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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition)
Autoren: Rona Walter
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sie und wandte sich dem Gebäck zu, um es auf dem Teller zu zerpflücken.
    »Aber das wissen Sie sicher bereits«, mischte ich mich ein.
    Meine Lady seufzte tadelnd. Und obwohl sie mich nicht ansah, bemerkte ich, dass sie ungehalten war. Nun denn, höchstwahrscheinlich wieder ein Abend im kalten Kellergewölbe. Was konnte ich auch mein Mundwerk nicht zügeln. Es wurde so viel getratscht vom einfachen Volk jenseits des Wilden Waldes, dass ich mir sicher war, der Kutscher habe die neueste Version der Waldeck´schen Familientragödie bereits zum Besten gegeben.
    »Bevor Sie noch in dieser Nacht aufbrechen«, hob sie ohne aufzublicken erneut an, während Lord Sandys Schultern entgeistert in Richtung des dicken Teppichs sackten, »bin ich gezwungen, Ihnen sogleich alle Informationen zukommen zu lassen, die von Nutzen sein werden. Da mir jedoch meine Verpflichtungen keine Zeit lassen für Solcherlei, wird mein Valet das übernehmen.«
    Sie winkte uns beide zu sich und wir positionierten uns zwischen dem schweren Ledersessel, in welchem der Lord lümmelte, und der Chaiselongue. Meine Lady legte ihre schmale Hand auf meinen Oberarm, der augenblicklich stark auskühlte.
    »Sein Name ist Frederick Van Sade. Er steht mir und meiner Familie zwar erst seit wenigen Jahren zur Verfügung und pflegt Kontakte zu allerlei biertrinkendem Gesindel, das sich auf den Straßen verbreitet hat wie seinerzeit die Pest. Dennoch, er sollte Ihnen auf Ihrer ungastlichen Reise recht nützlich sein. Außerdem kann er im Falle eines Zusammenstoßes mit ebenjenem Gesindel eventuell vermitteln.«
    Das war nur leicht übertrieben, meist war ich einfach vom Glück begünstigt und hatte mehr Schwein als anderes Gassengesocks Schwielen am Körper, wenn es um das Entwenden von Börsen ging. Ich verstand mich bestens darauf, mit der Dunkelheit und ihren Gestalten Freundschaft zu schließen, was nicht zuletzt an meiner Hasenfußerei liegt. Ich bin in dieser Angelegenheit weniger konfliktscheu als eitel, um mich für eine körperliche Auseinandersetzung zur Verfügung zu stellen. Stattdessen beschränkte ich mich darauf, mich aus jedweder fragwürdigen Situation herauszuhalten und Gelegenheiten zu nutzen. Vorsorglich jedoch hatte ich jegliche Spielschulden und ausstehende Trinkrunden kürzlich beglichen. Schließlich kann man nie wissen …
    »Zudem ist er äußerst geübt im Umgang mit Schusswaffen und Degen, und außerdem stammte ein Teil seiner Familie aus Deutschland und ich hege die Annahme, dass er sich etwas souveräner auf die harte Sprache dieses Volkes versteht als Sie, falls dieses Talent überhaupt nötig sein sollte.« Das war schlicht übertrieben – der Teil mit der Waffenkundigkeit zumindest.
    Lord Sandford hob eine buschige Augenbraue, widersprach jedoch zu meinem Erstaunen nicht. Aber es ging ihm doch gewaltig an die behaarte Brust, dass er nun aufgrund seiner sprachlichen Unzulänglichkeit auf meine – zugegeben, leidlich guten – Deutschkenntnisse angewiesen schien. Ein Reisender wie er allerdings, beherrschte doch zweifelsohne die großen Sprachen. Und mit etwas Französisch oder dem Englischen sollte man auch in Deutschland zurecht kommen können.
    Die Lady deutete knapp auf Giniver. »Jedoch bat mich mein treuer Van Sade, ihm eine Begleitung und somit meine Maid Giniver mit auf den Weg zu schicken. Und da ich die Erfahrung gemacht habe, dass die Qualität der Haushaltsführung im besten Falle leidlich ist, wenn diese Beiden hier getrennt werden,«, sie verstärkte den Druck auf meinen Unterarm, »komme ich seinem Ersuchen gern nach.«
    Nun würden die arme Anne und die alte Köchin sich um alles allein kümmern müssen, und das für unsere nicht sonderlich geduldige Herrin, wie ich wusste. Die Spitze in ihrem Unterton war uns beiden nicht entgangen. Tatsächlich waren Giniver und ich einzig Freunde, wie ich anmerken möchte. Wir hatten in den letzten drei Jahren unseres Kennenlernens ein beinahe untrennbares Band gewoben, das uns stets verband. Dieses veranlasste Giniver auch dazu, durchgehend hemmungslos zu schluchzen, wenn sie mich nicht in der Nähe des Anwesens und damit in der ihren wusste.
    »Meine Maidservant wird sich still verhalten und Ihnen mit dem Gepäck zur Hand gehen. Zudem wird sie eher zu ihrem Wohlbefinden beitragen und ihren vorgesehenen Pflichten nachgehen«, sagte die Lady mit einem wölfischen Lächeln.
    Lord Sandy sah uns beide abwechselnd entgeistert an, wobei er jedoch erneut seinen stahlgrauen Blick über
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