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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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etwas wie einen Zauberstab in Händen, mit dem sie die brutalen Begierden entkettet, die bei den Männern so gewaltsam zurückgedrängt sind, wenn sie noch ein Herz haben, obgleich sie sich mit der Politik, der Wissenschaft, der Literatur oder der Kunst beschäftigen. Es gibt in Paris keine zweite Frau, die so. wie sie zum Tier sagen kann: Komm hervor! Und das Tier verläßt seinen Stall und wälzt sich in Ausschweifungen: bis an das Kinn setzt sie einen zu Tisch, sie hilft einem trinken und rauchen. Kurz, diese Frau ist das Salz, das Rabelais besingt und das, auf die Materie gestreut, die Dinge belebt und bis in die Wunderregionen der Kunst erhebt: ihr Kleid entfaltet unerhörte Pracht, ihre Finger lassen zur rechten Zelt ihre Geschmeide fallen, wie ihr Mund sein Lächeln; sie gibt jedem Ding den Geist des Augenblicks; ihre Rede glitzert von stechenden Pfeilen; sie kennt das Geheimnis der Onomatopöien in den schönsten Farben, die auch am kräftigsten malen ...« »Du vergeudest für fünf Franken Feuilleton,« sagte Bixiou, indem er Lousteau unterbrach, »die Torpille ist unendlich viel mehr als all das; ihr alle seid mehr oder minder ihre Liebhaber gewesen, aber keiner von euch kann behaupten, sie sei seine Geliebte gewesen; sie kann euch immer besitzen, ihr werdet sie nie besitzen. Ihr erbrecht ihre Tür, ihr habt sie um einen Dienst zu bitten ...« »Oh! sie ist großmütiger als ein Räuberhauptmann, der seine Sache recht macht, und ergebener als der beste Schulkamerad,« sagte Blondet; »man kann ihr seine Börse und sein Geheimnis anvertrauen. Aber das, weswegen ich sie zur Königin wählen würde, ist ihre bourbonische Gleichgültigkeit gegen den gefallenen Günstling.« »Sie ist wie ihre Mutter viel zu teuer,« sagte Des Lupeaulx. »Die schöne Holländerin hätte die Einkünfte des Erzbischofs von Toledo verschlungen, sie hat zwei Notare aufgezehrt ...« »Und Maxime von Trailles ernährt, als er Page war,« sagte Bixiou. »Die Torpille ist zu teuer, wie Raffael, wie Carême, wie Taglioni, wie Lawrence, wie Boulle, wie alle genialen Künstler zu teuer waren ...« sagte Blondet. »Nie hat Esther so sehr nach einer anständigen Frau ausgesehen,« sagte jetzt Rastignac, indem er auf die Maske zeigte, der Lucien den Arm gereicht hatte. »Ich wette auf Frau von Sérizy.« »Da ist kein Zweifel möglich,« rief du Châtelet; »der Wohlstand des Herrn von Rubempré ist erklärt.« »Ach, die Kirche weiß sich ihre Leviten auszuwählen; was für einen hübschen Gesandtschaftssekretär wird er abgeben!« sagte Des Lupeaulx. »Um so mehr,« fuhr Rastignac fort, »als Lucien ein Mann von Talent ist. Diese Herren haben mehr als einen Beweis dafür erlebt,« fügte er hinzu, indem er Blondet, Finot und Lousteau ansah. »Ja, der Bursche ist dazu geschaffen, um es weit zu bringen,« sagte Lousteau, der vor Eifersucht barst, »um so mehr, als er das hat, was wir ›Unabhängigkeit in den Ideen‹ nennen...« »Du hast ihn zu dem gemacht, was er ist,« sagte Vernou. »Nun,« versetzte Bixiou, indem er Des Lupeaulx ansah, »ich appelliere an die Erinnerungen des Herrn Generalsekretärs und Berichterstatters über die Bittschriften; diese Maske ist die Torpille, ich wette ein Souper ...« »Ich halte die Wette,« sagte du Châtelet, der gern die Wahrheit wissen wollte. »Auf! Des Lupeaulx,« sagte Finot, »sehen Sie zu, daß Sie die Ohren Ihrer alten Ratte wiedererkennen.« »Es ist nicht nötig, einen Verstoß gegen die Maskenfreiheit zu begehen,« erwiderte Bixiou,» »die Torpille und Lucien werden bis zu uns herkommen, wenn sie das Foyer wieder heraufgehn; ich mache mich anheischig, euch dann zu beweisen, daß sie es ist.« »Er ist also wieder übers Wasser gekommen, unser Freund Lucien?« sagte Nathan, der sich der Gruppe anschloß; »ich glaubte, er wäre für den Rest seiner Tage nach Angoulême zurückgekehrt. Hat er irgendein Geheimnis wider die Manichäer entdeckt?« »Er hat getan, was du so bald nicht tun wirst,« erwiderte Rastignac, »er hat alles bezahlt.« Die dicke Maske nickte beistimmend mit dem Kopf. »Wenn ein Mann in seinem Alter ein ordentlicher Mensch wird, gerät er auf Abwege; er hat keine Kühnheit mehr, er wird Rentier,« versetzte Nathan. »Oh, der wird stets ein großer Herr bleiben, und er wird innerlich stets eine Höhe der Gedanken besitzen, die ihn über viele sogenannte überlegene Menschen erhebt,« gab Rastignac zurück.
    In diesem Augenblick sahen die Journalisten, Dandys und
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