wurde immer lauter …
    Der spitze Ellbogen von Judith in seinen Rippen riss ihn aus dem Schlummer. Die Internationale, natürlich, sein Handy-Klingelton. Vergessen war das Abendmahl. Alle Augen richteten sich auf Josif. Er schaute auf das Display. Es war Ahmet. Wenn er nachts um 23 Uhr anrief, musste es wichtig sein. Zur Empörung des ganzen Saals nahm Josif das Gespräch auch noch an:
    »Was gibt es, Ahmet?«
    »Josif, mein Taxi! Die Nazischweine haben es total auseinandergenommen!«
    »Fass nichts an und lass niemanden dran, ich komme heute Nacht und kümmere mich drum.«
    Ein mit Original-Polizeimütze, Sheriffstern und Tunika kostümierter
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