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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth
Autoren: Love Pray Eat
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Ehefrau und bald auch noch Mutter zu sein und - irgendwann in
meinen gestohlenen Momenten - Schriftstellerin ... ?
    Ich will nicht mehr verheiratet sein.
    Mein Mann schlief nebenan in unserem Bett. Ich liebte ihn
und konnte ihn nicht ausstehen - beides gleichermaßen. Ich konnte ihn nicht
wecken, um ihm meine Verzweiflung zu schildern - welchen Sinn hätte es gehabt?
Er sah meinem Niedergang ja nun schon seit Monaten zu, sah, dass ich mich
aufführte wie eine Wahnsinnige (auf diese Bezeichnung hatten wir uns
geeinigt), und ich erschöpfte ihn nur. Wir wussten beide, dass mit mir etwas
nicht stimmte, und allmählich verlor er die Geduld. Wir hatten
gestritten und geweint und waren so müde, wie nur ein Paar, dessen Ehe den Bach
runtergeht, müde sein kann. Wir hatten die Augen von Flüchtlingen.
    Die vielen Gründe, warum ich nicht mehr die Frau dieses
Mannes sein wollte, sind zu persönlich und zu traurig, als dass ich sie hier
schildern wollte. Vieles hatte damit zu tun, dass ich mich im Laufe der Jahre
emotional gewandelt hatte, aber ein Gutteil unserer Probleme hing auch mit ihm
zusammen. Das ist nur natürlich; eine Ehe besteht schließlich immer aus
zweien - zwei Stimmen, zwei Meinungen, zwei gegensätzlichen Entscheidungen,
Wünschen. Aber ich glaube nicht, dass es mir zusteht, diese Fragen in meinem
Buch zu erörtern; noch würde ich jemanden bitten, mir zu glauben, dass ich in
der Lage wäre, eine unparteiische Version unserer Geschichte wiederzugeben,
und folglich bleibt die Geschichte des Scheiterns unserer Ehe hier unerzählt.
Auch all die Gründe, warum ich seine Frau bleiben wollte oder warum ich ihn
liebte und warum ich ihn geheiratet hatte und warum ich mir ein Leben ohne ihn
nicht vorstellen konnte, beziehungsweise all das, was so wunderbar an ihm war,
will ich hier nicht erörtern. Ich werde keins dieser Kapitel aufschlagen. Möge
es genügen zu sagen, dass er in dieser Nacht noch immer in gleichem Maße mein
Leuchtturm und mein Albatros war. Das Einzige, was mir noch undenkbarer erschien
als zu gehen, war, zu bleiben; und das Einzige, was noch unmöglicher war als zu
bleiben, war, zu gehen. Ich wollte niemanden und nichts zerstören. Ich wollte
nur leise durch die Hintertür hinausschleichen, ohne Aufhebens oder
irgendwelche Folgen zu provozieren, und dann nicht mehr aufhören zu laufen, bis
ich in Grönland war.
    Dieser Teil meiner Geschichte ist nicht glücklich, ich
weiß. Aber ich erzähle davon, weil auf diesem Badezimmerfußboden etwas
geschah, das mein Leben für immer verändern sollte - fast so wie bei einem
dieser verrückten astronomischen Ereignisse, bei denen beispielsweise völlig
grundlos ein Planet im Weltraum sich wendet, der flüssige Kern verrutscht, die
Pole sich neu ausrichten und die Form sich so radikal verändert, dass die
ganze Planetenmasse auf einmal elliptisch ist statt rund. So in etwa.
    Das Ereignis bei mir war, dass ich anfing zu beten.
    Sie wissen schon - zu Gott und so weiter.
     
    3
     
    Also, das war eine Premiere für mich. Und da ich hier
jenes schwer befrachtete Wort »Gott« in mein Buch einführe, und es ein Wort
ist, das auf all diesen Seiten noch häufig auftauchen wird, scheint es mir nur
recht und billig, hier einen Moment zu verweilen und genau zu erklären, was
ich meine, wenn ich es verwende, einfach damit die Leute sofort wissen, wie
viel Anstoß sie daran zu nehmen haben.
    Den Streit über Gottes Existenz würde ich allerdings gerne
vertagen (nein - ich habe eine noch bessere Idee: schenken wir ihn uns doch
komplett!) und als Erstes erklären, warum ich das Wort »Gott« verwende, wo ich
doch genauso gut Jehova, Allah, Shiva, Brahma, Vishnu oder Zeus sagen könnte.
Alternativ wäre auch noch das »Das« denkbar, wie Gott in den alten
Sanskritschriften genannt wird und das der allumfassenden und unaussprechlichen
Entität, die ich manchmal erfahren habe, wohl nahe käme. Aber dieses »Das«
kommt mir zu unpersönlich vor - eher wie ein Ding als ein Wesen -, und ich
zumindest kann zu einem Das nicht
beten. Ich brauche einen Eigennamen, um eine persönliche Anwesenheit wirklich
als solche zu spüren. Aus genau diesem Grund wende ich mich, wenn ich bete,
nicht ans Universum, die große Leere, die Kraft, das höchste Wesen, das Ganze,
den Schöpfer, das Licht, die höhere Macht, ja nicht einmal an die poetischste
Manifestation des Namens Gottes, den »Wechsel der Finsternis«, der, glaube ich,
den gnostischen Evangelien entnommen ist.
    Ich habe nichts
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