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Gezähmt von sanfter Hand

Gezähmt von sanfter Hand

Titel: Gezähmt von sanfter Hand
Autoren: Stephanie Laurens
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einer Fieberkrankheit gestorben; Seamus hatte ihn daraufhin auf dem schnellsten Wege zu den Cynsters geschickt, das Beste, was er hatte tun können. Sie hatten Richard mit offenen Armen aufgenommen und als einen der ihren aufgezogen. Die Cynsters waren eine Sorte für sich, besonders die männlichen Mitglieder des weit verzweigten Clans. Er, Richard, war ein Cynster mit Leib und Seele.
    Und das war der zweite Grund dafür gewesen, weshalb er London verlassen hatte. Das einzig wichtige gesellschaftliche Ereignis, das er auf diese Weise verpasste, war das verspätet stattfindende Hochzeitsessen seines Cousins Vane, ein Ereignis, dem er mit ziemlichem Unbehagen und unguten Ahnungen entgegengesehen hatte. Er war schließlich nicht blind – er hatte das verräterische Funkeln gesehen, das in den Augen der älteren Damen Cynster blitzte. Zum Beispiel Helena, der Herzoginwitwe, seiner innig geliebten Stiefmutter – von seinem Geschwader von Tanten ganz zu schweigen. Wenn er zu Vanes und Patiences Feier erschienen wäre, hätten sie ihn doch sofort als Kandidaten ins Auge gefasst. Er war aber noch nicht gelangweilt und ruhelos genug, um sich zu opfern und als Futter für ihre ehestifterischen Machenschaften zu dienen. Noch nicht.
    Richard kannte sich selbst gut, vielleicht zu gut. Er war kein impulsiver Mensch. Er legte großen Wert auf ein wohl geordnetes Leben, kalkulierbar und überschaubar – er legte Wert darauf, Herr der Lage zu sein und die Dinge unter Kontrolle zu haben. Schon in jungen Jahren hatte er Krieg erlebt, aber er war ein friedliebender und leidenschaftlicher Mann. Ein Mann, dem Heim und Herd über alles gingen.
    Diese Redensart beschwor in seiner Vorstellung unwillkürlich Bilder herauf – Bilder von Vane und seiner neuen Braut, Bilder von seinem Halbbruder, Devil, und dessen Herzogin und ihrem gemeinsamen Sohn. Richard rutschte nervös auf seinem Stuhl herum und lehnte sich dann wieder zurück. Es war ihm deutlich bewusst, was sein Bruder und sein Cousin jetzt hatten. Sie hatten das, was er selbst gerne haben wollte und wonach er sich fast schmerzlich sehnte. Er war schließlich ein Cynster. Ihm kam allmählich der Verdacht, dass solch verflixte Gedanken tief in ihm verwurzelt waren. Sie setzten einem Mann unaufhörlich zu und machten ihn … gereizt. Unzufrieden.
    Ruhelos.
    Verletzlich.
    Ganz plötzlich knarrte ein Dielenbrett, und Richard hob den Kopf und blickte durch den Türbogen in die Halle hinüber. Eine Frau tauchte aus der Dunkelheit auf. In einen Umhang aus grober Wolle gehüllt, erwiderte sie seinen Blick direkt und unverwandt. Sie war nicht mehr jung und ihr Gesicht war von tiefen Falten durchzogen. Sie maß Richard prüfend von oben bis unten, dann wurde ihr Blick eisig. Richard unterdrückte ein Grinsen. Mit steifem Rücken und festem Schritt machte die Frau kehrt und stieg die Treppe hinauf.
    Richard lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück und verzog die Lippen zu einem amüsierten Lächeln. Im Keltyburn Arms war er vor Versuchungen sicher, so viel stand fest.
    Er blickte wieder in die Flammen im Kamin, und nach und nach verblasste sein Lächeln. Er verlagerte abermals sein Gewicht und entspannte die Schultern; eine Minute später erhob er sich mit einer geschmeidigen Bewegung und ging zu dem beschlagenen Fenster hinüber.
    Er rieb eine kleine Stelle auf der Scheibe frei und spähte hinaus. Er blickte auf eine winterliche Landschaft mit einem sternenklaren, von Mondlicht erhellten Himmel und einer dünnen, verharschten Schneedecke. Als er schräg zur Seite blickte, konnte er die Dorfkirche und den kleinen Friedhof sehen. Richard zögerte einen Moment, dann straffte er entschlossen die Schultern. Er nahm seinen Umhang vom Garderobenständer und eilte in die Nacht hinaus.
    In einem Raum im oberen Stockwerk des Gasthofs saß Catriona an einem kleinen Holztisch. Auf der Tischplatte stand nichts außer einer silbernen Schale, gefüllt mit reinem, klarem Quellwasser, in das Catriona ruhig und unverwandt starrte. Wie aus weiter Ferne hörte sie ihre Begleiterin, Algaria, den Korridor entlanggehen und das Zimmer nebenan betreten – sie selbst war jedoch tief in die Betrachtung des Wassers versunken, während ihre Sinne mit seiner Oberfläche verschmolzen, ihre Gedanken voll und ganz auf das konzentriert, was sie dort zu finden hoffte.
    Und wieder entstand vor ihr das Bild – dieselben markanten, energischen Züge, dieselben arroganten Augen. Dieselbe Aura der Ruhelosigkeit. Diesmal wagte
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