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Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01

Titel: Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
Autoren: Michelle Raven , Michelle
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wusste. Schon jetzt spürte sie, wie sich die Reporterin in ihr zu regen begann.
    Nein, diesmal würde sie ihre Neugier unterdrücken und sich nicht in Schwierigkeiten bringen. Außerdem war sie sich fast sicher, dass sie nicht wissen wollte, was der Fremde hier getrieben hatte. Leben und leben lassen, das war ihre neue Devise. Sie hatte genug damit zu tun, sich selbst über Wasser zu halten, sie konnte sich nicht auch noch um die Probleme anderer kümmern. Erst recht wenn es sich um einen Mann handelte. Einen kräftigen, gut aussehenden Mann. Die Erinnerung an Ben wirkte wie eine kalte Dusche. Es gab zwei feste Regeln in ihrem neuen Leben: keine Schlagzeilen und keine Männer. Beide waren erstaunlich leicht einzuhalten gewesen, zumindest bis heute Abend.
    Heftiger als nötig wickelte Marisa den Verband um den Oberarm und befestigte ihn mit einem Klebestreifen. Die kleinere Rippenwunde war schnell versorgt, sodass Marisa sich kurz darauf aufrichtete, die Handschuhe auszog und einen Schritt zurücktrat. Ihr Rücken knackte protestierend und ein scharfer Schmerz breitete sich aus. Marisa unterdrückte gerade noch ein Stöhnen und presste ihre Fäuste in den unteren Rücken. Natürlich musste ihr nach der Anstrengung und dem gebückten Stehen der Ischiasnerv wieder Probleme bereiten, sie hätte es sich denken können. Andererseits hatte sie nicht wirklich eine Wahl gehabt, oder?
    Bemüht, keine falsche Bewegung zu machen, ging sie zum Schrank und zog ein Laken und eine Decke hervor. Sie legte beides über den Fremden und steckte die Enden zwischen Bettkante und Matratze. Dann ging sie vorsichtig in die Hocke und hob ihr eigenes Bettzeug vom Boden auf. Angus zog es gerne vom Bett, eine dumme Angewohnheit, für die sie ihn schon oft – vergeblich – ausgeschimpft hatte. Aber diesmal war sie ihm dankbar dafür, denn dadurch lag es jetzt nicht vollgeblutet unter dem Fremden. Müde schleppte sie sich ins Wohnzimmer und blieb einen Moment lang unschlüssig stehen. Okay, als Erstes ein Drink, dann eine heiße Dusche, und danach würde sie versuchen, es sich im Sessel so bequem wie möglich zu machen. Was im Grunde unmöglich war, besonders wenn ihr Rücken sich jetzt schon meldete, aber sie würde es zumindest versuchen.
    Ihre Hand zitterte, als sie den Whiskey eingoss, der Flaschenhals klickte ans Glas. Marisa verzog den Mund. Fast wie eine Alkoholikerin vor dem ersten Schluck. Sie schloss die Augen und trank das Glas in einem Zug aus. Der Whiskey brannte in ihrer Kehle und entflammte kurz darauf ihren Magen. Automatisch unterdrückte sie den Drang, zu husten. Ja, richtig, eine Säuferin, die nicht mal einen kleinen Schluck vertrug.
    In der ersten Zeit nach dem schrecklichen Vorfall in New York hatte sie versucht, durch den Alkohol alles zu vergessen, doch es war genau daran gescheitert. Davon abgesehen war ihr schnell klar geworden, dass es mehr brauchte als nur Hochprozentiges, um die Gedanken zu unterdrücken, die immer wieder durch ihren Kopf gingen, bis sie glaubte, schreien zu müssen. Es hatte auch nicht geholfen, hierherzukommen und ihr bisheriges Leben abzustreifen. Die Vergangenheit war in ihr, etwas, das sie mit sich herumtragen würde, solange sie lebte.
    Marisa schnaubte. Und jetzt hatte sie nicht nur einen sabbernden alten Hund, sondern auch noch einen nackten verletzten Mann am Hals. Wundervoll, mit ihrem Leben ging es eindeutig aufwärts. Noch eine unangenehme Nebenwirkung des Whiskeys: Man versank im Selbstmitleid. Fester als nötig stellte sie das Glas auf den Tisch zurück. Es wurde Zeit für die Dusche, sie fühlte sich schmutzig, physisch und psychisch erschöpft. Angus öffnete ein Auge, als sie an ihm vorbeiging.
    „Pass gut auf, okay? Nicht, dass wir noch weitere ungeladene Gäste bekommen.“
    Sie beschloss, sein zuckendes Ohr als Zeichen der Zustimmung zu nehmen, griff sich ihr Nachthemd und verschwand im Bad. Zum ersten Mal, seit sie hier eingezogen war, schloss sie die Tür ab. So schnell wie möglich entledigte sie sich der blutigen, verschmutzten Kleidung und stopfte sie in einen Müllbeutel. Es tat ihr weh, ihre Lieblingssachen wegzuwerfen, aber sie würde sie sowieso nicht mehr anziehen können. Und wollen. Damals in New York war ihre Kleidung als Beweismittel konfisziert worden, ohne dass sie es hätte verhindern können. Keine Erfahrung, die sie wiederholen wollte. Marisa erkannte, dass sie erneut in die Vergangenheit zurückfiel, und riss sich aus ihren Gedanken. Duschen, dann schlafen.
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